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Gescheiterte EU-Verfassung: Gelassene Reaktionen in Südosteuropa

2. Juni 2005

Viele Länder Südosteuropas wünschen den Beitritt zur EU, andere haben ihn in Aussicht gestellt bekommen. Auf die Ablehnung der EU-Verfassung reagierten die Aspiranten gelassen. Sie bleiben optimistisch.

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Südosteuropa betrachtet Verfassung als interne EU-AngelegenheitBild: Sandra Osburg

In einer Erklärung der rumänischen Regierung nach dem negativen Votum der Franzosen gegen die EU-Verfassung heißt es, dass zwischen diesem Votum und der Fortsetzung der EU-Erweiterung mit Rumänien und Bulgarien kein juristischer Zusammenhang bestehe: "Es sind zwei separate Prozesse. Die Integration Rumäniens und Bulgariens kann nicht vom Ausgang eines Referendums zur EU-Verfassung abhängig gemacht werden […] Die EU steht vor einer großen Herausforderung, aber die rumänische Regierung ist davon überzeugt, dass diese Herausforderung erfolgreich gemeistert wird. Rumänien unterstützt die Ratifizierung der Europäischen Verfassung. Wir wünschen uns, dass Rumänien am 1. Januar 2007 in eine starke Union eintritt, mit gut funktionierenden institutionellen Mechanismen, die ein erweitertes Europa ermöglichen."

In einer Erklärung des rumänischen Präsidenten Traian Basescu heißt es, dass sich nach dem französischen Votum eine Schlussfolgerung aufdränge: Eine solide Europäische Union ohne die Beteiligung der Völker und ohne klare Informationen über die individuellen und globalen Perspektiven der künftigen Entwicklungen sei zum Scheitern verurteilt.

Der bulgarische Außenminister, Solomon Passy, und die Europa-Ministerin des Landes, Meglena Kuneva,

urteilten, die Ablehnung der Europäischen Verfassung in Frankreich stelle kein unmittelbares Risiko für den Beitritt Bulgariens am 1.1.2007 dar. Bulgarien müsse aber das Tempo der Reformen beschleunigen, um kategorisch seine Bereitschaft zur Mitgliedschaft zu demonstrieren: "Die europäische Einigung ist ein langfristiger strategischer Prozess, der von keinem Referendum behindert werden kann."

Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan

sagte: "Es gibt Leute, die Politik zu Lasten der Türkei machen. Das ist zunächst einmal hässlich, das ist falsch. Es ist unser größter Wunsch, dass die negativen Auswirkungen der Ablehnung der Verfassung in Frankreich auf die europäische Bewegung auf ein Minimum reduziert werden. Wir zweifeln nicht daran, dass die notwendigen Lehren aus dieser Entscheidung der französischen Bevölkerung gezogen werden. Dieses Ergebnis ist ein Produkt der inneren Dynamik Frankreichs und der Entscheidung des französischen Volkes betreffend ihre eigene Zukunft. Es wäre eine politisch falsche Bewertung, dass wir für dieses Ergebnis mitverantwortlich sind. Der Mechanismus und die Regeln der Mitgliedschaftsprozedur sind von vornherein festgelegt. Niemand kann diese ergänzen oder Teile daraus wegnehmen."

Der kroatische Präsident Stipe Mesic

reagierte auf das Nein der Franzosen mit einer Rede an die Nation. Er erklärte, das Projekt der Vereinigung Europas sei ein bisher beispielloses Millenniums-Projekt, das auch vom französischen Nein nicht in Frage gestellt werde. Zu einer Vereinigung Europas gebe es keine Alternative, so wie es auch für Kroatien keinen anderen Platz gebe als im sich vereinigenden Europa. Seiner Meinung nach basiere die derzeitige Haltung einer Mehrheit der Franzosen auf den Ängsten vor der Macht des sich aggressiv global ausbreitenden Kapitals und dem Verlust der seit Jahrzehnten gesicherten Wohltaten eines Sozialstaates.

Mazedoniens Premier Vlado Buckovski

zufolge wird sich das Nein Frankreichs zur EU-Verfassung nicht auf die Aspirationen dieses Landes, bis Ende dieses Jahrzehnts Teil der europäischen Familie zu werden, auswirken. Ganz im Gegenteil: "Ich glaube, dass sich dies innerhalb der Union in Form von neuen dramatischen Reformen ausdrücken wird. Wir müssen uns keine Sorgen machen, sondern die EU. Die EU-Mitglieder müssen daran arbeiten. Wir müssen die Voraussetzungen für die Aufnahme der Beitrittsverhandlungen schnell erfüllen. Und das sind zwei parallele Prozesse. Dies wird keine direkten Auswirkungen auf die EU-Aspirationen Mazedoniens haben".

DW-RADIO, 2.6.2005, Fokus Ost-Südost