1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Windenergie boomt überall

Gero Rueter16. Mai 2013

Schon 100 Länder erzeugen Strom mit Windkraft. Der Ausbau von Windenergie boomt bislang vor allem in Asien, Nordamerika und Westeuropa. Nun kommen Länder in Osteuropa und Lateinamerika hinzu.

https://p.dw.com/p/18Vt3
Zwei Männer auf einer Windgondel in Goodnoe Hills USA (copyright repower.de)
Repower Windprojekt Goodnoe Hills USABild: Dennis Schwartz

Noch nie wurden so viele Windkraftanlagen wie im vergangenen Jahr weltweit neu aufgestellt. Nach Angaben der World Wind Energy Association (WWEA) wurden 2012 Windkraftanlagen mit einer Gesamtleistung von 45 Gigawatt (GW) neu errichtet. Im Jahr zuvor hatte die neu installierte Winkraftleistung noch bei 40 GW gelegen. Am Donnerstag (16.05.2013) stellte die WWEA in Bonn ihren aktuellen Statusreport zur weltweiten Entwicklung der Windenergie vor.

Der Welt-Wind-Report beziffert die global installierte Windkraftleistung Ende 2012 auf 282 GW. Mit diesen Windanlagen wird, so Stefan Gsänger, Generalsekretär der WWEA, inzwischen rund drei Prozent des weltweiten Strombedarfs gedeckt.

Im vergangenen Jahr wurden rund 60 Milliarden Euro in Windanlagen investiert. Spitzenreiter beim Ausbau sind laut Report China und die USA. Sie bauten 2012 jeweils eine Windkraftleistung von 13 GW hinzu und sind mit einer installierten Windkraftleistung von 75 GW (China) und 60 GW (USA) die führenden Windstromproduzenten der Welt vor Deutschland auf Platz drei mit 31 GW.

Stefan Gsänger stellt in der DW den World Wind Energy Report vor
Stefan Gsänger stellt in der DW den World Wind Energy Report 2012 vorBild: DW/M. Müller

In Europa wurden im Jahre 2012 Windkraftanlagen mit einer Kapazität von zwölf GW neu aufgestellt, davon jeweils rund ein GW in Italien, Spanien, Rumänien, Polen, Schweden und Frankreich und zwei GW in Großbritannien und Deutschland. Bundesumweltminister Peter Altmaier sagt, dass der Ausbau in Deutschland in diesem und nächsten Jahr weiter kräftig zulegen wird. Er rechnet mit einem Plus von drei GW in 2013 und 4,5 GW in 2014.

Windstrom jetzt auch in Osteuropa und Lateinamerika

Der Trend zur Stromerzeugung mit Windkraft ist, so heißt es im Welt-Wind-Report, jetzt auch in Osteuropa und Südamerika deutlich sichtbar. Im Vergleich zum Vorjahr wurde der Windausbau in Rumänien, der Ukraine, Polen, Estland, Brasilien und Mexico jeweils um über 40 Prozent gesteigert. Als Gründe für den starken Zubau nennt Gsänger gegenüber der DW den günstigen Preis, die Umweltverträglichkeit und den Wunsch, mit dieser "heimischen Energie die Abhängigkeit von Energieimporten zu reduzieren."

Infografik Windenergie (Grafik: DW)

Kleinwind und Megawattklasse

Gsänger sieht beim weltweiten Ausbau vor allem zwei Tendenzen. Zum einen würden die einzelnen Anlagen immer größer und leistungsstärker, zum anderen wachse der Markt von Kleinwindanlagen, die ein Haus oder kleines Dorf versorgen. In Deutschland gibt es zudem noch den Trend, Windanlagen im Binnenland auf immer höheren Türmen zu errichten, damit sie auch mit weniger Wind noch rentabel Strom produzieren. Deutschland gilt als Vorreiter dieser Technologie, der Trend zu diesen Anlagen würde jetzt aber "auch in anderen Ländern nachvollzogen", so Gsänger.

Gsänger benennt die Kosten für eine Kilowattstunde (kWh) Windstrom an Land auf fünf bis zehn Eurocent. Dabei hält er diese Aufwendungen im Vergleich zu den anderen Energieträgern für sehr wettbewerbsfähig. "Ich denke, wenn man ein neues Kohlekraftwerk oder ein neues Atomkraftwerk baut, liegt man deutlich über der Windkraft, wenn alle Kosten berücksichtigt werden."

Infografik Stromkosten aus Großkraftwerken

Weltweit 30 Prozent Windstrom?

In den nächsten 20 Jahren ist eine Verzehnfachung der globalen Windstromproduktion nach Einschätzung von Generalsekretär Gsänger für "gut vorstellbar". Bei gleichbleibendem Strombedarf läge dann der Windstromanteil weltweit bei 30 Prozent.

Vorreiter der Windenergienuzung ist bislang Dänemark. Der Anteil von Windstrom am Strommix liegt hier bereits heute bei 28 Prozent, bis 2020 sollen es nach Regierungsplänen 50 Prozent sein. "Die Integration von so viel Windstrom im Stromnetz funktioniert ganz wunderbar, auch weil die Dänen diese Energie mit der Wärmeversorgung kombinieren", erklärt Gsänger. So wird zum Beispiel bei überschüssigem Windstrom die Energie für die Heizung im dänischen Fernwärmenetz genutzt.

Bei der Speichertechnologie sieht der Windexperte in den nächsten Jahren weltweit noch viele Entwicklungen, damit auch ausreichend Strom fließt, "wenn mal gerade wenig Wind weht."

Banken wollen sichere Einspeisetarife

Obwohl Windstrom schon heute zu den günstigsten Energien zählt, hält Gsänger weiterhin gesetzlich festgelegte Vergütung weltweit für erforderlich, damit neue Windkraftanlagen finanziert werden können. Als Beispiel nennt er die Türkei, wo die gesetzlich garantierte Vergütung unter dem Preis liegt, der an der Strombörse für den Windstrom gezahlt wird. "Diese festgelegte Vergütung ist wichtig, weil die Planer von Windparks dadurch Kredite von der Bank bekommen. Diese gesetzlich garantierte minimale Vergütung ist nötig, um Windparks zu finanzieren."

Bürger vor dem Windpark Schlalach (Foto: Erich Grabow)
Stolz auf ihren Windpark: Im ostdeutschen Dorf Schlalach profitieren alle Bürger von WindstromBild: Erich Grabow

Wem gehört der Wind?

In Mittel- und Nordeuropa hat sich inzwischen das Modell der Bürgerwindparks etabliert, in Deutschland gehören die meisten Windparks der lokalen Bevölkerung vor Ort. Für Gsänger ist die Bürgerbeteiligung ein wichtiges Element, um die Akzeptanz der Windparks zu steigern. "Befragungen zeigen, dass eine deutlichere Mehrheit Windräder gut findet und sogar noch mehr haben möchte."

Gsänger sieht ein weltweit wachsendes Interesse an Windparks mit Bürgerbeteiligung. Inzwischen habe auch ein Umdenkprozess in Ländern eingestzt, die wenig Erfahrungen der Bürgerbeteiligung haben. "Dort besinnt man sich jetzt darauf, dass die Bürger die Windräder besser finden, wenn sie wissen, dass sie selber davon profitieren."