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Bankkunden sollen "Solidarbeitrag" zahlen

Jörn Bender, dpa17. Juni 2016

Die Zinsen in Europa sind abgeschafft. Sparen wird kaum noch belohnt. Zahlen Bankkunden nun mit höheren Gebühren oder Strafzinsen die Zeche? Ein Nischenanbieter wagt sich mit einem neuen Modell aus der Deckung.

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Bild: picture-alliance/dpa

Die GLS Bank will bald einen Solidarbeitrag von ihren rund 200.000 Kunden verlangen. Das kündigte die größte deutsche Alternativ-Bank am Freitag an. Ziel sei es, das Geschäftsmodell der Bank auch künftig zu sichern, sagte Vorstandssprecher Thomas Jorberg in Bochum. Gleichzeitig sollen die Kunden von einer Streichung der Dispo-Zinsen für Überziehungskredite profitieren. Wenn der geplante Grundbeitrag bei den Mitgliedern eine positive Resonanz finde, könne das Modell Anfang kommenden Jahres dauerhaft starten, sagte Jorberg. Vorgesehen sei ein Monatsbeitrag von fünf Euro beziehungsweise einem Euro für die Inhaber spezieller Konten für junge Leute.

Drehen an der Gebührenschraube

Banken verdienten lange gut daran, für Kredite mehr Geld zu kassieren als sie ihren Kunden an Zinsen fürs Sparen zahlten. Doch die Differenz aus beiden Positionen, der Zinsüberschuss, wird kleiner, weil die Europäische Zentralbank (EZB) das Zinsniveau extrem gesenkt hat. "Alle Empfehlungen, diese Ertragsquelle durch höhere Provisionserträge auszugleichen, sind ... nicht umsetzbar", sagte unlängst der Chef der Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba), Herbert Hans Grüntker. Anfang Juni stimmte EZB-Präsident Mario Draghi die Finanzmärkte erneut auf eine längere Phase extrem niedriger Zinsen ein. Erst im März hatten die Währungshüter den Leitzins erstmals auf null Prozent gesenkt. Zudem flutet die Notenbank die Märkte bis mindestens März 2017 über Anleihenkäufe mit Geld - und nimmt auf diesem Feld Banken Geschäft weg.

Viele Institute drehen an der Gebührenschraube. Die Zeiten des kostenlosen Girokontos seien vorbei, verkündete Sparkassen-Präsident Georg Fahrenschon im März. Auch er stimmte Kunden auf höhere Gebühren ein. Die Sparda-Banken kündigten Preissteigerungen "auf breiter Front" an - etwa für Dienstleistungen wie Überweisungen in Papierform oder die Girocard. Die Postbank mit ihren 14,3 Millionen Kunden kassiert bereits seit einem Jahr 99 Cent für Überweisungen, die nicht online ausgeführt werden.

"Ist der Kunde bereit?"

Die alternative GLS Bank hatte Anfang Februar angekündigt, absehbar einen monatlichen Grundbeitrag von ihren Kunden und Mitgliedern erheben zu wollen - also einen Beitrag, der nicht an eine bestimmte Dienstleistung gekoppelt ist. "Wir fragen uns schon seit einem Jahr: Ist der Kunde bereit, für Infrastruktur, Beratung etc. einen Grundbeitrag monatlich zu zahlen?", erklärte der Chef der Alternativbank. Es sei "eine Grundbereitschaft da, einen Mitgliedsbeitrag zu zahlen, damit die GLS Bank ihre Arbeit, so wie sie sie bisher macht, weitermachen kann".

An Firmenkunden und Profianleger wie Versicherungen und Pensionsfonds gibt die Branche die höheren Kosten längst weiter. Häuser wie Commerzbank oder Helaba handeln mit Großkunden individuelle Lösungen aus. "Nullzins auf einem täglich verfügbaren Konto ist ein subventionierter Zins", hatte der jüngst abgelöste Commerzbank-Chef Martin Blessing den Schritt begründet.

Jörn Bender, dpa