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Zwischen Glauben und Spektakel - Ben Beckers Bibelshow

Elena Griepentrog / Ba17. Februar 2009

Der Schauspieler Ben Becker ist bekannt als Rauhbein, das sich 2007 mit Drogen beinahe selbst ins Grab gebracht hätte. Was aber animiert ihn dazu, ausgerechnet aus der Bibel eine Bühnenshow zu machen?

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Ben Becker auf der Bpühne zwischen rot gekleideten Gospel-Sängerinnen
Bibelshow mit Chorverstärkung: Ben BeckerBild: Kerstin Groh

Es riecht nach Weihrauch. Das riesige Orchester spielt wabernde Klänge, die an die Geburt des Alls erinnern. Auf der Bühne steht eine dunkelblaue Kanzel mit einem großen goldenen Kreuz darauf. Im Hintergrund eine Art Triptychon: Ein dreiteiliges Altarbild, in diesem Fall eigentlich eine Video-Leinwand, auf die kurze Filmsequenzen mit mystischen Bildern des Alltags projiziert werden. Lichtkegel schaffen das nach oben strebende Raumgefühl einer gotischen Kathedrale. Die Band trägt frech Priesterhemden, der Gitarrist sogar einen fliederfarbenen Kardinalsmantel.

Und dann kommt ER, Ben Becker, fast möchte man sagen der Hohepriester, und beginnt mit sinistrem Bass: "Am Anfang schuf Gott den Himmel und die Erde. Und die Erde war wüst und leer..." Die Show beginnt mit der Schöpfungsgeschichte, was auch sonst.

Breitbeiniger Jesus

Ben Becker in seiner Show vor einem Feuer-Triptychon
Triptychon des Höllenfeuers? Ben Beckers BibelshowBild: Kerstin Groh

Drei Stunden lang wird Becker lesen – und dies wie ein alttestamentarischer Donnerprediger mit vollem Körpereinsatz; er flucht, wütet, flüstert und greint. Von Adam und Eva über Noah, Hiob und Jona bis schließlich zum neuen Testament mit den Christus-Geschichten. Selbst der fast immer sanft und gütig dargestellte Jesus kommt bei Becker als breitbeiniger Kerl daher. Das Orchester untermalt die dramatische Lesung mit einer Art Filmmusik. Zwischendurch greift Becker selbst zum Mikrofon und gibt einen passenden Song zum besten. Oder er spricht Bibelstellen zum Pop-Sound seiner Band.

Der Schauspieler kam über einen Umweg zur Idee, die Bibel als Show zu präsentieren – durch die Nummer "He’s alive" der Country-Sängerin Dolly Parton. Becker wollte den Song unbedingt einmal singen, und so befasste er sich mit dem Inhalt: der Auferstehung. "Und dann habe ich halt irgendwann zu Hause die Bibel rausgeholt und da mal reingeguckt", sagt er. Allerdings ging es ihm nicht in erster Linie um Glauben, sondern um Geschichten. Literatur wollte er erzählen.

Keine Bekehrung

Filmstill aus dem Film "Sass" - Ben Becker und Jürgen Vogel im Auto sitzend
Nicht unbedingt bibelfest: Ben Becker (l.) als Panzerknacker im Film "Sass" - mit Jürgen VogelBild: AP

Becker selbst wuchs in einer völlig unreligiösen, eher sozialistisch geprägten Schauspieler-Familie in Bremen und Berlin auf. Und so ist es auch nicht seine Absicht, jemanden zu bekehren. Die Leute sollen nach der Show vor allem glücklich nach Hause gehen, sagt er. Und doch gibt es sie, die religiösen Momente, mitten in der Show im Berliner Unterhaltungstempel Tempodrom. Wenn Becker das Vaterunser liest, läuft es vielen Zuschauern eiskalt den Rücken herunter. Manche kommen gar nicht umhin, mitzubeten.

Als gläubiger Christ sieht sich Becker dennoch nicht. Oder jedenfalls noch nicht. Doch die Frage "Was ist Gott?" beschäftigt ihn nach wie vor. „Ich habe mit Pfarrern und Mönchen gesprochen, die sagten: Wenn man sich auf diesen Weg begibt, das heißt, die Frage nach Gott zu stellen, ist man Gott so nahe, wie man ihm überhaupt nur nahe sein kann. Ich nehme das alles sehr, sehr ernst, ich hätte nie gedacht, dass mich das – in meiner Weltanschauung – so trifft und mich so interessiert.“

Die Bibel fasziniert

Ben Becker auf der Kanzel in seiner Bühnenshow
... und trotzdem auf der Kanzel...Bild: Kerstin Groh

Die rund 3000 Zuschauer im Tempodrom sind begeistert. Beeindruckend, ergreifend, mystisch, das sind wohl die häufigsten Beschreibungen, die bei einer kleinen Umfrage im Publikum zu hören sind. Allerdings – ohne Ben Becker wären wohl Viele nicht hier. Denn bibelfeste Christen oder gar gläubige Kirchgänger sind hier die Wenigsten. Kirchenfeindlich aber auch nicht. Die viel beschworene Renaissance der Religion scheint hier mit den Händen greifbar. Die Bibelgeschichten faszinieren die hartgesottenen Großstädter. Weil sie schon so lange bestehen, sagen manche. Oder weil sie so allgemein gültig sind, für gläubige wie für nicht-gläubige Menschen.

Ben Becker ist ohne Zweifel ein Theatermensch mit viel Sinn für dramaturgische Effekte. Und doch scheint es ihm ernst zu sein mit der Bibel und dem Glauben. Nicht zuletzt das kantige Lutherdeutsch gibt der Show ihr ganz besonderes, fast schon exotisches Gesicht. Oder, wie Regisseur Johannes Grebert es augenzwinkernd ausdrückt: "Die Show ist für mich eine schöne Mischung aus Lesung, Las Vegas Show und Messe."