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Gesetz über Glücksspiele in Polen soll zum zwölften Mal geändert werden

1. März 2002

- Für Lobbyarbeit wurden bereits 20 Millionen Zloty zur Verfügung gestellt

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Posen, 24.02.2002, WPROST, poln.

Seit Anfang der neunziger Jahre hat nur eine einzige Gruppe von Abgeordneten ihre Ansichten nicht geändert. Es handelt sich hierbei um die sogenannte "Partei des Glücksspiels". Zu dieser Gruppe gehörten bereits Abgeordnete aus so verschiedenen Parteien wie der Bauernpartei PSL, dem Bündnis der Demokratischen Linken (SLD), der Arbeitsunion (UP), der Wahlaktion Solidarnosc (AWS) oder der National-Christlichen Allianz (ZCHN).

"Um bei der Kommission für Glücksspiele arbeiten zu dürfen, wurden härtere Kämpfe geführt als um das Abgeordnetenmandat", sagt Stanislaw Kracik, ehemaliger Abgeordneter der Partei Freiheitsunion (UW) (...)

Es sind noch nicht ganz sechs Monate der neuen Amtsperiode des Sejms vergangen, und die Abgeordneten haben schon wieder vor, das Gesetz über Glücksspiele zum zwölften Mal zu ändern. Die Bauernpartei PSL hat nämlich gerade einen entsprechenden Gesetzesentwurf vorgelegt.

Es wäre auch nichts besonderes daran, wenn es die Versuche der Glücksspiellobby nicht gäbe, die sich erneut bemüht, die Gunst der Abgeordneten zu erkaufen. Schon 1992, als das Gesetz verabschiedet wurde, sind nach Schätzungen der Weltbank für Lobbyarbeit etwa zwei Millionen Zloty ausgegeben worden. Während der Novellierung des Gesetztes über Glücksspiele im Jahr 2000 wurden fast 13 Millionen Zloty ausgegeben. Jetzt wurden für diesen Zweck über 20 Millionen Zloty zur Verfügung gestellt. "Die Rangordnung der Ausgaben resultiert aus einer einfachen Kalkulation, sie ist nämlich ein Teil des Gewinnes. Alle wissen doch, wie hoch die Einnahmen in dieser Branche sind und wieviel 'in dem Hut' gesammelt werden soll. Ich weiß darüber Bescheid, weil ich an konkreten Gesprächen teilgenommen habe. Diesmal sollen diejenigen, die an einer Änderung dieses Gesetzes interessiert sind, von einer Einzahlung von fünf Millionen US-Dollar in den Lobby-Fonds gehört haben", sagt unser Informant, der eine Firma aus der Glücksspielbranche vertritt.

"Sie sprechen schon von fünf Millionen Dollar? Vor einem Monat habe ich von vier Millionen Dollar gehört. Durch den Sejm ist ein hochkarätiger Anwalt gegangen, der die Abgeordneten davon zu überzeugen versuchte, dass es unmöglich sei, mehr zu sammeln. Ich dachte, dass dies eine Provokation des UOP (Amt für Staatsschutz) oder der Polizei ist, aber ein Kollege von der Bauernpartei machte mir klar, dass das ein normales Geschäft sei", sagt ein Abgeordneter der Bürgerplattform (PO). (...)

Der Abgeordnete Jozef Gruszka von der Bauernpartei PSL möchte, dass die Spielautomaten mit kleinem Einsatz legalisiert werden, und dass sie überall, d.h. in den Geschäften, Pubs, Discos und Tankstellen aufgestellt werden. Ein anderes Projekt für die Novellierung des Gesetzes wird jedoch parallel dazu vom Finanzministerium vorbereitet. (...) Wenn alle diese Änderungen vom Sejm verabschiedet würden, würden die Einnahmen der Glücksspielbranche mindestens um 100 Millionen Dollar im Jahr steigen, so dass die "Spende" von fünf Millionen Zloty für die Lobby nicht zu hoch ist.

"Eine weitere Novellierung des Gesetzes?" Die Leiterin der Organisation Transparency International, Julia Pitera, kann ihre Verwunderung nicht verbergen und kündigt an, dass ihre Organisation dies aufmerksam beobachten wird.

"Es wird nun ein weiterer Krieg um die Glücksspiele unter den Abgeordneten ausbrechen. Vor der letzten Änderung des Gesetzes wurde auf die Abgeordneten starker Druck ausgeübt. Es wurden Vorführungen veranstaltet, und einige der Abgeordneten nahmen sogar persönliche Einladungen ins Spielkasino an" sagte Stanislaw Kracik:" "Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie zwei Abgeordnete damit angegeben haben, dass sie mit ihren Familien ins Spielkasino gingen und großes Glück hatten, weil sie eine Halbe Million Zloty gewannen", erzählt ein Abgeordneter der Partei Bürgerplattform.

"Ich spüre, dass ein großer Skandal ausbrechen kann. Wenn die Novellierung im Sejm vorgelegt wird, werde ich direkt fragen, wer dahinter steht", kündigt Bogdan Pek, Abgeordneter der Bauernpartei PSL, an.

"Das ist derselbe Entwurf, den wir vor einem Jahr gemeinsam mit den Abgeordneten der Wahlaktion Solidarnosc (AWS) im Sejm vorgelegt haben. Damals wurde er nicht einmal vorgelesen", erläutert Jozef Gruszka. "Wir sprechen uns lediglich für die Legalisierung von Spielautomaten mit niedrigem Einsatz aus. Solche Spielautomaten stehen in den Lokalen und werden mit Tischdecken oder Laken überdeckt. Sie stehen im Hintergrund und niemand bezahlt Steuer dafür. Ich möchte aber, dass die Steuer bezahlt wird", erklärt der Abgeordnete Jozef Gruszka (...)

Nach seinen Berechnungen (er erklärt allerdings nichts über die Grundlage für seine Berechnungen) handelt es sich dabei um eine Milliarde Zloty, die zusätzlich in die Staatskasse fließen könnte. Er gibt zu, dass er Rücksprache mit der Kammer der Hersteller und Betreiber von Spielautomaten gehalten habe. "Das Polnische Lotteriemonopol (Polski Monopol Loteryjny) hat sich bei uns nicht gemeldet"; so erklärt der Abgeordnete Gruszka die Ursache dafür, dass er die Konkurrenz der Kammer der Hersteller und Betreiber von Spielautomaten nicht konsultiert hat.

Nach den Schätzungen der Kammer würde nach der Änderung des Gesetzes die Pauschalsteuer für 60 000 Spielautomaten in die Staatskasse fließen. Innerhalb eines Jahres würde dann die Zahl der Spielautomaten auf 150 000 steigen. Dabei sollten auch neue Arbeitsplätze entstehen. Über die Entstehung neuer Arbeitsplätze wurde übrigens jedes Mal bei einer Novellierung des Gesetzes gesprochen. (...) Das zweite Argument ist mit den zusätzlichen Einnahmen des Staates verbunden. (...)

Die Abgeordneten, die zur Lobby für Glücksspiele gehören, werden durch die Tatsache aber nicht gestört, dass diese Branche - nach Angaben des Zentralen Ermittlungsbüros - von der Mafia kontrolliert wird und dass die Geschicklichkeitsspielautomaten zu den Haupteinnahmequellen der Gangs gehören. Was dabei wichtig ist, sie werden auch für Geldwäsche gebraucht. Andrzej Krolikowski, Pseudonym Pershing, hat am Ende seines Lebens praktisch den ganzen Markt für Spielautomaten kontrolliert und Schutzgelder von den Ladenbesitzern kassiert. Die Polizisten haben festgestellt, dass er 50 Dollar im Monat für jeden Spielautomaten kassierte.

Die Inhaber der legalen Spielsalons geben offen zu, dass die "Gangmitglieder oft auf das Schutzgeld verzichten, dafür aber zwingen sie die Inhaber von Cafés oder Pubs, Spielautomaten aufzustellen, die dann für sie arbeiten. (...) (Sta)