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Grimme-Preise ohne Böhmermann verliehen

8. April 2016

Ein Name dominierte die Verleihung der Grimme-Preise 2016: Jan Böhmermann. Doch der Geehrte selbst hatte vorher seine Teilnahme an der Veranstaltung "erschüttert" abgesagt. Der Fall schlug Wellen bis ins Kanzleramt.

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Jan Böhmermann, Moderator des "Neo Magazin Royale", auf einer Leinwand (Foto: dpa)
Nur auf der Leinwand anwesend: Jan Böhmermann, Moderator des "Neo Magazin Royale"Bild: picture-alliance/dpa/H. Kaiser

So politisch war die Verleihung der Grimme-Preise, die zu den wichtigsten Auszeichnungen für Fernsehsendungen in Deutschland gehören, schon lange nicht mehr. Die Wellen schlugen hoch, sogar die Bundeskanzlerin hatte sich eingeschaltet, nachdem einer der Preisträger, Jan Böhmermann, in seiner Sendung ein Schmähgedicht gegen den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan vorgelesen hatte. Der Beitrag sei "bewusst verletzend", befand Angela Merkel in einem Telefonat mit dem türkischen Regierungschef Ahmet Davutoglu. Jan Böhmermann konterte, er habe die "Grenzen der Satire" erkunden wollen.

Jetzt wurde Böhmermann im westfälischen Marl nicht nur ein Grimme-Preis für seine Satire auf den Mittelfinger des Ex-Finanzministers Yanis Varoufakis verliehen. Obendrein erhielt der 35-Jährige auch noch die "Besondere Ehrung" des Deutschen Volkshochschul-Verbandes (DVV), der die Grimme-Preise gestiftet hat - für seine Verdienste um die Entwicklung des Fernsehens in der digitalen Welt. Die Entscheidung für diese Auszeichnung sei bereits im November gefallen, sagte die saarländische Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer, die auch DVV-Präsidentin ist.

"Alles andere als Grimme-Preis-würdig"

Zu Böhmermanns Spottgedicht auf den türkischen Präsidenten erklärte Kramp-Karrenbauer, es habe "sicherlich die Grenzen des guten Geschmacks verletzt" - und sei "alles andere als Grimme-Preis-würdig". Aber das ändere nichts an Böhmermanns Qualitäten und Leistungen für eine offene, mutige und demokratisch-gelassene Medienwelt. "Deshalb ist diese Ehrung verdient."

Schauspielerin Aisawanya Areyawattana vor der Verleihung der Grimme-Preise (Foto: dpa)
Schauspielerin Aisawanya Areyawattana erhielt den Grimme-Preis zusammen mit Max Mauff für den Film "Patong Girl"Bild: picture-alliance/dpa/H. Kaiser

Böhmermann, gegen den die Mainzer Staatsanwaltschaft nach mehreren Anzeigen wegen des Gedichts ebenso ermittelt wie gegen seinen Sender, das ZDF, hatte zuvor die Teilnahme an der Preisverleihung abgesagt. "Ich fühle mich erschüttert in allem, an das ich je geglaubt habe", schrieb er auf Facebook.

Ein Schüler hielt am roten Teppich vor dem Theater Marl ein Plakat hoch, auf dem ein Porträt Böhmermanns mit dem Wort "Vermisst" überschrieben war. Der Schauspieler Max Mauff, der für seine Darstellung im ZDF-Film "Patong Girl" einen Grimme-Preis erhielt, nahm das Schild und posierte damit vor den Kameras.

Verleihung des Grimmepreises an Schauspieler und Autor Oliver Dittrich (Foto: dpa)
Olli Dittrich holt mit der Produktion "Schorsch Aigner – Der Mann, der Franz Beckenbauer war" den Grimme-PreisBild: picture-alliance/dpa/H. Kaiser

Insgesamt wurden 15 Grimme-Preise vergeben, überwiegend an Produktionen der öffentlich-rechtlichen Sender. Aber auch einige Formate der Privaten waren dabei. Ausgezeichnet wurden die Serien "Deutschland 83", "Weinberg" und "Weissensee". Premiere hatten in diesem Jahr die Preise für Kinder- und Jugendproduktionen: Neben der VOX-Serie "Club der roten Bänder" wurde die KIKA-Mitmach-Sendung "Ene Mene Bu" geehrt. Daran mitgewirkt haben auch zwei freie Mitarbeiter der Deutschen Welle, Ute Hilgefort und Yasser Berenjkoub.

Jahrelange Recherche über deutsche Waffenexporte

Der Preis für eine "besondere journalistische Leistung" ging an Daniel Harich und sein Team für den SWR-Beitrag "Tödliche Exporte" über illegalen Waffenhandel. Die Jury lobte die "außergewöhnliche investigative Recherche" zum Thema, die mehrere Jahre in Anspruch nahm.

Die Grimme-Preise, die zum 52. Mal verliehen wurden, sind nach dem ersten Generaldirektor des Norddeutschen Rundfunks, Adolf Grimme (1889-1963), benannt. Außer den Fernsehpreisen für vorbildliche Programmbeiträge vergibt das gleichnamige Institut auch den Grimme Online Award und den Deutschen Radiopreis.

jj/gri (dpa, afp)