1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Gigant im All

1. März 2002

Er wiegt mehr als acht Tonnen, kostet mehr als zwei Milliarden Euro und soll wertvolle Daten über Treibhauseffekt und Ozonloch liefern: "Envisat", der größte jemals in Europa gebaute Satellit ist ins All gestartet.

https://p.dw.com/p/1tGK
Koloss mit der Mission zur Überwachung von UmweltsündenBild: AP

Mit Hochspannung fieberten Techniker und Wissenschaftler dem Start entgegen, der für heute Morgen (1. März 2002) um 2.07 Uhr vorgesehen war. Pünktlich schoss der Umweltsatellit vom Weltraumbahnhof Kourou in Französisch-Guyana aus ins All. Eine Trägerrakete des Typs "Ariane-5" beförderte den acht Tonnen schweren Koloss in den Orbit.

Freude nach Misserfolgen

Damit "Envisat" auf den Punkt genau startbereit war, arbeiteten rund 50 Mitarbeiter über Wochen tagtäglich im Zweischichtbetrieb. Die Freude über den Erfolg des jetzigen Starts ist um so größer, ist doch die letzte Mission der Trägerrakete "Ariane-5" gescheitert. Verunreinigte Treibstoffleitungen führten im Juli letzten Jahres dazu, dass zwei Satelliten nicht in der vorgesehenen Umlaufbahn ausgesetzt wurden. Es war bereits die zweite schwere Panne der "Ariane-5" nach dem spektakulären Totalverlust beim Jungfernflug 1996. Ein erneuter Misserfolg wäre ein folgenschwerer Rückschlag für die europäische Raumfahrt gewesen.

Größter europäischer Hoffnungsträger im All

Die Europäer benötigen die Rakete mit der größeren Nutzlast dringend. Sie soll auf dem erbittert umkämpften Satellitenmarkt Ende 2002 ihre in die Jahre gekommene Vorgängerin "Ariane-4" endgültig ablösen. "Wir werden zeigen, dass wir mit der "Ariane-5" ein Arbeitstier haben, das allen Anforderungen gewachsen ist", erklärt die Betreibergesellschaft Arianespace, die im letzten Jahr wieder einmal rote Zahlen schrieb. Auch die Europäische Raumfahrtagentur ESA versicherte nach umfangreichen Tests in Deutschland, dass sich eine Pleite wie im letzten Sommer nicht wiederholen werde.

Mindestens fünf Jahre lang soll der mit entfalteten Sonnensegel 25 x 7 x 10 Meter messende "Dinosaurier" nun in 800 Kilometer Höhe alle 100 Minuten die Erde umrunden. Gesteuert wird die Mission vom Kontrollzentrum in Darmstadt. Mit seinen zehn Bordinstrumenten stellt der Satellit "in Europa das bisher umfassendste Spektrum an weltweiten Beobachtungsdaten über unseren Planeten zur Verfügung", heißt es beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR).

Überwachung des Kyoto-Protokolls

"Envisat" sammelt Daten über die Atmosphäre, polare Eisregionen, Ozeane und Landflächen. Bessere Prognosen über den Abbau der Ozonschicht und die Auswirkungen des Klimawandels verspricht sich Europa von der Auswertung der Daten. Sogar die Einhaltung des Kyoto-Protokolls könnte der Umweltsatellit überwachen. Denn - wie das Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) betont - ermöglicht er erstmals direkte Messungen des atmosphärischen Kohlendioxids aus dem Weltraum. Zudem ortet er Brandherde im Regenwald und könnte bei Naturkatastrophen die Einsatzkräfte überall auf der Welt mit wichtigen Daten versorgen.

Der deutsche Beitrag

"Wir werden aus dem Weltall die Umweltsünden auf der Erde
ziemlich genau erkennen können", verspricht Bundesforschungsministerin Edelgard Bulmahn. Deutschland ist einer der wichtigsten Partner des 14-Länder-Projekts. Berlin beteiligte sich mit mehr als 500 Millionen Euro und das Unternehmen Astrium in Friedrichshafen ist einer der Hauptauftragnehmer. Die Universität Bremen und das Forschungszentrum Karlsruhe haben die wissenschaftliche Leitung von zwei Instrumenten.

Und weil Geld bekanntlich nicht auf der Straße liegt, ist noch weiteres mit "Envisat" geplant: Aufgearbeitete Daten aus dem Weltraum könnten zur Planung der Standorte von Mobilfunksendern eingesetzt werden, so Wissenschaftler des DLR. Dem Trend zur Kommerzialisierung der Raumfahrt verschließt sich auch "Envisat" nicht. (cg)