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Gewaltsame Proteste gegen Mursi

24. November 2012

Der Griff des ägyptischen Präsidenten nach fast unbegrenzter Macht spaltet das Land. Nach Straßenschlachten zwischen Gegnern und Anhängern des islamistischen Staatschefs dauern die Proteste an.

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Wütende Demonstranten setzen ein Büro der Muslimbruderschaft in Brand (Foto: AP)
Bild: AP

Nach den Massenprotesten in Ägypten geht die Konfrontation zwischen den machtbewussten Islamisten und den oppositionellen Liberalen auch an diesem Samstag weiter. Die Polizei setzte abermals Tränengas ein, um die Gegner von Präsident Mohammed Mursi vom Kairoer Tahrir-Platz zu vertreiben. Nach Angaben von Augenzeugen hatten Hunderte von Demonstranten die Nacht auf dem Platz ausgeharrt. Dort, im ehemaligen Zentrum des "arabischen Frühlings" in Ägypten, hatten nach dem Freitagsgebet Zehntausende Menschen gegen die Dekrete Mursis demonstriert, die ihn ihrer Ansicht nach zu einem neuen Autokraten machten.

Ein neuer "Pharao"

Das Vorgehen des Präsidenten nannten die Protestierenden einen Staatsstreich. Sie verglichen Mursi mit dem ehemaligen Machthaber Husni Mubarak. Er gebärde sich wie ein "neuer Pharao". In Sprechchören verlangten die Demonstranten seinen Rücktritt. Die Polizei setzte Tränengas gegen die Menge ein. Vor dem Präsidentenpalast versammelten sich dagegen Muslimbrüder und andere Islamisten zu einer Solidaritätskundgebung für den Staatschef. Sie bejubelten Mursi und riefen: "Das Volk will die Einführung der Scharia."

Weiter Proteste in Kairo

Ausschreitungen gab es nach dem Freitagsgebet vor einer Moschee in Alexandria. Dort bewarfen Tausende Demonstranten beider Lager einander mit Steinen. Zu ähnlichen Auseinandersetzungen kam es in den Städten Assiut und Gizeh. In mehreren Städten zündeten Demonstranten Büros der Partei der Muslimbruderschaft an, der Mursi nahesteht.

Der im Juni gewählte Präsident hatte sich am Donnerstag im Alleingang überraschend weitreichende Machtbefugnisse gesichert. Mit einer Reihe von Verfassungszusätzen entzog er sich faktisch jeder Kontrolle durch die Justiz und machte seine Entscheidungen als Staatschef für Gerichte unantastbar. Vor Teilnehmern einer Kundgebung von Islamisten vor dem Präsidentenpalast in Kairo verteidigte er sein Vorgehen. "Die Entscheidungen, die ich getroffen habe, sind zum Schutz der Nation und des Volkes." Er arbeite für alle Ägypter und trete für eine Rotation an der Macht und die Gewaltenteilung ein. Mursis Gegner aus dem linken und liberalen Lager sehen das anders. Sie fürchten eine neue Diktatur, diesmal von Seiten der Islamisten.

Mursi spricht von Anhängern (Foto: Reuters)
Mursi spricht von Verschwörung - verantwortlich seien Gegner im Ausland und Vertreter des alten RegimesBild: Reuters

Sorge im Ausland

Das westliche Ausland beobachtet die Entwicklung mit Sorge. Die Europäische Union forderte Mursi auf, den demokratischen Prozess in Ägypten zu respektieren und sich an seine entsprechenden Verpflichtungen zu halten. Die USA bezeichneten die Entmachtung der Justiz durch Mursi als besorgniserregend. Eine Sprecherin des US-Außenministeriums in Washington erklärte, Ziel der Revolution - durch die der ägyptische Präsident Husni Mubarak im vergangenen Jahr gestürzt wurde - sei es gerade gewesen, eine solche Machtkonzentration in den Händen eines Einzelnen zu verhindern. Gleichzeitig rief sie die Ägypter auf, ihre Differenzen friedlich und im demokratischen Dialog beizulegen. Es müsse eine gegenseitige Kontrolle geben, so das US-Außenministerium mit.

qu/ml/hp (dpa, dapd, rtr, afp)