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Grünes Licht für 17-Jährige?

Petra Füchsel2. Februar 2003

"Begleitetes Fahren" heißt das Modell, dass die hohe Unfallstatistik bei Fahranfängern bekämpfen soll. Kann ein Konzept, das in anderen europäischen Ländern schon praktiziert wird, auch in Deutschland angewendet werden?

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Deutscher Führerschein - schon bald mit 17?Bild: AP

Führerschein mit 17? Die Eltern von Jugendlichen müssen sich jetzt nicht nur warm anziehen, sondern auch fest anschnallen. Der Verkehrsgerichtstag in Goslar votierte am Freitag (31. Januar 2003) mit großer Mehrheit für die umgehende Einführung der Fahrerlaubnis für Jugendliche ab 17. Damit stimmten dieser dafür, dass Deutschland den Weg einiger europäischer Nachbarn einschlagen und den Führerschein ab 17 ermöglichen soll. Denn was in Norwegen, Schweden und Österreich schon seit längerer Zeit praktiziert wird, hat auch in Deutschland inzwischen Anhänger gefunden. Die Rede ist dem Modell "Begleitetes Fahren", das eine vom Bundesverkehrsministerium eingesetzte Projektgruppe entwickelt hat. Danach sollen Jugendliche den Führerschein künftig bereits mit 17 Jahren erwerben können. Bis zum 18. Geburtstag dürfen sie aber nur in Begleitung ans Steuer.

Kriterien für die Begleitpersonen

Anfänger sollen so die Möglichkeit bekommen, "ein weit größeres Maß an Fahrerfahrung zu sammeln als bisher", sagte der Leiter der Projektgruppe, Georg Willmes-Lenz. Die Folge werde ein Rückgang der Unfallzahlen bei Fahranfängern sein. Für alle Fahranfänger in der Probezeit forderten die Experten allerdings ein absolutes Alkoholverbot.

Trotz positiver Absichten bleibt bei dem Modell jedoch umstritten, welche Kriterien die Begleitpersonen erfüllen sollen. Der Präsident des Verkehrsgerichtstages Peter Macke bringt es auf den Punkt: "Es darf nicht dazu kommen, dass ein Rowdy den anderen anleitet." Daher wird vielmehr wird an Erwachsene gedacht, die mindestens 30 Jahre alt sein sollen und nicht mehr als sieben Punkte auf ihrem Verkehrssünderkonto in Flensburg haben dürfen. Letzteres hielten die Experten in Goslar jedoch für zu hoch. Einigkeit bestand darüber, dass die Begleiter fünf Jahre den Führerschein besitzen und eine 90-minütige Schulung durchlaufen sollen. Außerdem wurde auch bei den Begleitpersonen strenge Vorgaben beim Alkoholkonsum gefordert. Der alljährliche Verkehrsgerichtstag hatte bereits in der Vergangenheit zahlreichen Änderungen des Verkehrsrechts den Weg geebnet.

Die Hintergründe des Modells

Kaum ein Wochenende vergeht, an dem nicht wieder von so genannten Disco-Unfällen mit tödlichem Ausgang zu lesen ist. Die Unfallbilanz in der Gruppe der 18- bis 25-Jährigen ist in der Tat alarmierend: So wurden nach Angaben von Verkehrsexperten im Jahr 2001 über 30 Prozent der Unfälle unter Alkoholeinfluss von den Fahranfängern verursacht. Fast jeder dritte getötete Autofahrer gehört dieser Altersgruppe an, obwohl sie nur insgesamt acht Prozent der Gesamtbevölkerung ausmacht.

Selbstüberschätzung, Imponiergehabe und Gefahrenblindheit junger Leute sind nach Meinung von Verkehrswissenschaftlern nicht allein für das besondere Unfallrisiko von Fahranfängern verantwortlich. Vielmehr ist nach dieser Auffassung die Fähigkeit junger Leute, die vielfältigen Anforderungen auf der Straße zu bewältigen, noch nicht genügend ausgebildet. Abhilfe schaffen soll da das Sammeln von Fahrpraxis unter Aufsicht einer Begleitperson.

Die Kritiker des Konzeptes

Die Statistiken sprechen zwar eine deutliche Sprache, aber trotzdem herrscht unter Experten keine Einigkeit über das Konzept. Die Skeptiker halten es für wirklichkeitsfremd zu glauben, dass Papa, Mama oder andere Erwachsene auf dem Beifahrersitz tatsächlich in der Lage wären, die minderjährigen Fahranfänger zu bändigen. Zudem die Beifahrer nicht aktiv ins Verkehrsgeschehen eingreifen können - von einem etwaigen panischen Griff ins Lenkrad einmal abgesehen. Auch der ADAC-Präsident Peter Meyer lehnt das Modell "Führerschein mit 17" ab. Er wies darauf hin, dass dieser Plan kein schlüssiges Konzept zur Verminderung der Risikobereitschaft und Selbstüberschätzung junger Fahranfänger enthalte. Meyer plädiert hingegen dafür, eine zweite Ausbildungsstufe einzuführen, bei der ein freiwilliges spezielles Sicherheitstraining eingeführt wird. "Junge Fahranfänger sollen rund ein halbes Jahr nach bestandener Führerscheinprüfung mit Hilfe erfahrerener Instruktoren lernen, wie man kritische Verkehrssituationen meistert."

Die wichtigsten Regeln in den europäischen Nachbarländern finden Sie im angehängten Artikel.