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Geschäft mit dem Tod auf hohem Niveau

Matthias von Hein14. Dezember 2015

Krieg ist blutig - und ein Geschäft. Vor allem für die Rüstungsindustrie. SIPRI, das Stockholmer Friedenforschungsinstitut, hat sich die Umsätze der 100 größten Waffenschmieden angeschaut.

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Panzer Leopard von KMW aus dem Jahr 2010 (Foto: Clemens Niesner/dpa)
Bild: picture-alliance/dpa/Clemens Niesner

Konflikte beherrschen die Schlagzeilen und Bildschirme: In Syrien oder im Irak, in der Ukraine, im südchinesischen Meer - um nur einige Brennpunkte zu nennen. Deshalb gehört es zu den erstaunlichsten Ergebnissen des neuen SIPRI Berichtes über die 100 wichtigsten Rüstungsbetriebe weltweit, dass die Rüstungsausgaben im vierten Jahr in Folge sinken. Allerdings nur leicht und von hohem Niveau: Das Stockholmer Friedensforschungsinstitut addiert die Umsätze der Top 100 der Waffenherstellung im Jahr 2014 auf 401 Milliarden US Dollar. Das sind immerhin 1,5 Prozent weniger als noch 2013.

Was sich noch abzeichnet: Die Gewichte im globalen Rüstungsgeschäft verschieben sich weiter Richtung Russland. Pieter Wezemann hat an dem SIPRI-Bericht mitgearbeitet. Der Experte für Militärausgaben erklärt im DW-Interview: "Die russischen Rüstungsunternehmen haben einen enormen Anstieg ihres Absatzes zu verzeichnen. Die Firmen unter den Top 100 aus Russland haben ihre Umsätze von 2013 auf 2014 um fast 50 Prozent gesteigert." Inzwischen sind 19 russische Firmen unter den Top 100. 2013 waren es erst 10. Und schon die hatten damals ihre Umsätze um stolze 20 Prozent hochfahren können.

Infografik SIPRI Waffenverkäufe weltweit 2002-2014 Deutsch (Quelle: SIPRI)
Leichte Abschwächung auf hohem Niveau: Waffenverkäufe

USA beherrschen den Markt

Allerdings sollen diese Steigerungen den Blick nicht verstellen: Waffenhersteller in den USA und Europa dominieren weiterhin den Markt mit einem Anteil von gut 80 Prozent. Allein die USA haben 38 Waffenersteller unter den Top 100. Deren Verkäufe machen über die Hälfte der Umsätze der Top 100 aus, genau 54.4 Prozent.

Was SIPRI-Experte Wezemann noch im Vergleich zum Vorjahr auffällt: Neue Spieler tauchen auf und machen sich auf dem Markt bemerkbar. Viele kommen aus kleineren Staaten; etliche sind völlig neue Hersteller. Wezemann nennt im DW-Gespräch ausdrücklich Anbieter aus der Türkei und Südkorea.

Gegen den Trend sinkender Waffenverkäufe in Europa haben deutsche Rüstungshersteller 2014 deutlich mehr verkauft als 2013: knapp 10 Prozent. Das geht insbesondere auf den Verkauf von U-Booten zurück. Als Abnehmer der U-Boote von Thyssen-Krupp nennt Wezemann unter anderem Israel, die Türkei und Südkorea. Der Rüstungshersteller Rheinmetall wiederum, so Wezemann, profitiere vom neu erwachten Interesse in Deutschland an gepanzerten Fahrzeugen. Der SIPRI-Mann bringt das mit der Entwicklung in der Ukraine in Verbindung. Das erneue Aufflammen bewaffneter Gewalt in Europa – aber auch im Mittleren Osten – habe "die Idee gestärkt, das Militär sei wichtig". Schweden und Deutschland zum Beispiel würden ihre Verteidigungsbudgets aufstocken – und das käme in erster Linie der heimischen Rüstungsindustrie zugute: "Die mit Abstand wichtigsten Kunden von Rüstungsfirmen sind ihre eigenen Regierungen", stellt Wezemann klar.

Infografik SIPRI Anteil Waffenverkäufe Deutsch (Quelle: SIPRI)
Nach wie vor dominant auf dem Waffenmarkt: US-Unternehmen

Rüstungsexporteur Deutschland

Allerdings zählt gerade Deutschland auch zu den großen Rüstungsexporteuren. In Europa ist die Bundesrepublik sogar der größte Lieferant. Und das trotz der Ankündigung von Vizekanzler und Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel, bei Rüstungsexporten deutlich restriktiver zu agieren. Die Lieferung von Kampfpanzern durch das auf Platz 83 gelistete Unternehmen Krauss-Maffei Wegmann etwa nach Saudi-Arabien oder Katar passt da nicht ins angestrebte Bild. Immerhin sind beide Staaten seit diesem Jahr in Kämpfe im Jemen verwickelt. Wezemanns Versuch einer Erklärung für diesen Widerspruch: Die Verträge für diese Geschäfte wurden schon vor einigen Jahren unterzeichnet. Damals war weder Krieg im Jemen und Sigmar Gabriel war noch nicht Wirtschaftsminister.

Infografik SIPRI Veränderung Waffenverkäufe Deutsch
Es zeichnen sich Veränderungen ab - vor allem in Russland

Wer bei der SIPRI-Erhebung fehlt, ist China. Von dort lägen leider keine verlässlichen Daten vor, bedauert der Rüstungsexperte aus Stockholm. Allerdings macht Wezemann deutlich, dass China ein außerordentlich wichtiger Waffenproduzent ist. Sechs chinesische Unternehmen würde der SIPRI-Experte unter den Top 20 Unternehmen einordnen, einen Flugzeughersteller vielleicht sogar unter den Top 10. Das rasante Wachstum der chinesischen Rüstungsindustrie führt Wezemann auf zwei Faktoren zurück: Zum einen auf die seit über zehn Jahren steil ansteigenden Rüstungsausgaben in China selbst. Zum anderen würde China deutlich mehr Waffen ins Ausland verkaufen.