Griechenland kappt den Rettungsschirm
Das Drama geht zu Ende. Halbwegs saniert kann Griechenland jetzt wieder selbst bestimmen. Doch große Sprünge sind nicht drin. Die EU verlangt weiter Ausgabendisziplin und Reformeifer. Stationen einer Rettung.
Auf eigenen Füßen
Nach acht Jahren Dauerkrise, drei Rettungspaketen und einem Schuldenschnitt wird der Patient Griechenland an diesem Donnerstag von den Finanzministern der Euro-Zone als einigermaßen stabil entlassen. Die Wirtschaft wächst, aber der Schuldenberg bleibt gigantisch. Die Medizin für viele Jahre: Eiserne Finanzdisziplin.
Geständnis
Am 23. April 2010 bittet der griechische Premier George Papandreou auf der Insel Kastellorizio um Hilfe. Griechenland steht nach Misswirtschaft und Verschuldung vor der Pleite.
Sparzwang
Griechenland erhält ein erstes Kreditpaket: 110 Milliarden Euro. Die Finanzmärkte werden beruhigt. Europäische Banken bleiben flüssig. Die Euro-Staaten verlangen drastische Sparmaßnahmen. Rentner protestieren im Mai 2010 vor dem Finanzministerium in Athen.
Feindbilder
Viele Griechen geben Deutschland und der EU die Schuld an der Finanzkrise. Kanzlerin Angela Merkel besucht im Oktober 2012 Athen und wird übel beschimpft. "Widerstand gegen das Vierte Reich" fordert dieses Plakat. Die Deutschen kritisieren die "faulen Pleite-Griechen".
Gefahren
Die Schuldenkrise in Griechenland wächst sich zur Krise der gemeinsamen Währung Euro aus. Auch Portugal, Irland und Zypern brauchen den Rettungsschirm. Schuldenschnitt für Griechenland, weitere Hilfspakete. Erst der Präsident der Europäischen Zentralbank, Mario Draghi, beendet den Trauerzug. Er verspricht den Euro mit "allen Mitteln" zu retten.
Experiment
Die Griechen wählen im Winter 2015 ihre konservative Regierung ab. Der neue linksradikale Finanzminister Yanis Varoufakis versucht die Kreditgeber zu erpressen. Die Investoren sind entsetzt. Vier Monate Chaos folgen. Im Juli tritt Varoufakis zurück.
Machtwort
Der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble ist bereit, Griechenland aus der Währungsunion zu werfen, um den Euro zu retten. Wenn sie nicht Bedingungen erfüllten, so Schäuble, dann "isch over". Die Krise spitzt sich zu. Eine Serie von Sondergipfeln und dramatischen Nachtsitzungen folgt.
Absturz
Unter der Krise in Griechenland leiden viele Menschen. In Thessaloniki sucht ein Mann Tomaten im Müll zusammen. Die Wirtschaft stagniert. Am 30. Juni 2015 kann Griechenland seine Schulden nicht mehr bezahlen. Das Bargeld wird knapp. Kapitalflucht droht. Die linke Syriza-Regierung lenkt nach Volksabstimmung und Neuwahlen ein.
Letzte Rettung
Am 13. Juli 2015 einigen sich die Euro-Gruppe und Griechenland auf ein neues, letztes Hilfspaket. Weitere 80 Milliarden Euro gegen strikte Auflagen. EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker gibt nach durchverhandelter Nacht den Durchbruch bekannt.
Flüchtlingskrise
Kaum ist die Schuldenkrise begrenzt wird klar, dass Griechenland gebraucht wird, um den Strom der Flüchtlinge im September 2015 einzudämmen. Mit der Türkei wird im März 2016 vereinbart, die Flucht nach Griechenland zu verhindern. Athen erhält Finanzhilfen für die Versorgung der gestrandeten Menschen.
Versöhnung
Der griechische Premier Alexis Tsipras ist voll auf den Kurs der Euro-Retter eingeschwenkt. Er erfüllt alle Bedingungen, lobt die Bundeskanzlerin. Auch die ist zufrieden. Griechenland soll von August an wieder auf eigenen Füssen stehen.
Kein Freudenfest
Am 20. August 2018 wird das dritte Hilfsprogramm für Griechenland formal beendet werden. Am Tag danach will das Land wieder Geld an den Finanzmärkten leihen. Der Schuldenberg ist mit 176 Prozent der Wirtschaftsleistung gewaltig. Es wird Jahrzehnte dauern ihn abzubauen. Die Party wird bescheiden ausfallen, verspricht Premier Tsipras.