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Grammatik zum Ortstarif

1. Februar 2010

Die oder der Butter? Die Tücken der deutschen Sprache lauern schon auf dem Frühstückstisch. Doch es gibt kompetente Abhilfe: Die TU Chemnitz bietet einen kostengünstigen Service im Sprachdschungel der Muttersprache.

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Butter (Foto: dpa)
Die oder der? Hauptsache, es schmeckt ...Bild: picture-alliance/ dpa

Donnerstagnachmittag, kurz nach 14 Uhr. In einem Nebengebäude der Technischen Universität Chemnitz sitzt Ruth Geier am Telefon und spricht mit einem Rentner, der wissen will, ob er seinen Nachnamen künftig mit ß schreiben müsse. Wegen der Rechtschreibreform sei er unsicher geworden, sagt er. Germanistin Geier kann den älteren Herrn beruhigen - Kessler bleibe Kessler. Daran ändere auch die Rechtschreibreform nichts.

Orthografie, Grammatik, Eigennamen - mit Sprache kennt sich Ruth Geier aus. Besonders mit der deutschen. Seit dem Jahr 2000 bietet die Germanistin ihre Sprachberatung an der TU Chemnitz zum Ortstarif an - jeden Donnerstag, von 14 bis 16.30 Uhr. "Bei mir melden sich hauptsächlich Menschen, die auch beruflich mit der deutschen Sprache zu tun haben", sagt Geier, "also Sekretärinnen, Journalisten, Werbetexter." Aber auch Bestattungsunternehmen rufen bei Geier an, um sicherzugehen, dass der letzte Gruß auf der Schleife orthografisch korrekt ausfällt.

Ewige Stolpersteine

Es gibt einige Fragen, die muss Geier immer wieder beantworten. Zum Beispiel, ob es im Herbst dieses oder diesen Jahres heißt. Richtig ist im Herbst dieses Jahres. Unsicher sind viele auch bei der Datumsangabe: am Freitag, dem oder den 3. März. Laut Duden sind beide Varianten möglich. Aber auch die Kommasetzung sei ein Dauerthema, daran habe die jüngste Rechtschreibreform nichts geändert, erzählt die Germanistin.

Dr. Ruth Geier am Sprachberatungstelefon der TU Chemnitz (Foto: TU Chemnitz)
"Wir können nicht alles, aber Deutsch..." - Ruth Geier am SprachberatungstelefonBild: TU Chemnitz

Auch wenn die Nachfrage nach korrektem Deutsch noch immer hoch ist, das Telefon klingelt nicht mehr ganz so häufig. Die meisten Anfragen gehen heute per Email ein. Ein Team aus Studenten des Fachbereichs Medienkommunikation kümmert sich um die Anfragen, die von überall her in Chemnitz eintreffen. Rebecca Juwig, die seit dem ersten Semester bei der Sprachberatung dabei ist, wollte eigentlich nur ein ganz normales Seminar besuchen. "Im Bachelor gab es noch den Anreiz, dass man hier einen Schein für relativ wenig Aufwand bekam", erinnert sich die 27-Jährige. Die Aussicht war verlockend. Mittlerweile gibt es keine Scheine mehr, aber die Studentin ist immer noch im Team - nun im Masterstudiengang. "Für mich besteht die Herausforderung heute darin, mehr über meine eigene Sprache zu lernen", so Juwig.

Wissen, wo's steht

Haupthilfsmittel der Chemnitzer Sprachfüchse sind klassische Nachschlagewerke, also Wörterbücher, Lexika - aber auch Online-Verzeichnisse. Das Grimm'sche Wörterbuch gibt ebenso wertvolle Hinweise, etwa zur Etymologie von Begriffen, wie auch Wikipedia. "Dort finden sich viele Informationen aber nicht in den Texten, sondern vielmehr in den weiterführenden Links unter den Beiträgen - das sind oft nützliche Quellen", verrät Rebecca Juwig.

Werbung für 'Onkel Butzi's Killer-Currywurst' in Berlin (Foto: picture-alliance / SCHROEWIG / Bernd Oertwig)
Beratung's-resistent?Bild: picture-alliance / SCHROEWIG/Bernd Oertwig

Zum harten Kern der studentischen Sprachberater gehört auch David Füleki. Der 25-jährige Comiczeichner hat das Maskottchen der Sprachberatung entworfen, den Robobob, der die Besucher auf der Homepage begrüßt. Im Alltag durchzuckt es Füleki häufig, wenn er bei "Gabi's Mode-Eck" mal wieder über den Apostroph beim Genitiv stolpert. "Das ärgert einen natürlich", sagt Füleki. "Aber was will man machen - am Ende glaubt es die Gabi sowieso nicht, wenn man sie darauf aufmerksam macht."

Trotzdem würde es den Studenten freuen, wenn Gabi vorher bei der Chemnitzer Sprachberatung angerufen und sich informiert hätte. Aber auch so wird die deutsche Sprache ein heikler Fall bleiben. Unheimlich schön, aber anspruchsvoll - so dass die Arbeit in Chemnitz kaum ausgehen dürfte. Und, wer weiß, vielleicht ruft ja eines Tages Gabi doch noch an.

Autor: Sven Näbrich
Redaktion: Sabine Damaschke