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Griechische Banken brauchen Milliarden

Jannis Papadimitriou, Athen 2. November 2015

Aufatmen nach der Veröffentlichung der Stresstest-Ergebnisse für griechische Banken: Die Rekapitalisierung rückt näher. Doch wichtige Fragen bleiben offen. Aus Athen Jannis Papadimitriou.

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Eine Frau geht in eine Bank in Athen (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa/S. Baltagiannis

In den Bilanzen der systemrelevanten griechischen Banken klafft ein Finanzloch von 4,4 Milliarden Euro - mindestens. Das teilte die Europäische Zentralbank (EZB) am Wochenende mit. Diese Einschätzung stützt sich auf die Annahme, dass die griechische Wirtschaft zwar bis 2016 in der Rezession bleibt, 2017 jedoch ein Wachstum von 2,7 Prozent verzeichnet. Falls sich die Wirtschaft langsamer erholt, würden die Banken bis zu 14,4 Milliarden benötigen, um EU-Regulierungsstandards zu erfüllen. Betroffen sind die vier größten Kreditinstitute National Bank of Greece, Eurobank, Alphabank und Piraus Bank. Die EZB-Bilanzprüfung galt als Voraussetzung für eine Rekapitalisierung der Banken bis Ende 2015. Zu diesem Zweck werden im dritten Hilfspaket für Hellas bis zu 25 Milliarden Euro veranschlagt.

Die Athener Presse reagierte positiv auf die Einschätzung der europäischen Bankenaufsicht. "Die Stresstests sind besser ausgefallen als erwartet", titelt To Vima. Der TV-Sender Alpha sieht "grünes Licht für die Rekapitalisierung". Optimistisch gibt sich auch Panagiotis Petrakis, Wirtschaftsprofessor an der Universität Athen, im Gespräch mit der DW: Nach seinen Berechnungen benötigten die Banken gut sechs Milliarden und Privatinvestoren wären durchaus in der Lage, das Geld aufzubringen: "Ich glaube, die Banken haben sich noch vor Beginn der Stresstests am Markt erkundigt, ob Investoren in Reichweite wären."

Dabei bot die Athener Börse am Freitag noch wenig Anlass zum Optimismus: Die Bankenaktien notierten bis zu 12,5 Prozent im Minus. Vassilis Georgas berichtet im Wirtschaftsportal Capital.gr, das sei nur eine Berichtigung gewesen, nachdem die Banken im Oktober um 42,9 Prozent zulegt hatten. Panagiotis Petrakis erklärt das kräftige Minus allerdings auch mit der Angst bisheriger Aktionäre vor einem Machtverlust oder vor einer weiteren Verstaatlichung der Banken, falls keine Privatinvestoren bereit stünden. In diesem Fall müsste nämlich der staatliche Rettungsfonds HFSF einspringen, der seit der letzten Rekapitalisierung im Jahr 2014 ohnehin als Großaktionär der Banken agiert.

Der griechische Finanzminister Euklid Tsakalotos (Foto: Reuters)
Finanzminister Tsakalotos: Kontrolle der Banken ist nötig, sollte aber nicht zu weit gehenBild: Reuters/François Lenoir

Unangenehmes wird verschoben

Um diese Sorgen aus dem Weg zu räumen, legte die Regierung von Alexis Tsipras schon vor Verkündung der EZB-Bilanzprüfung dem Parlament ein Gesetz vor, das einen Rechtsrahmen für die Rekapitalisierung setzt. Es wurde mit breiter Mehrheit angenommen, nur die Kommunisten und die rechtsradikale Goldene Morgenröte stimmten dagegen. Doch leider werde in diesem Gesetz das Verhältnis zwischen Staat und privaten Investoren nicht im Detail geregelt und der Rettungsfonds HFSF versuche, seine dominante Position auch nach der Rekapitalisierung beizubehalten, moniert Professor Petrakis. Finanzminister Euklid Tsakalotos wollte im Parlament nur so viel verraten: "Die Kontrolle der Banken ist nötig, sollte aber nicht so weit gehen, dass sie private Akteure von Investitionen abhält." Offenbar wird eine Regelung der Machtverhältnisse verschoben. Doch der Aufschub trage nicht gerade dazu bei, Vertrauen in die Kreditinstitute zurückzugewinnen, gibt Petrakis zu bedenken.

Und das ist längst nicht die einzige offene Frage: Für politischen Sprengstoff sorgen die faulen Kredite, deren Gesamtsumme laut EZB-Experten auf 107 Milliarden Euro steigt und somit alle bisherigen Schätzungen übertrifft. Mit anderen Worten: Über 50 Prozent der Darlehen werden nicht mehr bedient. Dabei hänge der Erfolg der Rekapitalisierung nicht zuletzt vom Umgang mit faulen Immobilienkrediten ab, mahnt der Direktor der EZB-Bankenaufsicht, Ramón Quintana, im Gespräch mit Capital.gr. Eine bestimmte Richtung will er nicht vorgeben. Jedenfalls sei es wichtig, dass zugesagte Reformen auch umgesetzt würden, damit die Rückkehr zum Wachstum nicht gefährdet werde, sagt er. Aus Sicht von Regierungschef Tsipras ist der Umgang mit faulen Krediten offen. Nach Informationen der Zeitung Ethnos erklärt der Linkspremier Zwangsvollstreckungen sogar zur roten Linie und lässt gegenüber den Geldgebern verlauten, er wolle eine politische Lösung erreichen und nicht zulassen, dass "die Menschen ihr Haus verlieren".

Keine Boni für Bankmanager

Immerhin ein wichtiger Beitrag zur Bankensanierung: Mit dem neuen Gesetz zur Rekapitalisierung werden die Banker-Bezüge in Griechenland gedeckelt und dürfen das Gehalt des Gouverneurs der Notenbank nicht übersteigen. Außerdem werden Boni für Bankmanager nicht erlaubt, solange die Kreditinstitute auf Staatshilfen angewiesen sind. Selbst ein Kleinwagen als Dienstfahrzeug wird in solchen Fällen verboten.

Für die bevorstehende Rekapitalisierung sind die nächsten Tage entscheidend. Spätestens bis Freitag sollen griechische Banken der EZB mitteilen, wie sie das nötige Geld aufbringen werden, um Kapitallücken zu stopfen. Sollten genug Privatanleger einspringen, würden europäische Steuerzahler entlastet. Für nächsten Montag ist ein Griechenland-Treffen der Euro-Finanzminister angesetzt, das die Sparanstrengungen der Athener Regierung genauer unter die Lupe nehmen soll.