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Gewappnet für alle Fälle

Sabine Kinkartz15. Februar 2003

Rohstoffarme Länder wie Deutschland sind stark auf Öl-Importe angewiesen. Vor dem Hintergrund eines drohenden Irakkrieges und drastisch gestiegener Ölpreise stellt sich die Frage: Wie sicher ist die Versorgungslage?

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Lebensader Öl-armer RegionenBild: AP

Rund neun Millionen Tonnen Rohöl führt die Bundesrepublik pro Monat ein; im vergangenen Jahr waren es insgesamt knapp 105 Millionen Tonnen. Damit deckte Deutschland etwa 98 Prozent seines Mineralölbedarfs auf dem internationalen Markt. Dazu kamen noch rund 35 Millionen Tonnen Mineralölprodukte, wie Benzin, leichtes und schweres Heizöl, Flüssiggas, Kraftstoff für Flugturbinen und ähnliches.

Im vergangenen Jahr sind die Preise dieser Einfuhren gestiegen. Im Dezember 2002 lag der Ölpreis mit 204 Euro pro Tonne um mehr als ein Drittel höher als ein Jahr zuvor. Während die Autofahrer an der Tankstelle jeden Tag ein wenig mehr stöhnen, beobachtet die deutsche Industrie die steigenden Preise freilich noch mit einer gewissen Gelassenheit wie Wolfgang Mülkens, Energie-Experte beim Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI), erklärt: "Ganz generell hat die Industrie ihre Hausaufgaben auf diesem Gebiet gemacht. Wenn man bedenkt, dass die Industrie in den siebziger Jahren noch zu 30 Prozent vom Öl abhängig war, so ist es inzwischen sehr reduziert." Das liege einmal daran, dass die Industrie insgesamt Energie eingespart habe und dadurch natürlich auch Öl spare. Auf der anderen Seite sei die Industrie den Weg der Substitution gegangen, das heißt, dort wo viel Öl eingesetzt worden ist, wird heute Gas eingesetzt und bestimmte Prozesse werden auch mit Strom betrieben.

Konjunkturängste

Über die nationale Ökosteuer mache man sich weitaus mehr Gedanken, sagt Mülkens, denn die international steigenden Ölpreise träfen schließlich jeden, auch die ausländische Konkurrenz. Volkswirtschaftlich gesehen hört die Gelassenheit aber auch beim BDI auf. Hohe Ölpreise drücken auf die Konjunktur und die läuft bereits jetzt schon schlecht genug. Energie-Experte Mülkens hat aber Hoffnung: "Ich erwarte nicht, dass die Ölpreise noch sehr viel weiter steigen werden. Denken Sie an den letzten Krieg im Nahen Osten, denken Sie an die Kuwait-Krise, im Vorfeld der Krise sind die Preise sehr stark angestiegen, bei Ausbruch der Kampfhandlungen gingen sie sehr schnell wieder zurück."

Von einer Öl-Krise kann derzeit noch keine Rede sein. Sollte es eine geben, dann ist die Bundesrepublik aber gut vorbereitet. Bereits 1966 wurden bundesweit die ersten Öl-Vorräte angelegt. Im Zuge der Ölkrise in den siebziger Jahren erließ 1978 die damalige Bundesregierung das Erdölbevorratungsgesetz und rief den Erdölbevorratungsverband, eine Körperschaft des öffentlichen Rechts mit Sitz in Hamburg ins Leben. Alle Hersteller und Importeure von Mineralölprodukten sind Zwangsmitglieder in diesem Verband und müssen Vorräte halten, die einem kompletten Nettoölimport von 90 Tagen entsprechen. Die Kosten dafür trägt der Verbraucher. Die Vorräte müssen so gelagert sein, dass sie bundesweit kurzfristig zur Verfügung stehen.

Vorräte reichen

"Man muss allerdings sehen, dass wir durch die Bevorratung doch einen sehr langen Zeitraum überbrücken können", sagt Mülkens. "Es ist ja nicht davon auszugehen, dass plötzlich alle Rohölströme versiegen, sondern allenfalls ein kleiner Teil und die Bevorratung, die ja bei deutlich über 90 Tagen liegt, deckt ja dann nur diesen begrenzten Teil ab, so dass tatsächlich die Vorräte wesentlich länger reichen würden."

Im Zuge der Ölkrise der siebziger Jahre wurde in Deutschland aber auch über die Importstruktur nachgedacht. Immerhin stammten 1974 noch über 95 Prozent der deutschen Rohölimporte aus OPEC-Staaten. Heute sind es nur noch 22 Prozent des Rohöls, der größte Teil der deutschen Importe stammt aus der Nordseeregion und Russland.