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Warten auf den Papst

Bernd Riegert13. März 2013

Wie lange es dauert, weiß niemand. Wann es passiert, auch nicht. Trotzdem warten Tausende Gläubige und Touristen auf dem Petersplatz auf den weißen Rauch und das "Habemus papam". Tausende Journalisten warten mit.

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Faithful wait at Saint Peter's Square at the Vatican March 13, 2013. After a first inconclusive vote, Cardinals began the process of choosing a new pope in earnest on Wednesday, praying for inspiration at the start of the first full day in a conclave to choose a leader for the Catholic Church. REUTERS/Max Rossi (VATICAN - Tags: RELIGION)
Der Petersplatz ist gefüllt mit Wartenden. Im Blick aller: der Schornstein der Sixtinischen Kapelle.Bild: Reuters

"Was sollen wir jetzt singen?", fragt die Nonne mit dem leuchtend blauen Schleier ihre Mitschwestern. "When the saints go marching in!", schlägt eine vor und alle Schwestern vom Orden der "Dienerinnen der lieben Frau" aus Rom stimmen ein. Schwester Croce greift in die Seiten ihrer Gitarre und unter den Säulen der Kolonnaden am Petersplatz geht das spontane Konzert weiter. Die Zuschauer - Touristen, Pilger und eine Menge Reporter - wippen und klatschen mit. Die Nonnen, die in Rom ausgebildet werden, bevor sie zu Missionsstationen in Afrika und Asien ausschwärmen, vertreiben sich die Wartezeit, bis der weiße Rauch aus der Sixtinischen Kapelle aufsteigt. Die etwa 20 Schwestern können wohl nicht so lange bleiben, bis die Kardinäle im Konklave ihre Wahl getroffen haben. "Wir sind aber fröhlich. Der Rücktritt von Benedikt, die Sedisvakanz, das alles hat uns nicht traurig gemacht, sondern wir freuen uns auf unseren neuen Papst. Wir freuen uns eigentlich immer", lacht Schwester Croce, "denn wir verkünden schließlich die Frohe Botschaft!"

Konklave Petersplatz. Nonnen aus der Toskana singen auf dem Petersplatz während sie auf der Ergebnis des Konklaves warten. Die 20 Frauen sind vom Orden "Dienerinnen der lieben Frau". Die Nonne mit der Gitarre ist Schwester "Kreuz". (Foto: Bernd Riegert DW)
Warten mit Musik: Nonnen des Ordens der "Dienerinnen der lieben Frau"Bild: DW/B. Riegert

Alle Augen auf den Schornstein

Viele Römer schauen täglich am Petersplatz vorbei, um zu sehen, ob es schon einen Papst gibt. Um die Mittagszeit und am späten Nachmittag sammeln sich Zehntausende vor dem Petersdom. An dessen rechter Seite ist das Dach der Sixtinischen Kapelle zu sehen. Ein schmales Ofenrohr ragt aus den Ziegeln. Weil es mit bloßem Auge kaum zu sehen ist, überträgt das vatikanische Fernsehen ein Bild des Schornsteins auf riesige Bildschirme auf dem Platz. "Ich könnte mir auch gut einen Schwarzen, also einen Afrikaner als Papst vorstellen", sagt eine ältere italienische Dame im Pelz zu ihrer Nachbarin. "Nein, es sollte Kardinal Scola werden, endlich mal wieder ein Italiener", antwortet die Römerin. Der Mailänder Erzbischof Angelo Scola wird von den italienischen Medien seit Tagen als aussichtsreichster Kandidat gehandelt.

Neben den Schaulustigen haben sich 5000 Journalisten akkreditiert, bestätigt die Pressestelle des Heiligen Stuhls. 3000 davon sind Fernsehjournalisten, die immer neue Geschichten drehen müssen, um die Wartezeit zu überbrücken. Auf den Dächern der Kolonnaden, umliegender Verwaltungsgebäude und Hotels haben sie provisorische Studios aufgebaut. Direkt an der Pressestelle am Petersplatz wurde ein dreistöckiges Bauwerk von der European Broadcasting Union aufgebaut, auf dem Dutzende von Live-Gesprächen gleichzeitig abgewickelt werden können. "Rund um die Uhr wird hier gesendet", erzählt ein Techniker, "denn irgendwo ist auf der Welt immer prime-time." Fernseh-Teams, die die horrenden Standgebühren und Leistungskosten nicht zahlen wollten, stehen ein paar Meter weiter. Im Regen und ohne gute Sicht auf die Kuppel des Petersdoms.

Konklave Petersplatz. Journalisten berichten über die Papstwahl. Dreistöckiger Bau für Fernsehaufsager im Hintergrund. Vorne "wilde" Kamerateams, die die Miete nicht zahlen wollten. Aufgenommen 14.03.2013 Petersplatz, Rom, Italien Foto: DW/ Bernd Riegert (nur im Zusammenhang mit Reportage Warten auf den Papst verwenden)
Rund um die Uhr: Fernseh- und Hörfunkstudios auf großen TribünenBild: DW/ B. Riegert

"Aufräumen in der Kirche"

"Ich will sehen, wie Geschichte gemacht wird", sagt der aus Äthiopien stammende Ephrahim Balley. "Ich bin zwar nicht katholisch, aber ich lebe jetzt in Italien und möchte deshalb den neuen Papst sehen", erzählt Ephrahim Balley, der mit einigen Freunden auf dem Petersplatz auf schwarzen oder weißen Rauch wartet. Er hofft auf den italienischen Kandidaten: "Der neue Papst wird hoffentlich in seinem Haus aufräumen, denn da gibt es eine Menge Schmutz. Wenn es der etwas konservative Kardinal aus Mailand wird, kann er mit Gottes Hilfe vielleicht Gutes bewirken." Wer wird Papst und wann? Das ist natürlich das wichtigste Gesprächsthema auf dem Platz.

Es gibt auch ein paar enttäuschte Gesichter. Die Schüler einer High-School aus Dallas, Texas, stimmen das "Ave Maria" an. Der ausgezeichnete Schulchor wurde vor zwei Jahren vom Vatikan eingeladen, vor dem Papst zu singen. Nach der Abdankung von Joseph Ratzinger kam die Absage kurz vor dem Reisetermin. "Wir sind trotzdem gekommen und singen wenigstens für die Leute hier", sagt eine Schülerin. "Leider werden wir für den neuen Papst nicht singen können, weil wir am Donnerstag nach Dallas zurückfliegen." Der Petersplatz war auch Bühne für Protest. Barbusige Aktivistinnen der ukrainischen Frauengruppe "Femen" demonstrierten am Dienstagabend kurz auf dem Petersplatz und wurden von der Polizei vorläufig festgenommen.

Konklave Zuschauer. Ephrahim Balley aus Äthiopien verfolgt auf dem Petersplatz in Rom den schwarzen Rauch, der aus der Sixtinischen Kapelle aufsteigt. A ufgenommen: 19.42 Uhr am 13.03.2013. Foto: Bernd Riegert, DW
Dabei sein ist wichtig: Ephrahim BalleyBild: DW