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Geschäfte ja - Yukos nein

Cornelia Rabitz9. Juli 2004

Bei Wirtschaftsgesprächen von Bundeskanzler Gerhard Schröder in Moskau haben Russland und Deutschland eine engere Zusammenarbeit im Energiesektor vereinbart. Der vor der Pleite stehenden Ölkonzern Yukos war kein Thema.

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Kanzlerlob für den russischen Freund: Gerhard Schröder würdigte Wladimir Putins Reformpolitik, beschwor Stabilität und Prosperität, bahnte neue Geschäfte an - zur Yukosaffäre, die längst vom Wirtschaftsfall zum Politskandal geworden ist, keine Silbe.

Stört ein offenes Wort unter Freunden etwa das Geschäft? War es zu viel verlangt vom Bundeskanzler, wenigstens Sorge zu äußern wegen des Umgangs von Staat und Behörden mit dem Öl-Konzern Yukos? Ja, es war zuviel verlangt. Mehr noch, Schröder wagte bei seinem Kurzbesuch in Moskau sogar die These, es gebe keine Anhaltspunkte für mangelnde Rechtsstaatlichkeit im Verfahren gegen das Unternehmen. Eine wahrhaft kühne Behauptung. Sie enthält den politischen Freispruch für Wladimir Putin.

Russland hat gute Gründe, Yukos und seine Manager zur Rechenschaft zu ziehen. Der Konzern hat massiv Steuern hinterzogen und Spitzenmanager haben dabei ein privates Milliardenvermögen gescheffelt. Niemand bestreitet den Behörden das Recht, gegen solche Gesetzesverstöße auch vorzugehen. Internationale Beobachter - wie soeben die OECD - stellen freilich fest, dass rechtsstaatliche Mittel selektiv angewendet werden und eine drastische politische Einmischung in den Fall stattfindet.

Dem russischen Präsidenten geht es ganz offenkundig nicht um einen sauberen Prozess gegen einen schmutzigen Kapitalisten, sondern um Kontrolle über das Öl, Kontrolle über ein Riesenunternehmen, letztlich um die Absicherung von Macht um jeden Preis.

Der Kanzler aber, Jurist, Anwalt und Demokrat dazu, glaubt es sei unnötig, über diese Dinge mit seinem Freund Putin zu sprechen. Stattdessen peinlich anmutendes Lob. Das riecht förmlich nach Anbiederei.

Deutsche Unternehmen setzen auf Russland, hier winken große Geschäfte - milliardenschwere Projekte im Energiesektor etwa, beim Maschinenbau, der Infrastruktur oder in der Nahrungsmittelindustrie, natürlich möchte man Rechtssicherheit und stabile Rahmenbedingungen für Investitionen. Wer investiert, will auch verdienen, das ist legitim.

So sehr Russland Unterstützung braucht und verdient, der Kreml muss jedoch dafür sorgen, dass Vertrauen entsteht und Partnerschaft wächst. Wladimir Putin aber tut das Gegenteil. Man kennt das Muster aus der Vergangenheit: Der Präsident erklärt Missstände zur inneren Angelegenheit seines Landes und wehrt damit jede Kritik ab. Für eine solche Haltung darf auch ein befreundeter Politiker keine Absolution erteilen.

Der frei gewählte Regierungschef einer demokratischen Republik hat nämlich noch etwas anderes zu tun, als der Wirtschaft den Weg zu ebnen. Er hat auch eine Verpflichtung gegenüber den Werten, die er selbst repräsentiert. Tut er das nicht, so ist nicht das Geschäft ruiniert, sondern etwas anderes: Die Glaubwürdigkeit dieses Kanzlers.