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Größte Bedrohung für Afrika: Aids

Reinhold Meyer22. September 2003

Diese Woche (22.-26.9.03 ) werden die Afrikaner erneut ihre Erfahrungen bei der Lösung ihres größten Problems austauschen: HIV und Aids. Die dichte Folge solcher Konferenzen macht die Dimension der Epidemie deutlich.

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Trauerfeier für 17 an Aids gestorbene Babies in SüdafrikaBild: AP

HIV und Aids bleiben ohne Zweifel die größte Herausforderung, der sich Infektionsmediziner und Gesundheitspolitiker im beginnenden 21. Jahrhundert gegenübersehen. Obwohl wirksame Präventivmaßnahmen zur Verfügung stehen - wie Benutzung von Kondomen, Vermeidung von Promiskuität, medikamentöse Therapie von infizierten Schwangeren - ist noch kein globaler Silberstreifen am Epidemiehorizont auszumachen.


Die Dimensionen der Katastrophe

Heute leben 40 Millionen Menschen mit HIV und Aids. Die Krankheit breitet sich mit alarmierender Geschwindigkeit aus. Ihre internationale Verbreitung weist aber eine erhebliche regionale Konzentration auf. Afrika südlich der Sahara trägt über 70 Prozent der globalen Last und rund 95 Prozent der Aids-Waisen dieser Welt leben hier. In einigen afrikanischen Ländern ist jedes zehnte Kind zu einem Waisen geworden.

Gängige Arbeitsmigration, Promiskuität, fehlerhafte Therapie sexuell übertragbarer Krankheiten, mangelnde Hygiene in Krankenhäusern, Tabuisierung von Sex oder religiös oder traditionell begründete Verhaltensweisen haben dazu geführt, dass die afrikanischen Länder von HIV und Aids besonders betroffen sind.

Das Nationale Statistische Amt in Sambia teilte im Mai 2003 mit, dass HIV und Aids während des vergangenen Jahrzehnts die durchschnittliche Lebenserwartung der 9,8 Millionen Einwohner des Landes um 10 Jahre, von 44 auf 33 Jahre reduziert habe. In Mosambik ist der Anteil der HIV-infizierten Erwachsenen von 12 auf fast 15 Prozent der Bevölkerung gestiegen. In Südafrika rechnet man mit einem Anstieg der jetzt fünf Millionen an HIV infizierten auf 7,7 Millionen in drei Jahren.

Kein Geld und viele Tabus

Esther Babalola HIV/AIDS in Sagamu, Nigeria, Medikamente
Bild: AP

In Kenia sind etwa 2,6 Millionen Personen bei einer Gesamtbevölkerung von 30 Millionen an Aids erkrankt. Nur 20.000 von ihnen können sich antiretrovirale Medikamente leisten. Insgesamt erhalten in Afrika zurzeit weniger als vier Prozent der Aids-Kranken die antiretroviralen Medikamente. Viele afrikanischen Länder, in denen Aids ein großes Problem darstellt, sind zu arm, um die erforderlichen Gegenmaßnahmen finanzieren zu können, oder diese werden durch Bürgerkriege unmöglich gemacht.

Die nachdrücklichste Forderung aller bisherigen Konferenzen zum Thema HIV und Aids in Afrika bleibt die nach der Demokratisierung des Zugangs zu den Medikamenten. Damit die Afrikaner eine bessere Chance haben, der Verbreitung von HIV und Aids Herr zu werden, ist die internationale Entwicklungspolitik ebenso gefordert wie die Arzneimittelforschung. Die Maßnahmen reichen von der Änderung des Patentrechts, um an billigere Kopien von Aids-Medikamenten zu gelangen, bis zum verstärkten Engagement des Privatsektors sowie Investitionen in Erziehung und Kommunikation.

In einigen afrikanischen Ländern scheitern Maßnahmen gegen die Ausbreitung von HIV und Aids daran, dass die Regierungen sich immer noch weigern, die Krankheit öffentlich zu diskutieren. Das Problem des uneinsichtigen Präsidenten von Südafrika ist bekannt.

Aids als demographisches Problem

HIV und Aids bringen nicht nur unsägliches Leiden in eine stetig steigende Zahl afrikanischer Familien. Die Immunschwäche lässt ganze Landstriche veröden. Handel und Wirtschaft verkümmern, Universitäten und Forschungsinstitutionen verlieren ihr Personal.

Fehlendes Fachwissen, fehlende Aufklärung und fehlende Finanzen haben ebenso wie Ignoranz und Versagen der Politiker HIV und Aids in Afrika zu einer Massenseuche ohne Präzedenz werden lassen.

Vorbild Uganda

Dass es auch anders geht, zeigt das Beispiel Uganda. Dort gelang es der politischen Führung, das Thema zu enttabuisieren und konsequente Aufklärungs- und Bekämpfungsmaßnahmen zu realisieren. Zu den Prinzipien von nationalen Programmen gegen HIV und Aids gehört, dass die gesamte Bevölkerung das Recht auf kostenlose HIV-Tests sowie Zugang zu Präventions- und Therapiemaßnahmen hat.

Eine Frage der globalen Gerechtigkeit

George Bush begrüßt Kinder in Uganda
George Bush begrüßt Kinder in UgandaBild: AP

Der Kampf gegen HIV und Aids kostet Geld. UN-Generalsekretär Kofi Annan hat die jährlich benötigte Summe auf sieben bis zehn Milliarden US Dollar beziffert. HIV und Aids wurden in den letzten zwei Jahren international auf höchster Ebene behandelt. Der Weltsicherheitsrat befasste sich das erste Mal seit seinem Bestehen mit einem Gesundheitsproblem, auch die UNO-Generalversammlung im Juni 2001 und der G8-Gipfel in Genua im Juli 2001 hatten das Thema auf der Agenda. Es folgte die Gründung des Globalen Fonds zur Bekämpfung von HIV und AIDS, an den sich die Hoffnung knüpft zusätzliche Ressourcen zur Bekämpfung der Seuche zu mobilisieren. Die Aids-Bekämpfung ist auch ein Schwerpunkt deutscher Entwicklungszusammenarbeit, die Bundesregierung hat die Mittel dafür in den vergangenen Jahren erheblich gesteigert.

Aids bleibt eine der größten Bedrohungen für die friedliche Entwicklung der Welt, eine Ende dieser Bedrohung ist nicht in Sicht. Die stärkere Unterstützung von außen für alle an der Bekämpfung der Epidemie in Afrika Beteiligten ist auch Teil der globalen Gerechtigkeit.