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Nahöstliche Partner für Koalition gegen IS

Andreas Gorzewski10. September 2014

Die USA suchen Unterstützer: Arabische Staaten und die Türkei sollen sich einer Allianz gegen IS anschließen. Die Länder haben unterschiedliche Möglichkeiten, sich zu beteiligen. Doch die Vorbehalte sind vielfältig.

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US-Außenminister Kerry (l.) zu Gesprächen mit saudischen Regierungsvertretern am 27. Juni 2014 in Dschidda - Foto: Brendan Smialowski
Bild: Reuters

Nachdem die USA bereits in der NATO für eine Koalition gegen die Terrororganisation "Islamischer Staat" (IS, früher ISIS) geworben haben, sollen nun auch nahöstliche Partner stärker eingebunden werden. US-Minister reisen seit Tagen durch die Region, um den Kampf gegen die IS-Verbände in Syrien und im Irak zu koordinieren. Am Donnerstag will US-Außenminister John Kerry in der saudi-arabischen Stadt Dschidda mit Vertretern des Golfkooperationsrates sowie Ägyptens, Jordaniens und der Türkei zusammentreffen. Zum Golfstaatenbündnis gehören Saudi-Arabien, Katar, Kuwait, Bahrain, die Vereinigten Arabischen Emirate und Oman. Die Staaten eint die Sorge vor einem weiteren Vormarsch der IS-Kämpfer. Die Monarchien und Republiken in der Region könnten auf unterschiedliche Weise zu einer Allianz gegen die sunnitische Terrororganisation beitragen.

Saudi-Arabien

Saudi-Arabien könnte auf vielfache Weise eine gemeinsame Front gegen den IS unterstützen. Das streng sunnitische Königreich hat mit seinen Ölmilliarden großen Einfluss auf verschiedene Widerstandsgruppen im syrischen Bürgerkrieg. Zugleich kann die Regierung in Riad helfen, die humanitäre Krise in der Region zu bewältigen. Wegen des Blutvergießens in Syrien und dem Irak sind bereits Millionen Menschen auf der Flucht. Bei einem groß angelegten Militärschlag gegen die IS-Miliz wären neue Flüchtlingsströme zu erwarten.

Zu den politischen und wirtschaftlichen Möglichkeiten kommen Verwandtschaftsbeziehungen hinzu. Einige sunnitische Stämme in Saudi-Arabien haben enge Verbindungen zu Stämmen in Syrien und dem Irak.

Saudischer Soldat an der Grenze zum Irak im Jahr 2014 - Foto: Faisal Nasser
Saudi-Arabiens Grenze zum Irak: Beteiligung an Militäroperationen unwahrscheinlichBild: Reuters

Obwohl die saudische Armee modernste westliche Waffensysteme gekauft hat, ist eine umfangreiche Beteiligung an Militäroperationen gegen den "Islamischen Staat" unwahrscheinlich. Im konservativen Königreich dürfte eine allzu enge Allianz mit dem Westen auf Kritik stoßen. Außerdem will die Regierung in Riad vermeiden, dass die Schiiten im Irak - und damit indirekt auch die Schiiten im benachbarten Iran - zu viel Macht gewinnen, wenn die sunnitischen Extremisten zurückgedrängt werden.

Katar

Katar betreibt eine Art Scheckbuch-Diplomatie im Nahen Osten und rivalisiert dabei mit Saudi-Arabien. Viele Oppositionsgruppen in Syrien, darunter auch radikale Islamisten, können auf Geld aus dem kleinen Golfemirat zählen. Dabei spielen abseits der Regierung offenbar auch private Geldgeber eine wichtige Rolle. Auch militärisch kann Katar eine Rolle spielen. So nahmen katarische Kampfjets an den NATO-geführten Luftangriffen in Libyen im Jahr 2011 teil. In Al-Udeid westlich der Hauptstadt Doha hat die US-Luftwaffe ihr Operationszentrum für die Region.

Türkei

Das NATO-Mitglied Türkei hat in vieler Hinsicht eine Schlüsselrolle im Kampf gegen IS. Das Land hat sowohl zu Syrien als auch zum Irak eine lange Grenze. In Syrien reicht das IS-Herrschaftsgebiet stellenweise bis zur türkischen Grenze und damit an den Rand des NATO-Gebiets heran. Bislang können freiwillige Kämpfer offenbar immer noch von der Türkei aus ins Kriegsgebiet gelangen. Auch Waffen kommen oft über diesen Weg dorthin. Der türkische Geheimdienst hat zumindest zu einem Teil der bewaffneten Gruppen in Syrien enge Kontakte.

Jesidische Flüchtlingskinder in der Türkei - Foto: Ulas Yunus Tosun (EPA)
Jesidische Flüchtlingskinder in der Türkei: Hunderttausende haben schon Schutz gesuchtBild: picture-alliance/dpa

Mit seiner großen Armee wäre die Türkei ein wichtiger Verbündeter für einen Militärschlag gegen die IS-Miliz. Doch mehrere Gründe sprechen für eine Zurückhaltung. Die Regierung in Ankara will sich ungern in einen schwer überschaubaren Konflikt in seinen Nachbarstaaten hineinziehen lassen. Schon jetzt haben hunderttausende Flüchtlinge von dort Schutz in der Türkei gesucht. Außerdem verfolgt die Regierung in Ankara misstrauisch, inwieweit der Kampf gegen den "Islamischen Staat" kurdische Autonomiebestrebungen in der Region fördert. Darüber hinaus haben IS-Terroristen noch 49 Türken in ihrer Gewalt, deren Leben bei einem Angriff in Gefahr wäre.

Ägypten

Ägypten hat als bevölkerungsreichstes arabisches Land vor allem politisches Gewicht. Bei der US-geführten Koalition zur Befreiung Kuwaits 1991 kämpften ägyptische Soldaten mit. Ob sie das auch bei einer Militäraktion gegen IS tun würden, ist unklar.

Jordanien

Das Königreich Jordanien ist vor allem durch Hunderttausende von Flüchtlingen aus Syrien vom Krieg an seinen Grenzen betroffen. Auch die sunnitischen Clans in diesem Staat sind teilweise mit Stämmen in Syrien und dem Irak verwandt. Dadurch sind Kontakte zu Stammesführern in den Kampfgebieten möglich. Für ein erfolgreiches Vorgehen gegen IS ist es wichtig, dass die Terrorgruppe die Unterstützung sunnitischer Bevölkerungsteile in Syrien und im Irak verliert. Militärisch spielt Jordanien kaum eine Rolle. Es ist allerdings ein wichtiges Transitland zu den beiden Staaten, in denen sich der "Islamische Staat" ausgebreitet hat.

Vereinigte Arabische Emirate und andere Golfstaaten

Die kleineren Golfmonarchien sind eng mit den USA verbündet. Im Inselstaat Bahrain hat die 5. US-Flotte ihren Hauptstützpunkt. Kuwait diente 2003 als Aufmarschgebiet für die US-geführte Invasion des Irak. Die Vereinigten Arabischen Emirate sollen im August angeblich auf eigene Faust radikale Islamisten in Libyen mit Kampfflugzeugen angegriffen haben.