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Konjunkturbarometer in englischer Flussmündung

19. August 2009

Der Ankerplatz für große Frachtschiffe in der Mündung des südenglischen Flusses Fal ist ein gutes Konjunkturbarometer. Ist der Schiffsparkplatz für Ozeanriesen voll, dann geht es dem Welthandel schlecht.

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DW TV Schiffe liegen dicht an dicht am Flussufer des Fal in Großbirtannien
Parken bis die Zeiten besser werdenBild: DW-TV

Viele Jahre, in denen die Weltwirtschaft boomte, war die Mündung des Flusses Fal in Cornwall fast leer. Nur Segelschiffe und Motorjachten dümpelten an den Stegen im Hafen. Doch seit Oktober 2008 kamen plötzlich die Fracht- und Containerschiffe am Fal River an. Im Dezember warfen bereits zehn der Ozeanriesen, die sonst Waren aus China nach Europa brachten oder europäische Autos nach Übersee lieferten, in Cornwall den Anker.

Gute Geschäfte mit überzähligen Schiffen

Hafenmeister Andy Brigden will nicht mehr Schiffe in seiner Flussmündung parken, obwohl er pro Schiff pro Woche rund 700 Euro an Liegegebühren kassieren kann. Anfragen der Reedereien lehnt er im Moment ab: "Ich glaube, eine ganze Reihe von Leuten wäre sehr verärgert, wenn wir die ganze Flussmündung zustellen würden. Wir wollen als Hafenbehörde auch ein guter Nachbar sein. Zehn Schiffe reichen uns. Die sorgen derzeit auf unserem Bankkonto schon für einen wunderbaren Zuwachs", sagt Brigden.

St Ives, Cornwall (2006) Photo: Guy Degen
Liebliche Landschaft in Cornwall ohne störende SchiffeBild: Guy Degan

Die Mündung des Fal ist für das Langzeit-Parken von großen Schiffen hervorragend geeignet: Der Ankerplatz liegt acht Meilen vom offenen Meer flußaufwärts. Keine Wellen, keine Gezeiten. Das Flußbett ist sehr tief, da es sich um ein überflutetes Tal handelt. "Hier hat sich noch nie ein Schiff losgemacht oder ist abgetrieben. Die Eigner können beruhigt schlafen", meint Peter Newmann, ein Seemann aus der Region. Newmann steuert den Ausflugsdampfer, mit dem Touristen über den Fal River schippern.

Touristen fühlen sich gestört

Manche der Besucher seien schon verblüfft, wenn sie plötzlich die riesigen Schiffe in der idyllischen Landschaft sehen, erzählt Phillippa Spackman. Sie ist Reporterin der Lokalzeitung: "Eigentlich ein häßlicher Anblick, aber doch ein interessanter Kontrast. Ich denke, es ist schon ein ziemlicher Schock, wenn man um die Flussschleife fährt, die zu den schönsten Flecken Großbritanniens zählt. Plötzlich hat man da diese gigantischen, dramatischen Gebilde, die überhaupt nicht in die Landschaft passen. Einige Menschen finden das gut, aber natürlich nicht alle."

Auf der anderen Seite habe der Südwesten Englands schon seit Jahrhunderten fremde Schiffe angezogen, sagt Lokalreporterin Spackman. Eigentlich könne man sich nicht wirklich beschweren. Es gäbe sogar die Legende, dass in biblischen Zeiten Jesus und sein Onkel Joseph in der Fal-Mündung geankert haben, um mit den Menschen in Cornwall Handel zu treiben. "Legenden gibt es hier viele," erzählt Phillippa Spackman augenzwingernd.

Leerer Hafen heißt boomende Weltwirtschaft

Die Hafenmeisterei und auch der Kapitän des Ausflugdampfers, Peter Newmann, hoffen, dass die Wirtschaftkrise noch eine Weile anhält. Die Schiffe im Fal River ankern zu lassen ist immer noch wesentlich billiger, als sie mit voller Besatzung und halber Ladung über die Meere schippern zu lassen. Und: Die lokale Wirtschaft verdient an den stählernen Gästen. Peter Newmann setzt Besatzungen und Wachmannschaften zu den Schiffen über und verdient sich so ein Zubrot. Wenn die Mündung eines Tages wieder leer ist, dann weiß Peter Newmann, dass der Welthandel wieder Kurs aufgenommen hat. Er wird den Touristen dann wieder nur die liebliche Landschaft erklären.

Autor: Bernd Riegert
Redaktion: Julia Kuckelkorn

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