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Politik

Gipfel-Hoffnungen bei Grenzbewohnern Südkoreas

Fabian Kretschmer
25. April 2018

Es ist nicht viel los in den Dörfern auf der Südseite der der innerkoreanischen Grenze. Aber trotzdem regt sich auch dort Optimismus angesichts der überraschenden Gipfeldiplomatie. Fabian Kretschmer aus Südkorea.

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Korea: Nord- Süd Gipfel Dessert zeigt vereinigtes Korea
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Bild: South Korean Government Handout

Als die erste Mörsergranate in der Ferne explodiert, gefolgt von einer langanhaltenden Maschinengewehrsalve, verzieht Jang Seok-gwon keine Mine. "Die Armee hat hinter dem Berg einen Schießstand, Militärübungen gehören für uns zum Alltag", sagt der 64-Jährige stoisch. Herr Jang ist Bürgermeister von Myeongpa-ri, dem nördlichsten Dorf in Südkorea. Nur wenige hundert Meter weiter schlängelt sich die innerkoreanische Grenze durch die malerischen Gebirgszüge der Ostküste.

Südkorea - Jang Seok-gwon , Bürgermeister von Myeongpa-ri
Bürgermeister JangBild: DW/F. Kretschmer

Noch vor zehn Jahren florierte das Dorfleben in Myeongpa-ri, Fischrestaurants säumten die Hauptstraße. Interessierte aus allen Teilen Koreas strömten in den Grenzort. Dann jedoch verschärfte der Nordkorea-Konflikt zusehends und die Besucher blieben aus. Seither erschweren immer neue Militärbestimmungen den Alltag der rund 300 Bewohner: regelmäßige Evakuierungsübungen, eine Sperrstunde ab acht Uhr abends, langwierige Passkontrollen an den Checkpoints. "Fast alle Familien sind mittlerweile in die Städte gezogen, zurück blieben nur die Senioren", sagt Bürgermeister Jang. "Unsere Hoffnung liegt nun auf den kommenden Gesprächen mit Nordkorea. Wir haben es satt, in ständiger Anspannung leben müssen".

Nur die Alten verbindet noch etwas mit der Herkunft aus dem Norden

Südkorea - Park Gyeong-suk aus dem Abai-Dorf
Park: "Heimat nur ein Fußmarsch entfernt"Bild: S. Varivoda

Auch Park Gyeong-suks Leben ist zutiefst mit der Teilung des Landes verknüpft. Geboren wurde sie nördlich des 38. Breitengrads, doch während des Kriegs floh die Familie vor den chinesischen Soldatentruppen in den Süden. An diesem frühlingshaften Vormittag sitzt die 72-Jährige auf einer Holzbank vor ihrem Restaurant, serviert wird die lokale Spezialität "Sundae”, eine Art Blutwurst. Park wohnt im Abai-Dorf ("Dorf der Väter") an der Ostküste. Vor 70 Jahren haben sich hier rund 4.000 Nordkoreaner angesiedelt, um ihrer Heimat möglichst nahe zu sein. Die viel zu engen Gassen und provisorisch wirkenden Hütten zeugen noch davon, dass niemand der Bewohner vorhatte, für ewig zu bleiben. Mittlerweile sind nur mehr wenige Dutzend aus der ersten Dorfgeneration am Leben.

"Meine Eltern redeten bis zu ihrem Tod von ihrem Heimatdorf, den Bergen und den Bächen. Ich konnte regelrecht spüren, wie sehr sie ihre Heimat vermissten", sagt Park. Als Kind wuchs sie in der Armut des Nachkriegskoreas auf, durchwühlte mit ihren Freunden die Mülltonnen des benachbarten US-Militärstützpunkts nach Essensresten und Süßigkeiten."Ich selbst träume manchmal noch davon, nach Nordkorea zu gehen. Meine Heimat ist im Prinzip nur ein Fußmarsch entfernt", sagt sie. Die Generation ihrer Kinder hingegen fehle der emotionale Bezug zum Norden: "Die wissen zu wenig, oder interessieren sich nicht dafür."

Optimismus im Süden mit Blick auf die kommenden Treffen

"Nordkorea und die USA misstrauen sich zutiefst. Südkorea hat sich als Vermittler eine wichtige Rolle in dem Konflikt zurückgeholt”, sagt Cheong Seong-chang, politischer Berater von Präsident Moon. Seine Regierung hat bereits verlautbart, dass Nordkorea bereit sei, sein Nuklearprogramm komplett abzurüsten. Ebenso werden sie nicht darauf bestehen, dass die fast 30 Tausend US-Streitkräfte aus dem Süden abziehen müssen. Gute Nachrichten - jedoch mit einem bitteren Beigeschmack: Nordkoreas Staatsmedien selbst haben sich dazu noch nicht geäußert.

Dennoch ist Regierungsberater Cheong guter Dinge, dass die politische Annäherung schnell voranschreiten wird: "Nordkoreas Denuklearisierung sollte noch in Trumps Legislaturperiode abgeschlossen werden”. Wenn Nordkorea im nächsten Jahr etwa die Hälfte seines Atomarsenals vernichten würde, könnte man eine Lockerung der Sanktionen in Aussicht stellen. Träumt Seoul gar von einer möglichen Wiedervereinigung? "Dafür ist es noch viel zu früh, darüber zu reden. Was jedoch möglich ist: den Handel und Austausch zu verstärken".

Woo Gye-geun
Woo Gye-geun, Leiter des innerkoreanischen Transitbüros, hofft auf Öffnung von Handel und Tourismus Bild: Fabian Kretschmer

Der Geisterbahnhof an der Grenze

Wie dies ausschauen könnte, lässt sich am innerkoreanischen Transitbüro nahe der Ostküste erfahren: Ein gläserner Bahnhof wurde hier während der "Sonnenscheinpolitik” nach der Jahrtausendwende in die unberührte Landwirtschaft der entmilitarisierten Zone gebaut. Stolze 13 Millionen Dollar zahlte der südkoreanische Steuerzahler für den futuristischen Prachtbau. Der geflieste Boden in der überdimensionalen Wartehalle glänzt im Sonnenlicht der Abendsonne, die Wände riechen frisch gestrichen. Die gespenstische Stille verrät jedoch: In den letzten Jahren hat bis auf die uniformierten Soldatenpatrouillen praktisch niemand die Metalldetektoren des Grenzübergangs passiert.

"Momentan warten wir nur die Anlagen, aber zwischen 2003 und 2008 sind hier fast zwei Millionen Südkoreaner Richtung Norden gereist”,  sagt der Leiter des Transitbüros, Woo Gye-geun. "Im Grunde ist ja alles noch intakt. Wenn die Order von oben kommt, können hier in einem Monat wieder Züge fahren”.