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Glos: "Sehr guter Zugang zu den arabischen Märkten"

Das Interview führte Ibrahim Mohamad8. September 2006

Der deutsche Handel mit den Golfstaaten blüht. Dies bekräftigte der Bundeswirtschaftsminister Michael Glos auf dem 9. Deutsch-Arabischen Wirtschaftsforum in Berlin. DW-WORLD.DE hat mit dem Wirtschaftsminister gesprochen.

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Kontakte knüpfen auf dem Deutsch-Arabischen Wirtschaftsforum - der kuwaitische Premierminister Scheich Nasser Al-Sabah und Bundeskanzlerin Angela MerkelBild: AP

DW-WORLD.DE: Mit jährlich zweistelligen Wachstumsraten boomt Deutschlands Handel mit den meisten arabischen Ländern weiter. Es ist aber kein Boom deutscher Direktinvestitionen in diesen Ländern zu erkennen. Wie erklären Sie sich das?

Michael Glos Porträt
Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU)Bild: picture-alliance/dpa/webdpa

Michael Glos: Wir freuen uns über das Exportwachstum beispielsweise nach Saudi-Arabien im Jahr 2005 mit einem Anstieg von über 32 Prozent gegenüber 2004 oder in die Vereinigten Arabischen Emirate mit einem Plus von über 21 Prozent. Letztlich ist dies aber eine Folge der höheren Kaufkraft durch höhere Ölpreise, was allerdings wiederum für den deutschen Verbraucher schmerzlich ist. Insbesondere verfügen die Ölstaaten damit über eine derart hohe Kapitaldecke, dass sie für ihre weitere wirtschaftliche Entwicklung nicht unbedingt auf Direktinvestitionen aus Deutschland angewiesen sind. Dennoch sind die deutschen Investitionen in Ägypten, Libyen und in den Vereinigten Arabischen Emiraten durchaus nennenswert.

Die arabische Seite investiert in Deutschland vor allem in Aktien. Warum blieb sie den direkten Investitionen in Unternehmen und Joint Ventures bisher ziemlich fern?

Sie haben Recht, so haben zum Beispiel Kuwait, aber auch die Vereinigten Arabischen Emirate in den vergangenen Jahren erheblich in deutsche Kapitalgesellschaften investiert. Trotz intensiver Standortwerbung ist es uns in Deutschland noch nicht hinreichend gelungen, arabische Investoren für eine unternehmerische Aktivität hier zu gewinnen. Den für internationale Investitionen verantwortlichen Investitionsbehörden der jeweiligen arabischen Staaten ist natürlich im Hinblick auf die Renditeaussichten und die Sicherheit daran gelegen, Kapital in entsprechend bekannte "Blue Chips" anzulegen. In diesem Bereich bietet Deutschland natürlich eine hervorragende breite Anlagebasis.

Sie waren vor kurzem in Kuwait und anderen Golfstaaten. Welche konkreten Projekte wurden während dieses Besuchs angesprochen oder zustande gebracht?

Dank ihrer Öleinnahmen sind die Golfstaaten in der Lage, ihre Volkswirtschaften zu modernisieren, und sie nutzen das Kapital sehr weise. Insbesondere fließen erhebliche Mittel in den Aufbau der Infrastruktur. Dank unserer erfolgreichen Außenwirtschaftspolitk und ihrer Instrumente fanden und finden deutsche Unternehmen sehr guten Zugang zu den Märkten dieser Staaten. Deutsche Unternehmen verfügen aber auch über das dort nachgefragte Know how. Deshalb sind auch in jüngster Zeit deutsche Unternehmen in den Aufbau der Infrastruktur involviert, der neben dem Auf- und Ausbau von Verkehrswegen, Kraftwerken auch die Planung von Flughäfen und Containerhäfen beinhaltet.

Gibt es Neuigkeiten hinsichtlich des Baus eines deutschen Transrapid für die Golfregion?

Sicherlich ist das Interesse einiger Golfstaaten an der neuesten deutschen Verkehrstechnologie sehr groß. Der Transrapid bietet erhebliche Vorteile gegenüber dem konventionellen Rad-Schiene-System. Derzeit werden Studien zur Machbarkeit beziehungsweise Rentabilität verschiedener Strecken im Vergleich Rad-Schiene - Magnetschwebetechnik durchgeführt.

Kuwait ist das Partnerland des diesjährigen Deutsch-Arabischen Wirtschaftsforums. Wie bewerten Sie die wirtschaftlichen Beziehungen zu Deutschland?

Unsere wirtschaftlichen Beziehungen zu Kuwait sind seit Jahren in einer sehr guten, robusten Verfassung. Das zeigen Ihnen zum Beispiel die Handelszahlen 2005 gegenüber 2004. Gegenüber 2004 ist der deutsche Export 2005 nach Kuwait um über sieben Prozent auf 1,2 Milliarden Euro angestiegen. Wichtige Verträge wie der Investitionsschutzvertrag oder das Doppelbesteuerungsabkommen bestehen seit einigen Jahren. Sie sind die Grundlage für eine stabile Wirtschaftsbeziehung. Im Juli 2004 wurde zudem die Einrichtung einer deutsch-kuwaitischen Wirtschaftskommission vereinbart. Die bedeutenden kuwaitischen Kapitalanlagen in Deutschland zeigen letztlich auch das große Vertrauen Kuwaits in unsere gute bilaterale Wirtschaftsbeziehung.

Arabische Entscheidungsträger in Politik und Wirtschaft meinen, die Regierung Merkel zeige im Vergleich zu Schröders Regierung weniger Interesse an der arabischen Welt. Können Sie das bestätigen?

Ihre Frage kann ich beim besten Willen nicht nachvollziehen. Ich erinnere nur an meine Reise im Frühjahr nach Kuwait, Katar und in die Vereinigten Arabischen Emirate. Kurz darauf reiste der Außenminister in die Golfstaaten. Wir alle sind die Repräsentanten der Bundesregierung und somit stehen wir für den Beweis des Gegenteils. Die Bundeskanzlerin wird die bestmögliche Gelegenheit nutzen, um der Region einen Besuch abzustatten. Sie ist sich der Bedeutung der Region sehr bewusst. Gerade erst trafen der Premierminister von Kuwait und die Bundeskanzlerin hier in Berlin zu einer Unterredung zusammen.

Seit dem Start dieses Forums im Jahre 1999 klagen arabische Investoren über die Komplikationen bei der Visumerteilung durch die deutschen Botschaften in den arabischen Ländern. In diesem Jahr war es besonders schwierig, ein Visum zu bekommen. Warum unternimmt das Wirtschaftsministerium keine Initiative zur Lösung dieses andauernden Problems?

Visa-Angelegenheiten obliegen dem Auswärtigen Amt in Abstimmung mit dem Innenministerium. Das Auswärtige Amt trägt eine große Verantwortung im Hinblick auf die Vergabe von Visa. Um der gegenwärtigen schwierigen internationalen Lage und seiner Bedrohungen gerecht zu werden, ist das Auswärtige Amt zu einer sorgfältigen Vorgehensweise bei der Visavergabe verpflichtet. Dabei sind auch für ein so genanntes Schengenvisum die EU- Partner zu konsultieren. Das BMWi steht mit dem Auswärtigen Amt in ständigem Kontakt, um das Prozedere der Visaerteilung für Vertreter der Wirtschaft aus den arabischen Staaten möglichst reibungslos zu gestalten. Dabei ist seitens der Antragssteller aber auch auf eine rechtzeitige Antragsstellung vor Abreise, bei Schengenvisen cirka 14 Tage, zu achten.