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Griechenland-Hilfe spaltet Euro-Partner

15. Juni 2011

Griechenland muss gerettet werden - darüber sind sich alle Euro-Länder einig. Doch wie? Deutschland macht Druck, dass auch Privatgläubiger an einem neuen Hilfspaket beteiligt werden - und stößt damit auf Widerstand.

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Symbolbild Finanzkrise Griechenland (Grafik: DW)
Bild: DW/BilderBox/dpa-picturealliance

Die Eurozone sucht weiter nach Wegen, private Gläubiger an neuen Finanzhilfen für das hochverschuldete Griechenland zu beteiligen - ohne die Finanzmärkte zu beunruhigen. Nach einem Finanzminister-Treffen in Brüssel wollten die Ressortchefs eigentlich eine gemeinsame Erklärung veröffentlichen, die zur Beruhigung der äußerst nervösen Märkte gedacht war. Doch daraus wurde nichts. Die Minister fanden keinen gemeinsamen Nenner - die Beratungen wurden schließlich vertagt.

Nicht (nur) auf Steuerzahler-Kosten!

Wolfgang Schäuble, Elena Salgado, Giorgos Papaconstantinou (Foto: AP)
Wolfgang Schäuble (l.) im Gespräch mit seinen Kollegen aus Spanien und GriechenlandBild: AP

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble war mit dem Anliegen nach Brüssel gereist, die Zustimmung der Euro-Partner zu einer kräftigen Mithaftung des Privatsektors einzuholen. Er will, dass Banken, Pensionsfonds und Versicherungen die Laufzeiten der Griechenland-Kredite um sieben Jahre verlängern und damit deutliche Abschläge hinnehmen. Schäuble betonte, die Mithaftung der Privatgläubiger sei "natürlicher Bestandteil" eines neuen Rettungspaketes. Der deutsche Finanzminister möchte verhindern, dass wieder allein die Steuerzahler für die Hilfen einstehen.

Die meisten Eurostaaten sind inzwischen zwar auch für eine Bankenbeteiligung, wie der finnische Finanzminister Jyrki Katainen am Dienstagabend (14.06.2011) bestätigte. Aber Schäubles Vorstoß geht ihnen deutlich zu weit. Umstritten ist vor allem, wie verpflichtend ein Festhalten der privaten Anleger an ihrem Engagement in Griechenland sein soll. Bei einer erzwungenen Lösung seien "die Risiken wesentlich größer als die Chancen", warnte Bundesbank-Präsident Jens Weidmann. EU-Währungskommissar Olli Rehn erklärte, die Kommission sei bereit, ein Modell zu prüfen, das auf einer freiwilligen Verlängerung der Laufzeiten griechischer Staatsanleihen beruhe - aber unter keinen Umständen zu einem Kreditausfall führe.

Der Plan lehnt sich an das "Wiener Modell" an, bei dem westeuropäische Banken 2009 freiwillig vereinbart hatten, trotz Finanzkrise ihr Engagement in Osteuropa aufrecht zu erhalten. Doch Deutschland reicht eine freiwillige Selbstverpflichtung nicht aus. Schäuble hatte kürzlich in einem Brief seine Forderung nach einer "sanften Umschuldung" Griechenlands dargelegt. Rating-Agenturen machten daraufhin klar, dass sie jede Art der Mithaftung als Kreditausfall bewerten würden; mit potenziell verheerenden Folgen für andere Wackelkandidaten wie Irland, Portugal und am Ende womöglich sogar Spanien.

"Gefährliche Nebenwirkungen"

Mario Draghi (Foto: dapd)
Mario DraghiBild: dapd

Auch der designierte Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), Mario Draghi, sprach sich gegen weitgehende Umschuldungsszenarien aus. Alle Konzepte, die nicht auf eine freiwillige Mitwirkung der Privatwirtschaft setzten, müssten wegen ihrer gefährlichen Nebenwirkungen vom Tisch. Sollten griechische Banken zusammenbrechen, werde dies Auswirkungen auf das gesamte Euro-Finanzsystem haben - vergleichbar mit der Pleite der US-Investmentbank Lehman Brothers: "Wir möchten diese Erfahrung nicht wiederholen", betonte der Italiener.

Der zusätzliche Finanzbedarf Griechenlands wird auf bis zu 70 Milliarden Euro allein in den kommenden zwei Jahren beziffert. Inzwischen gilt es als ausgeschlossen, dass die Regierung in Athen wie geplant von 2012 an wieder selbst Geld am Kapitalmarkt aufnehmen kann. Griechenland war im Mai 2010 als erstes Euro-Land mit einem 110 Milliarden Euro schweren Hilfsprogramm von den übrigen Euro-Ländern und dem Internationalen Währungsfonds (IWF) vor der Pleite gerettet worden.

Die Beratungen der Euro-Länder sollen am kommenden Sonntag (19.06.2011) in Luxemburg fortgesetzt werden - einen Tag früher als zunächst geplant. Der luxemburgische Finanzminister Luc Frieden zeigte sich zuversichtlich: "Jedes Mal, wenn wir zusammentreffen, kommen wir einer Lösung näher."

Autor: Christian Walz (dpa, rtr, afp, dapd)
Redaktion: Michael Wehling