Die Wogen glätten
3. September 2009Schwitzen, schwitzen, schwitzen – Dauerlauf, Sprints und Fitness-Test, statt lockerem Training mit dem Ball. Wer von den 23 eingeladenen Spielern gedacht hatte, er könne sich während der Bundesligapause bei der Fußball-Nationalmannschaft ein wenig ausruhen, der sah sich getäuscht. Bundestrainer Joachim Löw hatte sich einiges für seine Schützlinge ausgedacht, um für das Freundschaftsspiel gegen Südafrika am Samstag (05.09.2009) und für das WM-Qualifikationsspiel gegen Aserbaidschan am Mittwoch (09.09.2009) gewappnet zu sein.
Löw ist froh, die Spieler erstmals seit einem halben Jahr wieder für einen Zeitraum von zehn Tagen unter seinen Fittichen zu haben. "Es tut uns gut, dass wir mal wieder länger zusammen sind", sagt er. Nach den durchwachsenen Leistungen in den zurückliegenden Länderspielen will er die Zeit für intensives Training nutzen, damit die Leistungskurve einen Monat vor dem wohl entscheidenden WM-Qualifikationsspiel um den Gruppensieg am 10. Oktober in Russland wieder nach oben zeigt. "Wir müssen daran arbeiten, Automatismen einzustudieren und mehr Harmonie in die Mannschaft zu kriegen", fordert Löw.
Zählt wirklich das Leistungsprinzip?
Der Knackpunkt könnte das Thema Harmonie werden. Alles andere als harmonisch lief die jüngste Kaderbekanntgabe ab. Löws Spielerauswahl rief bei vielen Experten und Betroffenen Verwunderung hervor. Die Bremer Fraktion war sauer, weil Torhüter Tim Wiese nicht nominiert wurde, die Leverkusener weil Löw nicht an Stürmer Stefan Kießling gedacht hatte. Jetzt reagierte Löw auf die zunehmende Einmischung der Bundesligaclubs in seine Personalauswahl. "Das ist über das Ziel hinausgeschossen", konterte der 49-Jährige die Kommentare. "Wir haben alle Personalentscheidungen der Vereine, der Manager und der Trainer absolut respektiert. Diesen Respekt erwarten wir genauso, was unsere Entscheidungen betrifft", sagte Löw.
Das Leistungsprinzip und der Konkurrenzkampf stünden in der Nationalmannschaft immer an erster Stelle. "Wir entscheiden nicht nach Vereinszugehörigkeit und Emotion." Die Marschroute gebe allein er mit seinem Trainerstab vor: "Wir haben einen ganz klaren Plan."
Löw glaubt an Klose und Poldi
Dass Kießling (vier Saisontore) aktuell ein Hoch hat, während der bei Bayern München auf die Ersatzbank geratene Miroslav Klose und der mit dem 1. FC Köln fehlgestartete Podolski im Verein Frust schieben, ist für Löw kein Gradmesser. "Wir wissen, was Miro Klose für Deutschland geleistet hat", betonte er. Und Podolski sei gerade bei den großen Turnieren "ein mitentscheidender Spieler" gewesen. Mario Gomez und der Stuttgarter Cacau, der auf der Asienreise und beim 2:0 in Aserbaidschan einen "guten Eindruck" hinterlassen habe, komplettieren die Offensive. "Die vier Stürmer reichen", so Löw weiter.
Zumindest eine vorläufige Entscheidung ist auch auf der Torhüter-Position gefallen. In Leverkusen wird René Adler gegen Südafrika ran dürfen. "Ich bekomme meine nächste Bewährungsmöglichkeit und will dem Bundestrainer zeigen, dass er sich hundertprozentig auf mich verlassen kann", sagte der 24 Jahre alte Schlussmann. Mehr ist aktuell für ihn nicht drin, denn Joachim Löw hat Robert Enke vorerst bis Ende des Jahres zur Nummer 1 erklärt.
"Entscheidend für die Zukunft des deutschen Fußballs"
Nach der Festlegung auf Enke als Torwart auch im Russland-Spiel wird in Abwehr, Mittelfeld und Angriff noch heftig um die Plätze für Moskau gerangelt. "Wir haben das vor Augen, dass unser 2:0 zuletzt in Aserbaidschan noch nicht 1a war", sagte Per Mertesacker. Nicht nur der Abwehrchef weiß, was im Endspurt um die WM-Teilnahme 2010 in Südafrika auf dem Spiel steht: "Die nächsten Wochen werden entscheidend sein für die Zukunft des deutschen Fußballs."
Bevor in der WM-Quali die Zukunft auf dem Spiel steht, wartet der Test gegen Südafrika. Hier könnte der Name Programm werden, denn Löw hat bereits angekündigt am Samstag in Leverkusen gegen den WM-Gastgeber personell einiges ausprobieren zu wollen. "Es ist durchaus möglich, dass es das eine oder andere Experiment geben wird", so Löw vielsagend. Wehe die Experimente gehen schief, dann wird die Debatte wieder losgehen: Hätten Kießling und Wiese dem Team nicht doch gut getan?
Der Fahrplan der Deutschen im Überblick:
Deutschland - Südafrika in Leverkusen (05.09.2009)
WM-Qualifikation: Deutschland - Aserbaidschan in Hannover (09.09.2009)
WM-Qualifikation: Russland - Deutschland in Moskau (10.10.2009)
WM-Qualifikation: Deutschland - Finnland in Hamburg (14.1.0.2009)
(bw/sn/sid/dpa/ots)