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Giftige Geschenke

11. Dezember 2009

Je quietschiger, desto besser? Von wegen: Je quietschiger eine Plastikente oder Fahrradhupe, desto gefährlicher! Davor warnen zumindest deutsche Behörden erneut - mitten in der Haupteinkaufszeit für Weihnachtsgeschenke.

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Quietscheente unterm Tannenbaum (Fotomontage: DW)
Was Kinderaugen strahlen lässt, ist in manchen Fällen auch krebserregendBild: DW Montage/Prisac CC BY-SA

Viele Kinderspielzeuge sind voll von Weichmachern, die im Verdacht stehen, Krebs zu erregen. Seit einem Jahr gilt in der EU eine Richtlinie, die den Anteil dieser Stoffe begrenzt. Aber diese Regelungen schützten die Gesundheit der Kinder nicht, mahnen die Behörden. Daher fordert die deutsche Politik jetzt von der EU strengere Regelungen für Spielzeug - und zwar dringend.

Augen auf beim Geschenke-Kauf

verschiedene Barbie-Puppen (Foto: AP)
Auch in Plastikpuppen stecken oft zu viele giftige WeichmacherBild: AP

Besonders die Gummianteile von Plastikpuppen und anderem Spielzeug für Kinder sind giftig. So genannte polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe, kurz PAK, sorgen dafür, dass das Gummi weich wird. Aber seit Monaten warnen Behörden: Was lustig quietscht, kann giftig sein, das Erbgut schädigen und Krebs erregen.

"Wir haben eine Vielzahl an Produkten im Handel entdeckt, bei denen wir sehr, sehr hohe Mengen an PAK gefunden haben und die als gefährlich einzustufen sind", sagt Ralf Dieckmann vom TÜV Rheinland. Gerade schwarze Gummiteile enthalten Weichmacher oftmals in hohen Konzentrationen. Hier machen Öle aus Kokereien den Kautschuk weich und färben ihn zugleich dunkel. Das ist kostengünstig für die Hersteller, gefährdet aber Kinder.

Kinderspielzeug giftiger als Autoreifen

Alte Autoreifen kettenartig gestapelt (Foto: picture alliance/Helga Lade Foto)
Statt auf Kinderspielzeug könnten Kinder ebenso gut auf Autoreifen herumkauenBild: picture-alliance / Helga Lade Foto

Andreas Hensel ist der Präsident des Bundesinstitutes für Risikobewertung. Sein Institut kritisiert: Die gültigen Richtlinien der EU lassen in Spielzeug eine 1000 Mal höhere PAK-Konzentration zu als in Autoreifen. Kinder aber reagieren empfindlicher auf Chemikalien als Erwachsene. Und: Sie kommen häufiger mit den gefährlichen Weichmachern in Kontakt. Denn im Durchschnitt spielten Kinder bis sechs Jahre 15.000 Stunden im Jahr. "Wenn sie lange genug mit entsprechendem Spielzeug spielen, nehmen sie mehr PAK auf als wenn sie mitrauchen würden, wenn Erwachsene 20 bis 40 Zigaretten am Tag rauchen", so Andreas Hensel.

Zahl krebskranker Kinder hat sich in 30 Jahren verdoppelt

Seit 1980 haben sich Krebserkrankungen von Kindern um 50 Prozent erhöht. Die Forscher glauben: Ein Grund dafür bestehe in den laxen PAK-Grenzwerten. Sie fordern deshalb von der EU, dass für Spielzeug die gleichen Schadstoff-Vorschriften gelten wie für Lebensmittel. Die Bundesverbraucherministerin schließt sich dem an. Ilse Aigner (CSU) sieht dringenden Handlungsbedarf - notfalls mache Deutschland einen Alleingang, was die Richtlinien angeht: "Der letzte Schritt wäre ein Importverbot, also das Ziehen einer Schutzklausel. Aber vorher werden wir alles in Bewegung setzen, um die Grenzwerte zu reduzieren."

Ein nationales Verbot von möglicherweise krebserregenden Stoffen aber ist schwierig. Unsichere Produkte können oft nur durch Stichproben aufgespürt werden. Erst dann können sie vom Markt genommen werden. Die Bundesverbraucherministerin kritisiert, sie habe den EU-Industriekommissar Günter Verheugen mehrfach aufgefordert, die Grenzwerte für giftige Stoffe in Kinderspielzeug zu erhöhen - doch bislang gab es keine Reaktion.

Autorin: Nina Haase
Redaktion: Julia Elvers-Guyot