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Go Atlantis!

Christina Bergmann13. Dezember 2007

Noch immer steht das Space Shuttle Atlantis auf der Startrampe 39 A in Cape Canaveral. Die nächste Tankfüllung erhält der Raumgleiter nur zu Testzwecken. Eine weise Entscheidung.

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Bild: DW
Fernschreiber Christina Bergmann

Die NASA entschied sich dafür nach zwei abgebrochenen Starts. Denn das Problem ist, dass die Techniker die Ursache des Fehlers nicht kennen, der die Atlantis am Boden hält. Mehrere Treibstofffühler im Wasserstofftank fallen immer wieder aus. Aber warum? Liegt der Fehler an den Fühlern, an den Verbindungen, innen im Tank, außen im Tank – man weiß es nicht. Das ist erschreckend und andererseits sehr tröstlich.

Denn auf einmal entwickelt man eine gewisse Milde gegenüber technischen Problemen. Die Deutsche Welle hat ein neues Software-System in Bonn aufgespielt und mein Computer in Washington funktioniert deswegen plötzlich nicht mehr, wie er soll? Hey, keine Aufregung, schließlich hängt nur ein Radioprogramm und kein Menschenleben davon ab. Wenn's heute nicht funktioniert, dann eben morgen.

Mein Mann wartet immer noch auf seine amerikanische Sozialversicherungsnummer, die er schon längst haben müsste, und niemand bei den US-Behörden weiß Bescheid. – Keine Panik, er braucht sie doch nicht so dringend. Wer will schon kurz vor Weihnachten noch einen neuen Job anfangen. Wir sind ja keine Emigranten, bei denen das nackte Überleben vom Einkommen des Familienoberhaupts abhängt.

Lassen wir also auch die NASA erst einmal testen. Denn noch mal so einen tagelangen Stress wie in Cape Canaveral muss ich nicht haben. Pressekonferenzen wurden im Halbstundentakt verschoben. Gerüchte geisterten durch das Pressezentrum: Atlantis startet morgen. Atlantis startet übermorgen. Atlantis startet in diesem Jahr gar nicht mehr. Die Welt in Cape Canaveral drehte sich für vier Tage um vier kleine Sensoren, die offenbar einfach keine Lust hatten, ins All zu fliegen. Wie sich dabei die Astronauten wohl fühlten, allen voran der Deutsche Hans Schlegel?

Die alten Reporterhasen, die auch schon Raketen in Baikonur haben starten sehen, erzählten: Die Russen würden solche Fühler einfach abklemmen und trotzdem starten. Noch viel wahrscheinlicher sei, dass sie solche Sensoren gar nicht haben. Die russischen Raketen seien simpel, unbequem – aber extrem zuverlässig. Tote habe es bei den rund 1000 Starts noch nie gegeben.

Die Sojus-Raketen haben einen entscheidenden Vorteil: Im Katastrophenfall können sie die Mannschaftskapsel einfach absprengen. Die amerikanischen Shuttles verfügen über kein solches Rettungssystem. Wenn die Raketen erst einmal gezündet sind, können die Astronauten den Anstieg ins All zwar abbrechen – aber sie sind auf ihren Raumgleiter angewiesen, wenn sie zurück zur Erde wollen.

Nach den Challenger- und Columbia-Katastrophen geht die NASA also lieber auf Nummer sicher. Die ESA und ihr europäisches Weltraumlabor Columbus müssen deswegen noch ein bisschen warten. Aber auf die paar Wochen kommt es, nach inzwischen dreijähriger Verspätung, ja nun wohl auch nicht mehr an.