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Gipfel mit regionalem Anstrich

Gérard Foussier29. Oktober 2003

Mit dem französisch-deutschen Gipfel in der Provinzstadt Poitiers (27./28.10.) öffnet sich eine neue Variante der bilateralen Zusammenarbeit, die auf regionaler Ebene. Nur: Wie vergleicht man Äpfel und Birnen?

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Futuristisches in der Provinz:<br>die Gipfelstadt Poitiers

2003 begann mit einem Jubiläum am 22. Januar: Vierzig Jahre nach der historischen Unterzeichnung des Elysée-Vertrags, der 1963 die Versöhnung zwischen den früheren Erbfeinden besiegelt hatte, drohte die Freundschaft zur Routine zu werden.

Neue Qualität der Zusammenarbeit

Das Bilaterale bekam aber einen internationalen Anstrich, als Paris unerwartet, aber dezidiert, Position gegen die Amerikaner in der Irak-Krise bezogen und dadurch die deutsche Außenpolitik aus einer drohenden Isolierung gerettet hatte. Dann überraschten beide Länder mit einer unkonventionellen Entscheidung am 17. Oktober, als Staatspräsident Jacques Chirac auf europäischem Parkett auch im Namen des deutschen Bundeskanzlers das Wort ergriff.

Zwar hatte Gerhard Schröder einen zwingenden Grund, in Berlin bleiben zu müssen, weil wichtige Reformen vor dem Bundestag anstanden; zwar boten die Meinungen zwischen Paris und Berlin über die zukünftige Verfassung Europas seit langem keinen Streit mehr. Trotzdem: So weit waren beide Länder noch nicht gegangen und manche warten nun auf die passende Gelegenheit, den deutschen Bundeskanzler als französischen Staatspräsidenten zu erleben.

Regionalisierung und Föderalismus

In Poitiers geht es um etwas anderes – um die Zusammenarbeit auf regionaler Ebene, wozu ein Bundeskanzler eigentlich wenig zu sagen hat, denn es ist in Deutschland Ländersache. Frankreich spricht von einer notwendigen Regionalisierung des Landes, meint aber eine Dezentralisierung, was in Deutschland wie ein Fremdwort klingt, und er meidet das unbeliebte Wort Föderalismus. Das französische "fédéral" hat wenig mit dem deutschen Föderalismus zu tun. Und die 22 französischen Regionen haben mit den 16 deutschen Bundesländern wenig gemeinsam. Allein deswegen sind Kooperationsmodelle schwierig zu definieren, solange nicht Deutsche und Franzosen, wenn schon nicht mit einer Sprache, zumindest mit einer Zunge sprechen können.

Vielleicht werden beide Delegationen wieder einmal unterstreichen müssen, wie wichtig es wäre, das Erlernen der Nachbarsprache ernsthaft zu fördern – damit beide Völker, vor allem auf regionaler Ebene, endlich wissen, im welchen Rahmen sie zusammenarbeiten können, ohne dabei Gefahr zu laufen, deutsche Äpfel mit französischen Birnen zu vergleichen.