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Präsidentschaftswahl

Priya Esselborn18. Juli 2007

Indien steht vor einer historischen Wahl. Erstmals hat eine Frau besten Chancen auf das Präsidentenamt. Doch Pratibha Patil ist mehr als umstritten - nicht nur, weil sie mit einem Geist spricht.

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Indiens aussichtsreichste Kandidatin Pratibha Patil (Quelle: Jaisingh Rathore)
Präsidentschaft von einem Geist versprochenBild: Jaisingh Rathore

"Warum Pratibha?" oder "Wer ist Pratibha?" und eine "Beschämende Wahl!" titelten indische Medien nach der Nominierung der Gouverneurin des nordwestlichen Bundesstaates Rajasthans Pratibha Patil zur Präsidentschaftskandidatin. Bei der Wahl am Donnerstag (19.7.) gilt die 72-jährige Rechtsanwältin als aussichtsreichste Kandidatin. Sie ist aber auch die umstrittenste.

Indiens Premierminister Manmohan Singh (r.) mit Tony Blair und José Manuel Barroso (Quelle: AP)
Trifft die tatsächlichen Regierungsentscheidungen:Manmohan SinghBild: dpa


Die einstige Schönheitskönigin kann auf eine lange politische Karriere als Gesundheits- und Bildungsministerium des Bundesstaats Maharashtra und stellvertretende Vorsitzende des Oberhauses zurückblicken. Doch bisher hatte die Mutter von zwei Kindern keine Funktion innerhalb der Zentralregierung inne. Die Kandidatin der Regierungskoalition gilt zwar als unbequeme Kämpferin, die mutig Probleme ausspricht und anpackt - doch berühmt ist sie vor allem für ihre Fehltritte.

Zwangsterilisierungen?

So verkündete Patil, mit dem Geist eines Sektenführers gesprochen zu haben, der ihr im Hinblick auf ihre Kandidatur einen Posten mit großer Verantwortung versprach. Außerdem forderte sie, dass Menschen mit Erbkrankheiten sterilisiert werden müsste.


Doch nicht nur Pratibha Patils sprachliche Entgleisungen sorgen für Unruhe. Auch Korruption und Betrug werden mit ihr verknüpft. Gegen ihren Ehemann läuft ein Gerichtsverfahren, weil er 1998 einen Lehrer durch jahrelanges Mobbing in den Selbstmord getrieben haben soll. Pratibha Patils Bruder, der ebenfalls Politiker ist, soll hinter dem Mord an einem Parteirivalen stecken und seit jeher soll Patil Familienmitgliedern und Günstlingen einflussreiche Posten verschafft haben. 1973 gründete sie eine Genossenschaftsbank, die Frauen aus der Armut helfen sollte. Verwandte Patils erhielten großzügige Kredite, die teilweise nie zurückgezahlt wurden. Obwohl der Bank bereits 2003 von der indischen Bundesbank die Lizenz entzogen wurde, laufen immer noch Prozesse von enttäuschten Kleinanlegern, die ihre Existenz und all ihr Hab und Gut verloren haben.

Alles Lüge?

Patils Befürworter sehen diese Vorwürfe als Teil einer Schmutzkampagne, die dem Gegenkandidaten der Opposition, Bhairon Singh Shekhawat, nützen soll. Aber auch er wird mit Korruption in Verbindung gebracht. Und dem derzeitigen Vize-Präsidenten Indiens werden nur Außenseiterchancen eingeräumt.

Vorsitzende der Kongresspartei Sonia Gandhi (l.) (Quelle: AP)
Hat die Präsidentschaftskandiatin vorgeschlagen: Sonia GhandiBild: AP

Der indische Präsident ist im Gegensatz zum deutschen Kanzler oder zum amerikanischen Präsidenten nur dem Namen nach eine politische Figur. Seine Aufgaben sind vor allem repräsentativer und zeremonieller Natur. Die tatsächliche exekutive Macht liegt beim Premierminister.

Loyal zu den Gandhis

Pratibha Patil gilt als loyal zu den Gandhis. Vehement setzte sie sich in den 1970er Jahren für die damalige Premierministerin Indira Gandhi an und verbrachte dafür sogar zehn Tage im Gefängnis. Möglicherweise bewog diese Treue die Vorsitzende der regierenden Kongresspartei von Premier Manmohan Singh, Sonia Gandhi dazu, Patil vorzuschlagen.

"Der Präsident muß ein Kandidat der Regierungskoalition sein, von ihr akzeptiert sein", sagt der Soziologe Yogendra Yadav von der Universität Delhi. Weil die Regierungskoalition derzeit von der Kongresspartei angeführt wird und die Vorsitzende Sonia Gandhi heißt, ist es die politische Logik, dass jeder Präsident Indiens von ihr und ihrer Familie akzeptiert werden muss. "Patil gilt als verantwortungsbewusst, die Gandhi-Familie vertraut ihr und das ist entscheidend, für den einzigen Fall, in dem der Präsident eine Entscheidung treffen muss: Wenn es bei der Ernennung des Premierministers im Parlament Unstimmigkeiten gibt", sagt der Soziologe.