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Griechenland soll noch mehr sparen

17. Mai 2011

Längere Kreditlaufzeiten, niedrigere Zinsen - das wäre für die EU-Finanzminister ein mögliches Szenario, wie Griechenland aus der Schuldenfalle kommen könnte. Aber dafür sollen die Hellenen auch was tun.

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EU-Fahne über der Akropolis in Athen (Foto: dpa)
In Griechenland weht wohl bald ein noch härterer WindBild: picture alliance / dpa

Wenn Griechenland Milliarden durch den Verkauf von Staatsbesitz erziele, sei im Gegenzug eine "weiche Umschuldung" möglich, sagte der Chef der Euro-Gruppe, Jean-Claude Juncker, am Dienstag (17.05.2011) beim EU-Finanzministertreffen in Brüssel. Gemeint sind damit längere Laufzeiten und niedrigere Zinsen für Staatsanleihen, damit das Land mehr Zeit für die Haushaltssanierung bekommt.

Einen radikalen Schuldenschnitt, bei dem Gläubiger auf einen bestimmten Prozentsatz ihrer Forderungen verzichten müssen, lehnt Juncker weiterhin ab. Eine "große Restrukturierung" solle es nicht geben. Dies entspricht der Position, die unter anderem auch Deutschland und Frankreich vertreten.

Bis dato war in der Euro-Zone jede Art von Umschuldung grundsätzlich abgelehnt worden. In der vergangenen Nacht hatte Juncker dann erstmals öffentlich eine "sanfte Umschuldung" in Erwägung gezogen.

Klares Bekenntnis zum Sparen

Griechenlands Finanzminister Papakonstantinou im Gespräch mit EZB-Chef Jean-Claude Trichet (Foto: AP)
Griechenlands Finanzminister Papakonstantinou (l.) im Gespräch mit EZB-Chef Jean-Claude TrichetBild: AP

Neue Maßnahmen zur Konsolidierung und Privatisierung "in den kommenden Tagen" seien die Voraussetzung für alle weiteren Schritte, stellte EU-Finanzkommissar Olli Rehn klar. Das heißt, wenn Athen das Reformtempo nicht sofort erhöht, könnte auch die nächste Tranche der Hilfskredite für Griechenland in Höhe von zwölf Milliarden Euro zurückgehalten werden. Bedingung sei zudem ein klares Bekenntnis zum Sparen von allen wichtigen Parteien in Griechenland, erklärte Rehn.

Die Bundesregierung forderte von Athen mehr Einnahmen durch Privatisierungen. Bislang sei "effektiv für keinen Euro privatisiert worden", kritisierte der deutsche Finanzstaatssekretär Jörg Asmussen, der Minister Wolfgang Schäuble (CDU) vertrat. Griechenland hatte eigentlich zugesagt, allein in diesem Jahr 15 Milliarden Euro durch die geplanten Veräußerungen erzielen zu wollen. Bis 2015 sollten es insgesamt 50 Milliarden Euro sein.

Wenn es bei der angestrebten Konsolidierung Probleme gebe, "liegt es zuallererst bei den griechischen Behörden, weitere Maßnahmen zu ergreifen", fügte Asmussen hinzu. Danach könnten weitere Schritte geprüft werden, "die nicht allein zu Lasten des Steuerzahlers gehen, sondern die auch den Privatsektor mit einbeziehen und das auf freiwilliger Basis".

Laut Asmussen wurde in der Euro-Gruppe auch über ein zusätzliches Kreditpaket gesprochen. Hierzu sei aber noch keine Entscheidung gefallen. EU-Währungskommissar Olli Rehn zufolge wäre außerdem vorstellbar, dass der Staat mit den Banken vereinbart, dass die ihre Anlagen nicht aus Griechenland abziehen.

Merkel erwartet schwere Verhandlungen

Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel rechnet mit harten Verhandlungen mit Griechenland. Auf einer CDU-Veranstaltung im nordrhein-westfälischen Meschede bekräftigte sie am Dienstagabend die grundsätzliche Hilfsbereitschaft Deutschlands. "Natürlich wollen wir den Euro und natürlich wollen wir nicht, dass einer sozusagen Pleite macht und dann wir alle mitgezogen werden", sagte die Kanzlerin.

Die Hilfe sei jedoch an Bedingungen geknüpft: "Wir können nicht einfach solidarisch sein, und sagen, diese Länder sollen mal einfach so weitermachen wie bisher", erklärte die CDU-Chefin. "Ja, Deutschland hilft, aber Deutschland hilft nur dann, wenn sich die anderen anstrengen. Und das muss nachgewiesen werden." Merkel bezeichnete den Euro als stabil. Doch wenn man nicht aufpasse, werde das in Zukunft anders. Die Kanzlerin forderte "solides Wirtschaften" als Grundlage staatlichen Handelns.

Hilfspaket für Portugal unter Dach und Fach

Euro-Münzen auf portugiesischer Flagge (Foto: dpa)
Portugal wird geholfenBild: picture alliance/dpa

Die EU-Finanzminister segneten am Dienstag auch das Hilfspaket über 78 Milliarden Euro für Portugal endgültig ab. Ein Grundsatzbeschluss war bereits am Montagabend getroffen worden. Von den 78 Milliarden Euro übernimmt der Internationale Währungsfond (IWF) ein Drittel. Der Rest der Summe kommt zu Teilen von jeweils 26 Milliarden Euro aus zwei Töpfen von EU und Euro-Zone. Wird der gesamte deutsche Anteil zusammengezählt, bürgt der deutsche Steuerzahler für etwa 14,5 Milliarden Euro.

Portugal ist nach Griechenland und Irland das dritte Euro-Land, das innerhalb eines Jahres Finanzhilfe erbitten musste, weil es seine Schulden nicht in den Griff bekommt. Das südeuropäische Land muss ebenfalls ein hartes Spar- und Reformprogramm auflegen.

Eindämmung spekulativer Geschäfte

Banker vor Bildschirmen (Foto: DW)
Spekulanten sollen es künftig schwerer habenBild: DW-TV

Die Europäische Union will zudem spekulative Finanzgeschäfte strenger regeln, die während der weltweiten Finanzkrise in die Kritik geraten waren. Die EU-Finanzminister beschlossen eine gemeinsame Position, mit der sie in die im Herbst anstehenden Verhandlungen mit dem Europaparlament gehen, wie der ungarische Ressortchef György Matolcsy mitteilte. Bei dem Gesetzesvorhaben geht es um sogenannte Leerverkäufe.

Finanzstaatssekretär Jörg Asmussen sagte, der Entwurf für eine Verordnung sehe im Grundsatz ein Verbot ungedeckter Leerverkäufe von Aktien und Staatsanleihen, mehr Transparenz bei Leerverkäufen sowie mehr Befugnisse für die europäische Wertpapieraufsichtsbehörde ESMA zum Eingreifen in Notfallsituationen vor. Asmussen bedauerte, dass ein Verbot von ungedeckten Kreditausfallversicherungen auf Staatsanleihen, die nicht zu Absicherungszwecken dienen, nicht aufgenommen wurde.

Bei Leerverkäufen leihen sich Spekulanten ein Wertpapier für eine bestimmte Zeit und verkaufen es dann sofort weiter. Dann warten sie darauf, dass der Kurs fällt. Wenn das passiert, kaufen sie ein Papier derselben Art zurück, um es an den Verleiher zurückzugeben. Die Differenz im Kurs abzüglich der Leihgebühr bleibt als Gewinn. Bei Börsencrashs können solche Leerverkäufe den Abwärtstrend eines Papiers verstärken.

Autor: Thomas Grimmer (dpa, dapd, afp, rtr)
Redaktion: Hajo Felten