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Graue Schwäne, bayerisches Bier - unterwegs im Fünfseenland

Barbara Woolsey, ej2. Oktober 2015

Die Seen in der Nähe von München gelten als Inbegriff von bayerischer Gemütlichkeit. Immer wenn sie in München ist, versucht auch DW-Autorin Barbara Woolsey dort etwas zu entdecken und zu entspannen.

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Tegernsee im Herbst, Foto: Sven Hoppe/dpa
Bild: picture-alliance/dpa

An ihren Ufern reihen sich so viele malerische Seebrücken, Dörfer und Biergärten aneinander, dass es immer etwas Neues zu sehen gibt. Ob am Ammersee, am Starnberger See, oder an den kleineren Gewässern, Wesslinger See, Wörthsee und Pilsensee.

Das ganze Jahr über kommen die Bayern hierher, um in den Ferienorten und Wochenendhäusern vom Alltag abzuschalten. Viele Touristen wissen gar nicht, wie einfach und doch erholsam ein einziger Tag an einem der Seen sein kann - fernab vom Trubel in München.

Ich wollte dieses Mal meine Lieblingsorte an den beiden größten Seen Ammersee und Starnberger See besuchen, aber auch auf Entdeckungstour gehen.

Die Entspannung beginnt bei der Fahrt


Der Ammersee ist Bayerns drittgrößter See und der sechstgrößte im ganzen Land. Ans Ostufer gelangt man bequem mit der S-Bahn. Mit dem Auto dauert die Fahrt eine Stunde, bietet aber zusätzlich einen tollen Anblick: Vor dem Fenster geht die urbane Landschaft langsam über in saftige grüne Weiden mit Bauernhöfen, Apfelplantagen und Sonnenblumenfeldern zum Selbstpflücken.

Auf der Fahrt läuft an diesem Tag im Autoradio passenderweise Otis Redding's "Sittin' on the dock of the bay". Ich muss sofort mitsngen bei diesem Kultsong, in dem jemand vom Ufer aus das Hin und Her der Wellen beobachtet, bis zum Sonnenuntergang.

"Heute ist doch wirklich ein perfekter Tag, um am Ufer eines Sees zu sitzen", sagt der Radiomoderator in tiefem Bayerisch und ich muss ihm zustimmen. Es ist warm und die Sonne scheint mit voller Kraft.

Mein erster Halt ist der Gasthof Fischer am Ammersee. Er liegt wie mehrere andere Restaurants mit Seeblick in einem kleinen Ort namens Inning. Als ich eintrete, ist die Theke bereits zugestellt mit halbleeren Bierkrügen, dazwischen liegen Reste von Brezln. Einige Leute tragen sogar Lederhosen, denn in München ist gerade Oktoberfest.

Mittagessen im Gasthof Fischer mit Blick auf den Ammersee, Foto: Barbara Woolsey / DW
Mittagessen am AmmerseeBild: Dw/B. Woolsey

Nach Schweinsbraten, Krautsalat und Klößen fahre ich weiter nach Herrsching - ein beliebter Ausgangspunkt für Radtouren, Wanderungen und Wassersport am Ammersee. Im Sommer sieht man hier viele Windsurfer und Segelboote auf dem Wasser.

In Andechs trifft Gothik auf Rokoko


Herrschings bekannteste Sehenswürdigkeit ist das Kloster Andechs, eine Wallfahrtskirche mit eigener Brauerei oberhalb des Sees. Seit 1455 brauen die Mönche hier einige der besten Biersorten Deutschlands. Weltweit werden sie ausgeschenkt, wie etwa im New Yorker Restaurant 'Zum Schneider'. Wenn ich in Andechs bin, trinke ich am liebsten die typische Apfelweisse - eine Mischung aus selbstgemachtem Apfelsaft und Weißbier, serviert in einem zünftigen Maßkrug.

Einen Tisch auf der Terrasse zu ergattern ist besonders im Sommer schwierig , aber es ist tatsächlich der beste Platz, um sich über eine Schweinshaxe oder eine Brezel mit Frischkäse und Schnittlauch herzumachen. Der Kuchen und die Kekse sind auch köstlich, allesamt gebacken mit einer Extraportion Sahne und viel Liebe.

Kloster Andechs © magann
Das Kloster Andechs leben und arbeiten BenediktinerBild: Fotolia/magann

Andechs ist außerdem berühmt für seine gotische Wallfahrtskirche, deren Innenraum im Rokokostil umgestaltet wurde. Die Hallenkirche, erbaut zwischen 1423 und 1427, mit ihrem goldverzierten Innendekor aus dem 17. Jahrhundert zählt zu den bedeutendsten Kirchen Oberbayerns. Seit dem 12. Jahrhundert pilgern Tausende hinauf zum Heiligen Berg ins Kloster Andechs, um in der Kapelle eine Kerze anzuzünden und zu beten.

Von der Gemeinde Herrsching aus gelangt man mit dem Dampfschiff zu zahlreichen anderen Sehenswürdigkeiten rund um den See, etwa in den Ort Dießen am Westufer. Hier kann man Paddel- und Segelboote ausleihen oder einfach am Ufer sitzen und den Wellenbewegungen zuschauen.

Auch Vögel lassen sich wunderbar beobachten. Von der Mole aus sehe ich Möwen, Stockenten und Schwäne. Schnell reiße ich ein Semmelbrötchen in Stücke und werfe es vor ein wunderschönes weißes, langhalsiges Schwanenpaar mit ihrer graugefiederten (und eben doch noch ziemlich hässlichen) Brut.

Poesie, Geschichte und Kunst


Der dem Ammersee benachbarte Starnberger See war mir schon ein Begriff, lange bevor ich etwas über Bayern wusste. Das liegt daran, dass wir in der Schule das berühmte Gedicht von T.S. Eliot, Das wüste Land, gelesen haben, das auch vom Sommer am Starnberger See erzählt.

Starnberger See mit Dampfschiff, Foto: Barbara Woolsey / DW
Der Starnberger See lässt sich prima mit dem Dampfschiff erkundenBild: Dw/B. Woolsey

Das Wasser ist zu kalt zum schwimmen, aber es gibt zahlreiche Bänke und Cafés, wo man sich vor perfekter Kulisse sonnen kann. Außerdem lassen sich auch am Starnberger See viele Sehenswürdigkeiten mit dem Dampfer erreichen. Etwa das Dorf Berg, einst Heimat von Bayerns Märchenkönig König Ludwig II., der auch Schloss Neuschwanstein erbauen ließ. 1886 ist er auf mysteriöse Weise im Starnberger See ertrunken. Und das obwohl er ein guter Schwimmer gewesen sein soll. Ein Gedenkkreuz im Wasser markiert den Ort, wo König Ludwigs Leiche gefunden wurde.

Einmal quer über den See, am Westufer, kann man noch mehr über die Geschichte der bayerischen Könige erfahren. Dort steht das Schloss Possenhofen, in dem König Ludwigs Schwester Sisi aufwuchs - vielen besser bekannt als österreichische Kaiserin Elisabeth. Wer es lieber moderner mag: Das Buchheim Museum in Tutzing zeigt großartige Ausstellungen zum Expressionismus.

Kreuz mitten im Starnberger See, Foto: dpa
Das Kreuz markiert die Stelle, an der Bayerns Märchenkönig vor 117 Jahren tot aufgefunden wurdeBild: picture-alliance/dpa

Es ist unmöglich, das alles an einem Tag abzudecken. Ganz zu schweigen von den drei anderen Seen. Sie eignen sich genauso gut für Wassersport, Wanderungen und Entspannung wie die beiden größeren, Starnberger See und Ammersee.

Auf diesem Ausflug habe ich jedenfalls nicht viel mehr geschafft, als am Wasser entlang zu laufen, zu schauen und mich von der Sonne verwöhnen zu lassen. Das nächste Mal werde ich wieder eine ganz andere Seite des Fünfseenlandes entdecken. Ich werde wiederkommen.