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Gottesdienst für die Absturzopfer

17. April 2010

Die Polen haben Abschied von Präsident Lech Kaczynski und den anderen Opfern der Flugzeugkatastrophe genommen. Wegen der Luftraumsperrung können viele ausländische Politiker nicht zur Beisetzung am Sonntag kommen.

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Eine Frau weint beim Gottesdienst auf dem Pilsudski-Platz in Warschau am 17.04.2010 (Foto: AP)
Bild: a

Schon seit dem frühen Morgen des Samstags (17.04. 2010) waren die Menschen ruhig und nachdenklich auf den Pilsudski-Platz im Warschauer Stadtzentrum geströmt. Dort waren hinter dem Altar an einer großen schwarzen Leinwand die Fotos der 96 Menschen zu sehen, die vor einer Woche beim Absturz der Präsidentenmaschine in der Nähe von Smolenks im Westen Russlands ums Leben gekommen waren. Zu den Opfern des Unglücks gehörten neben dem polnischen Präsidenten Lech Kaczynski und seiner Ehefrau Maria hochrangige Politiker, Geistliche, Militärs und Staatsbeamte Polens.


Zu Beginn des Gottesdienstes bei strahlendem Sonnenschein wurden die Namen aller 96 Opfer der Katastrophe verlesen, die Trauernden reichten sich solidarisch die Hände. Gemeinsam mit Jarowlaw Kaczynski, dem Zwillingsbruder des verunglückten Präsidenten, stand auch dessen Tochter Marta an der Bühne mit dem Altar.

Der vatikanische Nuntius in Polen, Jozef Kowalczyk, überbrachte den Trauernden das Mitgefühl und die Solidarität von Papst Benedikt XVI. An der Trauerfeier in Warschau hatte eigentlich der ranghöchste katholische Kardinal Angelo Sodano als Vertreter des Papsts teilnehmen sollen. Wegen der Behinderungen im europäischen Flugverkehr musste der Vatikan seine Teilnahme aber absagen.


Parlamentschef Bronislaw Komorowski appellierte als amtierendes Staatsoberhaupt an seine Landsleute, in diesen schweren Stunden zusammenzuhalten. "Nur selten gibt es Augenblicke in der Geschichte einer Nation, in denen wir wissen und fühlen, dass wir wirklich zusammenstehen", sagte er. Die Katastrophe bei Smolensk sei ein solcher Augenblick gewesen. Premierminister Donald Tusk sprach von der größten Tragödie der polnischen Nachkriegsgeschichte.

Parlamentspräsident Bronislaw Komorowski als amtierendes Staatsobergaupt beim Gedenkgottesdienst in Warschau (Foto: AP)
Parlamentspräsident Bronislaw Komorowski (re)Bild: AP
Gottesdienst auf dem Pilsudski-Platz (Foto: AP)
Gottesdienst auf dem Pilsudski-PlatzBild: AP

Abschied nehmen vom Präsidentenpaar konnten die Trauernden auch am Nachmittag in der Johannes-Kathedrale in der Warschauer Altstadt, dem Ort der abendlichen Messe. Begonnen hatten die Trauerfeierlichkeiten am Morgen mit einer Schweigeminute. Um 8.56 Uhr ertönten zwei Minuten lang die Glocken und Alarmsirenen in Polen: Genau zu der Zeit war vor einer Woche die polnische Präsidentenmaschine beim riskanten Landeanflug auf Smolensk westlich von Moskau abgestürzt.

Beisetzung des Präsidentenpaares in Krakau

Am Sonntag (18.04.2010) soll das polnische Präsidentenpaar neben polnischen Königen und Nationalhelden in der Wawel-Burg in Krakau beigesetzt werden. Nach anfänglicher öffentlicher Kritik hatte die polnische Kirche interveniert, der Krakauer Kardinal Stanislaw Dziwisz billigte das Begräbnis in der Wawel-Kathedrale. Zur Begründung sagte er, Lech Kaczynski sei "auf heldenhafte Weise ums Leben gekommen, denn er war auf dem Weg nach Katyn, um dort im Namen der ganzen Nation den Märtyrern seine Ehrerbietung zu erweisen". In Katyn, einem westrussischen Ort in der Nähe von Smolensk, hatte der sowjetische Geheimdienst vor 70 Jahren Tausende gefangene polnische Offiziere und Intellektuelle ermordet.


Mehrere der internationalen Spitzenpolitiker, die ihre Teilnahme an dem Staatsbegräbnis zugesagt hatten, können wegen des Flugverbots über weiten Teilen Europas nicht zur Beisetzung nach Krakau kommen.

Wawel in Krakau: Lech und Maria Kaczynski sollen in der Gruft der polnischen Könige beigesetzt werden (Foto: AP)
Wawel in Krakau: Lech und Maria Kaczynski sollen in der Gruft der polnischen Könige beigesetzt werdenBild: AP

Merkel kann nicht nach Krakau kommen

Bundeskanzlerin Angela Merkel, die am Samstagabend in Italien Richtung Deutschland unterwegs war, sagte ihre Teilnahme an dem Staatsakt ab. Dies teilte eine Regierungssprecherin in Berlin mit. Polens Außenminister Radoslaw Sikorski habe in einem Telefonat mit Merkel "vollstes Verständnis" geäußert. Auch US-Präsident Barack Obama teilte mit, er könne wegen der Aschewolke über Europa nicht nach Krakau kommen.


Autor: Hartmut Lüning (dpa, ap, afp, rtr)
Redaktion: Rainer Esser/Michael Wehling