Grausames Ende einer Hochzeit in Afghanistan
10. Juni 2010Mendestens 40 Tote und mehr als 70 Verletzte - das ist die bisherige Bilanz des brutalen Anschlags auf eine Hochzeitsgesellschaft in Kandahar am Mittwoch (9.7.2010). Die afghanischen Behörden sprechen klar von einem Selbstmordanschlag - aber die Überlebenden der Explosion haben Zweifel an dieser Erklärung. Das Ausmaß der Zerstörung sei viel größer als bei einem Selbstmordanschlag üblich, sagte der Überlebende Agha Mohammed. "Wir haben Kriegserfahrung, und das sieht nicht wie ein Selbstmordanschlag aus", so Mohammed. Präsident Hamid Karsai forderte eine gründliche Untersuchung.
Brautpaar überlebte
Die Explosion ereignete sich im Dorf Nadahan in der südlichen Unruheprovinz Kandahar, als sich die Hochzeitsgäste gerade zum Essen niedergelassen hatten. Unter ihnen waren nach Angaben von Überlebenden mehrere Polizisten. Die weiblichen Gäste waren in einem getrennten Gebäude versammelt, das nicht beschädigt wurde. Nach Angaben des Innenministeriums sind unter den Opfern auch Kinder. Das Hochzeitspaar überlebte den Angriff, der Bräutigam wurde aber verletzt.
Propagandaschlacht
Kandahar ist eine Hochburg der radikal-islamischen Taliban-Rebellen, die die Verantwortung für diesen Anschlag jedoch nicht übernehmen wollten. Ein Taliban-Sprecher betonte, die Aufständischen steckten nicht hinter dem Angriff. Deshalb sind Gerüchte im Umlauf, nach denen ein Luftangriff der US-geführten ISAF-Truppen die Hochzeitsgesellschaft überrascht haben soll. Diese Erklärung wies US-Militärsprecher Wayne Shanks entschieden zurück. Derartige Behauptungen seien "Falschinformationen der Taliban", meinte Wayne. Nato-Soldaten seien in keiner Weise verwickelt. Zur Zeit bereiten die US-Truppen in Kandahar eine Offensive vor.
Einschüchterung der Bevölkerung
Die NATO geht davon aus, dass die Taliban mit diesem Anschlag die Bevölkerung der Region einschüchtern wollten. Dies sei "unbarmherzige Gewalt" und eine "widerliche Taktik ohne Respekt vor dem Menschenleben" heisst es in einer Erklärung des Militärbündnisses. Die lokalen Behörden gehen davon aus, dass ein Selbstmordattentäter inmitten der männlichen Hochzeitsgäste seinen Sprengstoffgürtel gezündet hat. Nach dem Anschlag rief das lokale Krankenhaus die Bewohner der Gegend zu Blutspenden auf. Angesichts der Schwere der Verletzungen befürchten Mediziner und Polizei, dass die Zahl der Toten noch steigen könnte.
Autorin: Nicola Reyk/dpa/ap/rtr/afp
Redaktion: Silke Ballweg/Eleonore Uhlich