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Gesetz gegen Kinderpornografie im Internet

18. Juni 2009

In Deutschland dürfen kinderpornografische Internet-Seiten künftig gesperrt werden. Der Bundestag beschloss ein Gesetz, das Provider verpflichtet, Seiten mit Kinderpornografie zu blockieren.

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Das rote Stopp-Schild (Foto: dpa)
Das rote Stopp-Schild sollen Internet-Nutzer künftig sehen, wenn sie auf Seiten mit Kinderpornografie zugreifenBild: picture-alliance/ dpa

Der Zugriff auf Internetseiten mit Kinderpornografie wird in Deutschland erschwert. Mit den Stimmen der großen Koalition verabschiedete der Bundestag dazu am Donnerstag (18.06.2009) das neue "Zugangserschwerungsgesetz". Dafür stimmten 389 Abgeordnete, dagegen 128, es gab 18 Enthaltungen.

Damit sehen Nutzer in Deutschland künftig ein Stoppschild, wenn sie eine gesperrte Seite anklicken. Die Internet-Anbieter werden verpflichtet, den Zugang auf Seiten mit Kinderpornografie zu sperren. Wer sich trotzdem darüber hinwegsetzt, dem droht künftig eine Strafverfolgung.

Überprüfung nach drei Jahren

Ähnlich wie jetzt schon in Skandinavien, den Niederlanden, Italien und anderen Staaten erscheinen künftig Stopp-Schilder im Netz, wenn Nutzer Seiten mit kinderpornografischen Inhalten aufrufen. Das neue Gesetz wird zunächst auf drei Jahre befristet und dann überprüft.

Familienministerin von der Leyen mit einem Foto des Stopp-Schildes (Foto: dpa)
Den Vorwurf der Zenzur wies Familienministerin von der Leyen als Zynismus zurückBild: picture-alliance/ dpa

Das Bundeskriminalamt soll entsprechende Seiten auflisten und den Internet-Providern zur Verfügung stellen. Ein vom Datenschutzbeauftragten bestelltes Kontrollgremium wird die Sperrlisten überprüfen. Anders als zunächst vorgesehen sollen Daten der Anwähler nicht zur Strafverfolgung genutzt werden.

Ein gesellschaftliches Signal

Es sei zynisch, in diesem Zusammenhang von Zensur zu sprechen, sagte Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (CDU). Das Gesetz habe ganz klar einen präventiven Charakter. Mit dem Stoppschild werde "ein ganz klares gesellschaftliches Signal" gesendet. Die Würde eines Kindes müsse im Netz genauso verteidigt werden wie in der Gesellschaft.

Nach anfänglicher Kritik hatten Union und SPD sich auf zahlreiche Änderungen am ursprünglichen Gesetzentwurf geeinigt. Dabei stand die Datenspeicherung im Vordergrund. Nun also sollen personenbezogene Daten von Nutzern einschlägiger Internetseiten, die auf die so genannte "Stoppschild"-Seite umgeleitet und dort über den Grund für die Seitensperrung informiert werden, nicht gespeichert und nicht zur Strafverfolgung genutzt werden.

Auch die SPD ist zufrieden

Nach dem Prinzip "Löschen vor Sperren" wird eine Kinderporno-Seite gesperrt, wenn zuvor alle anderen Maßnahmen "nicht in angemessener Zeit" zum Erfolg führen. Die Provider sollen zunächst aufgefordert werden, die Seiten aus dem Netz zu nehmen. Bei Providern im Ausland müssen dazu die dortigen Polizeibehörden eingeschaltet werden.

Zwei Beamte des Landeskriminalamtes in Stuttgart recherchieren am Computer (Foto: dpa)
Experten des Bundeskriminalamtes sollen Listen mit einschlägigen Internet-Seiten erstellenBild: dpa

Die Vorsitzende des Bundestagsfamilienausschusses, Kerstin Griese (SPD), erklärte, die SPD habe sich "auf der ganzen Linie durchgesetzt". Sie wies darauf hin, dass der Entwurf an mehreren Stellen "entscheidend verbessert" worden sei. Die Befürchtung, mit dem Gesetz würde künftig Internetzensur auch in anderen Bereichen ermöglicht, sei falsch.

Die FDP hält das Gesetz für nutzlos

Kritik kam dagegen von den Freien Demokraten. Die frühere Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger bezeichnete das Gesetz als nutzlos. Zwar müsse entschieden gegen die Verletzung der Würde von Kindern vorgegangen werden. "Aber man darf nicht untaugliche Mittel wählen", betonte sie in einem Rundfunkinterview. Die FDP-Politikerin monierte vor allem, den Einsatz des Stopp-Schildes: Es bestehe die große Gefahr, "dass gerade dann, wenn so ein Stoppschild auftaucht, erst Aufmerksamkeit geweckt wird".

Kritik vom Datenschutzbeauftragten

Absolut nicht begeistert zeigte sich auch Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar von der Aussicht, dass seine Behörde die Listen des BKA überprüfen soll. "Das hat nichts mit meinen Aufgaben zur Sicherung der Informationsfreiheit und des Datenschutzes zu tun", sagte er der "Berliner Zeitung". Außerdem kritisierte er, das Gesetz sei quasi im Hauruck-Verfahren entstanden, "ohne dass eine ausführliche Beratung der Regelungen möglich gewesen wäre".

Peter Schaar (Foto: dpa)
Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Peter Schaar, sieht seine künftige Aufgabe skeptischBild: picture-alliance/ dpa

Auch die Befürworter sind sich der Bedenken bewusst: So sind die Sperren schnell zu unterlaufen. Und nach den Erfahrungen aus Finnland und anderen Staaten kann auch völlig Harmloses auf die Sperrliste geraten.

Klar ist auch, dass die Bezahlseiten mit Kinderpornografie nicht aus dem Netz verschwinden werden. Gleichwohl hoffen die Befürworter, dass der boomende Markt mit der sexuellen Gewalt gegen kleine Kinder deutlich gestört wird.

Die Deutschen begrüßen das Gesetz

Die Mehrheit der Deutschen begrüßt denn auch die Maßnahmen der Bundesregierung. Nach einer Umfrage des Instituts für Demoskopie Allenbach befürworten 91 Prozent der Befragten die Regelungen, nur sechs Prozent halten sie nicht für effektiv. Für die Umfrage wurden insgesamt 1832 Personen ab 16 Jahren mündlich interviewt.

Die hartnäckigen Gegner von Internet-Sperren planen bereits eine Verfassungsklage. Dazu gehört auch die Initiatorin der Bundestags-Petition gegen Internetsperren, Franziska Heine. Ihre Petition wird von 130.000 Mitzeichnern unterstützt. Sie befürchten den Aufbau einer "Zensurinfrastruktur", die auch auf andere Bereiche im Netz ausgedehnt werden könnte. Mit ihrer Massenpetition wird sich vermutlich aber erst der neue Bundestag nach der Wahl im September befassen. (uh/mas/afp/dpa/ap)

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