Berlinale-Bären
6. Februar 2009Es sei ein schönes Gefühl, den Bären in die Hand zu bekommen, erzählen die meisten Stars, die einmal den Berliner Filmpreis gewonnen haben. Wenn sie über die erste Begegnung mit dem Bären reden, dann kommen oft Wörter wie "Nervosität", "Schweißausbrüche" und "zitternde Hände" vor. Doch für den Bären selbst sind zitternde Hände kein neues Erlebnis. Denn dort wo die Bären herkommen, in der Berliner Bildgießerei Hermann Noack, ist es am Morgen des Verleihungstags, also am 14. Februar, immer sehr hektisch. Hermann Noack und seine Mitarbeiter erfahren jedes Jahr als erste die Namen der Gewinner unter den Stars. Um sieben Uhr früh werden ihnen die Namen der Gewinner mitgeteilt, die so schnell wie möglich in die Sockel der Trophäen eingraviert werden müssen und anschließend versilbert oder vergoldet werden.
Der Bär kommt aus Friedenau
Doch der Senior-Chef der Gießerei im Berliner Stadtteil Friedenau Hermann Noack ist diese Hektik gewohnt. Seit der ersten Verleihung vor 58 Jahren erhält sein Unternehmen jedes Jahr den Auftrag, die Berlinale-Bären anzufertigen. 1951 bekam die Berliner Bildhauerin und Grafikerin Renée Sintenis den Auftrag, die Trophäe für die neu ins Leben gerufenen Berliner Festspiele zu gestalten. Sie entwarf den Bären und wandte sich an die Gießerei ihres Vertrauens: an Hermann Noack den Vater des heutigen, gleichnamigen Senior-Chefs der Berliner Gießerei, der sich selbst Hermann Noack III. nennt. Seitdem können die Noacks den Berlinale-Auftrag jedes Jahr einplanen. "Wir haben schon hunderte Bären hergestellt", sagt er.
Familienunternehmen mit Tradition
Zusammen mit seinem Sohn Hermann Noack IV. leitet Noack III. den über hundert Jahre alten Familienbetrieb, den sein Großvater Hermann Noack I. 1897 gegründet hatte. Der Bezug der Gießerei zur Kunst, beschränkt sich nicht auf den Berlinale-Bären. In der Firmengeschichte hatten die Noacks immer wieder Aufträge von Künstlern bekommen. In der vierten Generation arbeiten sie mit Künstlern zusammen, die in dem Unternehmen ihre Skulpturen gießen lassen. Käthe Kollwitz, Henry Moore, Anselm Kiefer und Joseph Beuys gehörten schon zu ihren Kunden.
Der erste Bär, den die Noacks aus der von Renée Sintinis geschaffenen Skulptur angefertigt haben, wird jedes Jahr im Oktober oder November, nach dem Sommerschlaf, aus dem Keller geholt. Er dient als Modell für die Erzeugung neuer Bären. Im Sandguss-verfahren werden dann die Trophäen hergestellt. Nach dieser Phase erfolgen noch einige Arbeitsschritte, bis die Bären so aussehen, wie wir sie von den Bildern der Berlinale kennen.
Es geht um Kunst
Die Herstellungskosten verrät Hermann Noack III. nicht. Die Bären fertigen die Noacks vor allem wegen des Prestiges und der Tradition. Für ihn sind sie sogar wertvoller als die begehrteste Film-Auszeichnung der Welt. Im Gegensatz zum "Oskar" sei der Berliner- Bär ein echtes Kunstgegenstand, sagt der Senior- Chef. Und der Bär freut sich wieder darauf, als erster zu wissen, wessen Hände am 14. Februar zittern dürfen. (kek)