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Große Visionen, nach innen gerichtet

26. Januar 2011

Die USA müssen wieder wettbewerbsfähig werden, forderte Präsident Barack Obama in seiner Rede zur Lage der Nation. Im zweiten Teil seiner Amtszeit wird die Außenpolitik eine Nebenrolle spielen, meint Christina Bergmann.

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Bild: DW

Nicht kleckern, sondern klotzen. Das ist Barack Obamas Devise. Bis 2015 sollen eine Million Elektrofahrzeuge auf amerikanischen Straßen fahren. Bis 2035 soll 80 Prozent der Elektrizität aus sauberen Energien gewonnen werden. Der Präsident malt weiter an seinem Bild von einer innovativen, umweltfreundlichen und wohlhabenden Nation, die Armut und Arbeitslosigkeit hinter sich gelassen hat und in Wirtschaft, Wissenschaft und Forschung die Nummer eins in der Welt ist.

Doch bis dahin ist es noch weit. Das ist auch Barack Obama klar. Es gebührt ihm Respekt dafür, dass er trotzdem den Anfang machen will. Aber selbst für ihn, der sich schon im Wahlkampf stets mit seinen Multitasking-Fähigkeiten gebrüstet hat, bedeutet diese Herkulesaufgabe die Konzentration auf die Innenpolitik. Wer glaubt, nach der innenpolitischen Schlappe vom letzten November würde sich Obama verstärkt der Außenpolitik widmen, der irrt. Seine Rede macht das allzu deutlich.

Außenpolitische Auszeit?

Dabei ist es üblich, dass die Außenpolitik in den Ansprachen der Präsidenten vor dem versammelten Kongress eine untergeordnete Rolle spielt. Doch in seiner Rede vermittelte Barack Obama den Eindruck, dass er gedenkt, sich auf den außenpolitischen Errungenschaften des ersten Teiles seine Amtszeit eine Weile auszuruhen. Aus seiner Sicht läuft alles prima: Amerikas Ansehen ist wieder hergestellt, der Abzug aus dem Irak geht planmäßig voran, der aus Afghanistan soll ebenso pünktlich beginnen. Die NATO funktioniert, das Verhältnis mit Russland ist bestens und der Druck der internationalen Staatengemeinschaft auf Iran und Nordkorea zeigt seine Wirkung.

Christina Bergmann
Christina Bergmann, Korrespondentin der Deutschen Welle in Washington

Doch das ist nur die halbe Wahrheit. Der Irak wird nach wie vor von Terroranschlägen erschüttert. Über die Sicherheitslage in Afghanistan gibt es zumindest widersprüchliche Aussagen. Nicht alle Experten sind der Ansicht der US-Regierung, die Situation habe sich verbessert. Die NATO-Mitgliedsländer debattieren, wie viel Verteidigung sie sich angesichts der knappen Kassen noch leisten können, das Verhältnis zu Russland stand angesichts der verzögerten Ratifizierung des START-Vertrages zum Ende des Jahres auf einer unsicheren Grundlage und in den Verhandlungen mit Iran und Nordkorea gibt es kaum Fortschritte. Und zum Thema Ansehen Amerikas fällt einem sofort WikiLeaks ein.

Präsidentschaftswahlkampf hat begonnen

Doch Obama gibt sich damit zufrieden. Er braucht Ruhe an der außenpolitischen Front, wenn er den Kampf mit den Republikanern im Kongress aufnehmen will. Die Konservativen haben angekündigt, die Gesundheitsreform zurückzudrehen, die Staatsausgaben zu kürzen und die Steuererleichterungen auch für die Reichen erhalten zu wollen. Der Präsident hat erklärt, dass das so einfach nicht mit ihm zu machen ist. Doch von Obamas staatlichen Investitionen für ein verbessertes Schienennetz oder die Verbesserung des Konsumentenschutzes halten wiederum die Republikaner nichts.

So steht ein kräftezehrendes Ringen bevor, bei dem jede Seite der anderen keinen Erfolg gönnen will und den Blick fest auf 2012 gerichtet hat. Denn auch das macht Obamas Rede klar: Der nächste Präsidentschaftswahlkampf hat begonnen. Und da interessiert nur das heimische Publikum.

Autorin: Christina Bergmann
Redaktion: Oliver Pieper