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Sackgasse Griechenland

20. März 2016

Für Flüchtlinge, die übers Mittelmeer nach Griechenland kommen, heißt es nun: Zurück in die Türkei. So will es der EU-Türkei-Pakt, der ab heute gilt. Griechenland räumt nach DW-Informationen bereits seine Inseln.

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Flüchtlinge auf dem Weg zur Fähre, Lesbos (Foto: Reuters/A. Konstantinidis)
Von Lesbos aufs Festland: Griechenland räumt seine InselnBild: Reuters/A. Konstantinidis

Eine riesige Fähre, auf der bis zu 2500 Menschen Platz haben, soll Flüchtlinge von der Insel Lesbos aufs griechische Festland bringen. Wie Reporter der Deutschen Welle aus der Hafenstadt Mytilini berichten, hat die griechische Regierung damit begonnen, ihre Inseln zu räumen. Nach Angaben des griechischen Fernsehens ist ebenso eine Fähre von der Insel Chios unterwegs.

Alle Flüchtlingslager auf der Insel Lesbos sollen offenbar innerhalb von 48 Stunden geräumt werden. In Bussen wurden die Menschen zur Fähre gebracht. Die soll sie nun zu einem sogenannten Hotspot ins nordgriechische Kavala bringen. Unter den Menschen herrsche Verwirrung, berichtet DW-Reporter Jafaar Abdul Karim. Viele Flüchtlinge seien nicht darüber informiert, wie es nun für sie weitergehe. Die Behörden würden ihr Vorgehen jedoch fortsetzen.

Damit beginnt Griechenland, das erst am Freitag beschlossene Abkommen zwischen der EU und der Türkei umzusetzen. Kern der Vereinbarung ist, dass Flüchtlinge, die ab Sonntag null Uhr eine der griechischen Inseln per Boot erreichen, wieder in die Türkei abgeschoben werden sollen - sofern sie kein Recht auf Asyl in der EU haben. Die Europäer hoffen, so den Flüchtlingsstrom eindämmen zu können. Im Gegenzug will die EU der Türkei Zehntausende syrische Flüchtlinge abnehmen. Außerdem soll die Türkei Geld für die Unterbringung von Flüchtlingen bekommen, Visumsfreiheit für türkische Staatsbürger sowie Aussicht auf weitere EU-Beitrittsverhandlungen.

Schnell nach Griechenland, ehe es zu spät ist

Offenbar hofften viele Flüchtlinge, noch vor Eintritt des Abkommens in die EU zu gelangen. Noch am Freitag erreichten rund 1500 Menschen über das Mittelmeer eine der griechischen Inseln, fast doppelt so viele wie an den Tagen vorher. Künftig, so hoffen die europäischen Staats- und Regierungschefs, sollen durch den Abschreckungseffekt deutlich weniger Flüchtlinge überhaupt erst die gefährlichen Überfahrt über die Ägäis antreten. Etwa 4000 Menschen starben in der Ägäis beim Versuch, von der Türkei nach Europa zu gelangen, allein 400 in diesem Jahr.

Unterdessen wurden 1500 Flüchtlinge vor Italien und Libyen aus Seenot gerettet. Wie die italienische Küstenwache mitteilte, wurden 910 Menschen vor Sizilien in Sicherheit gebracht. Vor der Westküste Libyens seien fast 600 Menschen geretten worden, so ein Sprecher der libyschen Marine. Vier Frauen habe man nur noch tot bergen können, einige Flüchtlinge würden noch vermisst.

Flüchtlinge erreichen die griechische Insel Lesbos per Schlauchboot (Foto: Getty Images/A. Koerner)
Schnell nach Lesbos, bevor der Flüchtlingspakt gilt: Die Mittelmeerroute ist nun keine Option mehr (Archivbild)Bild: Getty Images/A. Koerner

Auf Griechenland kommt nun ein bürokratischer Kraftakt zu. "Unternehmen Mammut nach der Einigung", titelte die konservative Athener Zeitung "Kathimerini". Mindestens 4000 Beamte seien nötig, um die große Zahl von Asylanträgen binnen weniger Tage zu bearbeiten, damit diejenigen, die keinen Schutzanspruch haben, schnell zurück in die Türkei geschickt werden können, hieß es.

Deutschland und Frankreich bieten den griechischen Behörden an, sie mit jeweils bis zu 300 Beamten zu unterstützen. Das geht aus einem Schreiben von Bundesinnenminister Thomas de Maizière und seinem französischen Amtskollegen Bernard Cazeneuve an die EU-Kommission hervor, aus dem die Deutsche Presse-Agentur zitiert. "Um der besonderen Eilbedürftigkeit dieser Hilfeleistungen Nachdruck zu verleihen", so die Minister, könnten beide Länder kurzfristig Fachkräfte auf die griechischen Inseln entsenden.

Aktuell halten sich nach Behördenangaben rund 47.500 Flüchtlinge in Griechenland auf. Darunter 8.200 auf den griechischen Inseln und 10.500 Menschen im Flüchtlingslager Idomeni an der griechisch-mazedonischen Grenze.

vk/ml (DW, dpa, afp, rtr)