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Jörn Iken26. November 2007

Zahlreiche Entwicklungs- und Schwellenländer streben den Lebensstandard der Industrieländer an, doch Wirtschaftswachstum verursacht offenbar immer höhere Emissionen. Wie passen Klimaschutz und Wirtschaftswachstum?

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Johann Bormann aus Hamburg, Foto: DW
Der 'Don Quichotte des Klimawandels'Bild: Jörn Iken

Johann Bormann ist trotz seiner 68 Jahre beruflich stark engagiert und wird mit seinem Einmann-Unternehmen "pyramids consulting services“ immer wieder von Unternehmen als Scout, Türöffner oder Projektmanager eingesetzt – vorzugsweise in Afrika und Asien. Zugute kommt ihm dabei seine jahrzehntelange Auslandserfahrung.

Doch abseits der großen Geschäfte gehört Bormanns Interesse der Entwicklung ländlicher und abgeschiedener Regionen dieser Welt. Dabei hat er eine klare Meinung zu den Gründen für wirtschaftliche Unterentwicklung und niedrigem Lebensstandard: Es fehle vor allem an Energie in Form von elektrischem Strom. Weltweit leben etwa zwei Milliarden Menschen ohne Zugang zu einem Stromnetz. Die Folgen: Flucht in die überforderten Ballungsgebiete oder gleich in die wirtschaftlich reichen Regionen der Welt – verbunden mit allen individuellen und politischen Risiken.

Wachstum contra Klimaschutz?

Energie ist der Schlüssel zu Entwicklung und Wohlstand – diesen Standpunkt vertritt Bormann. Bei elektrischem Strom denkt er jedoch weniger an die Nutzung von Radio, Fernseher oder Kühlschrank, sondern an Pumpen, Wasseraufbereitungsanlagen und vor allem an Maschinen. Es komme vor allem darauf an, in den unterentwickelten ländlichen Gebieten der Welt durch Gewerbe, Handwerk und Dienstleistungen Einkommen zu schaffen und eine lokale Wirtschaft aufzubauen, sagt er.

Eine chinesische Radfahrerin mit Mundschutz im Smog, Foto: AP
Beispiel China: Verursacht Wirtschaftswachstum immer Emissionen?Bild: AP

Wenn jedoch Entwicklungsländer aufholen und sich dem Lebensstandard der Industrienationen annähern wollen, brauchen sie ein starkes Wirtschaftswachstum. Doch wirtschaftliches Wachstum verursacht einen höheren Ausstoß von Treibhausgasen; die Industrialisierung der westlichen Staaten hat das gezeigt. Daher würde eine Wiederholung des Entwicklungsmodells der Industrieländer durch die Entwicklungsländer die Belastbarkeit des Klimas bei weitem überschreiten.

Hybridsysteme als Schlüssel

Daher ist es notwendig, Entwicklungsländer schrittweise in die internationalen Klimaschutzanstrengungen einzubeziehen. Der Schlüssel dazu sind so genannte Hybridsysteme: Kernstück eines solchen Systems ist ein Blockheizkraftwerk, zum Beispiel ein moderner Dieselgenerator. Abgesehen von der Stromerzeugung lässt sich die Abwärme – über Absorptionskälte – für Kühleinrichtungen nutzen oder zur Wasseraufbereitung. Ein Beispiel: Der Betrieb von Kühlanlagen ermöglicht die Herstellung von Blockeis. Das wiederum ist eine wichtige Voraussetzung für einen effektiven und wirtschaftlichen Fischfang.

Blockheizkraftwerk Lohberg/Osterfeld, Foto: dpa
Kernstück des Hybridsystems: Ein BlockheizkraftwerkBild: dpa

Ergänzt wird das Blockheizkraftwerk durch Windenergieanlagen und Solarmodule. Alles zusammen mit den entsprechenden Montage- und Steuereinheiten – dem BOS, das "Balance-of-System" – bildet das Hybridsystem. Obwohl dezentral und netzfern, sollten alle Komponenten netztauglich sein. Denn ihre wahre Durchschlagskraft erhalten die netzfernen Inselsysteme dadurch, dass sie sich zu lokalen und regionalen "Mikronetzen“ zusammenschalten lassen.

Auch Qualifizierung ist notwendig

Unter Umständen werden die Mikronetze auch wirtschaftlich so attraktiv, dass der Zentralnetzbetreiber des Landes sie in sein landesweites Netz integriert – einzelne Anwesen oder Siedlungen hätten diese Chance kaum erhalten. Hybridsysteme sind komplexe technische Einheiten. Sie stellen hohe Anforderungen an Montage, Betrieb und Wartung. Für Bormann ist es deshalb unabdinglich, dass mit der Etablierung dieser Systeme eine Qualifizierung von Fachpersonal vor Ort einhergeht. Auch das stärkt die lokale Wirtschaft.

Bormann ist davon überzeugt, dass sein Konzept auch für Unternehmen wirtschaftlich interessant ist. Er fordert deutlich mehr Aktivitäten in dieser Richtung. Sein Credo: "Wenn der Markt nicht zu uns kommt, müssen wir zu ihm gehen!"

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