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Gott for President?

Vladimir Müller9. Februar 2003

Sechsmal haben es die tschechischen Abgeordneten versucht. Vergeblich: Die Präsidentenwahl blieb erfolglos. Vaclav Havel ging. Möglicher Kandidat für die Nachfolge ist jetzt der Schlagersänger Karel Gott.

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Anhänger eines Prager "Burgtheaters"Bild: AP

"Gott mit uns", fordern auf Deutsch auf ihren T-Shirts drei tschechische Pop-Sänger, die ihren berühmten Kollegen Karel Gott ins Rennen schicken wollen. Nein, nicht zum Grand Prix de la Chanson - die Goldene Stimme aus Prag soll um das höchste Amt im Staat - das des Staatspräsidenten der Tschechischen Republik - kämpfen.

Was zunächst wie eine nicht ernst gemeinte Schwejkiade klang, ist absolut ernst gemeint. Nach dem Schauspieler Reagan in den USA und dem Dramatiker Havel zu Hause sei doch klar, dass ein Künstler sehr wohl dieses Amt ausfüllen kann, so Gotts Wahlhelfer. Der Kandidat selbst findet die Idee überhaupt nicht abwegig, er sei ja beim Volk beliebt und außerdem kenne man ihn auch in der großen weiten Welt.

Charts ja, Charta nein

Gott und Havel
Kommt nach dem Dichter-Präsidenten Havel (rechts) der Sänger-Präsident Gott?Bild: AP

Tschechien ein "Gottes-Staat"? Noch werden seine Chancen als gering angesehen, doch sollte seine Kandidatur tatsächlich offiziell erfolgen, wer weiß? Sicher ist nur, Gott wäre ein echtes Kontrast-Programm zu seinem Vorgänger. Der vom kommunistischen Regime gehätschelte Musik-Star gehörte in den 1970er Jahren zu den Anti-Chartisten - von den Machthabern bestellten und mehr oder weniger bekannten Persönlichkeiten, die über die Menschenrechtler der Charta 77, also über Havel und seine Mitkämpfer, Schmutzkübel ausgegossen haben. So weit so schlecht.

Bedenklicher ist, dass noch viele Jahre später - in einem Interview von 1999 - der heute 63-Jährige überzeugt war: "Die Charta wurde von Israel bezahlt." Und noch anderes Tralala war zu vernehmen: Die politische Wende in der Tschechoslowakei 1989 sei keine spontane Revolution gewesen, nein, "alles war schon im Voraus abgesprochen", verriet der Barde erst vor kurzem.

Nachtigall in der Burg?

Eigene Vorstellungen hat Gott auch über die Weltpolitik: Die werde "von heiligen Orden, Logen und mysthisch-okkulten Organisationen gelenkt", wie er kundtat. Der zigfache Sieger im tschechischen Sangwettbewerb "Goldene Nachtigall" weiß andererseits auch, dass die "Globalisierung zu einem bargeldlosen Geldverkehr führen wird, bei dem die Mikrochips und die unsichtbaren Laser-Codes den Menschen eingepflanzt würden."

Es besteht noch Hoffnung: Ein Leben ohne Singen könne er sich nicht vorstellen, sagt Gott auf Nachfrage. Dass man das Protokoll ändern würde, damit das Staatsoberhaupt seine Ansprachen von der Burg als Pop-Lieder dem Volk entgegenschmettert, wie seine Unterstützer hoffen, ist selbst im Land von Schwejk und Kafka nicht zu befürchten. Gott sei Dank.