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NSU-Prozess: Verlosung geht weiter

1. Mai 2013

Auch das neue Vergabeverfahren für Presseplätze beim Münchner NSU-Prozess wird von Pannen und Problemen überschattet. Eine Nachverlosung ist notwendig. Der Prozessbeginn sei aber nicht gefährdet, versichert das Gericht.

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Journalisten filmen am 29.04.2013 im Strafjustizzentrum in den Nymphenburger Straße in München (Bayern), während der Pressekonferenz, bei der die Vergabe der Presseplätze im NSU-Prozess bekanntgegeben wurde, die durchsichtigen Plastikkästen mit den gelben Loszetteln. Die Vergabe der Plätze wurde zuvor per Losverfahren ermittelt. Foto: Peter Kneffel/dpa +++(c) dpa - Bildfunk+++ - eingestellt von ml
Presseplätze beim NSU-ProzessBild: picture-alliance/dpa

Ja, es hat wieder Fehler gegeben, zwei sogar, und das sei "bedauerlich": Die Sprecherin des Oberlandesgerichts (OLG) in München, Andrea Titz, ist es allmählich gewohnt, zu peinlichen Fragen Stellung zu beziehen. Die Auslosung der reservierten Sitzplätze für die Medien beim NSU-Prozess war immer noch nicht korrekt. Ein Platz soll nachverlost werden. "Der Prozessbeginn am Montag ist dadurch nicht gefährdet", hob Titz hervor. Auf der Anklagebank sitzen die mutmaßliche Rechtsterroristin Beate Zschäpe der Zelle "Nationalsozialistischer Untergrund" (NSU) sowie vier als Komplizen verdächtigte Angeklagte.

Das OLG hatte die 50 Medienplätze am Montag verlost, nachdem das Verfassungsgericht die ursprüngliche Vergabe nach zeitlicher Reihenfolge der Anfragen beanstandet hatte. Ein Notar nahm die Ziehung nach einem ausgetüftelten Modus vor (Artikelfoto). Das OLG musste am Dienstag Pannen bei der Auslosung einräumen.

Zwei Irrläufer in den Loskörben

Nach einem Bericht des 1. Deutschen Fernsehens landete bei der Verlosung die Bewerbung des MDR-Hörfunks versehentlich im Korb für die öffentlich-rechtlichen Fernsehsender. Außerdem sei in diesem Topf auch das Los eines freien WDR-Mitarbeiters gewesen, der zunächst nicht mitbekommen hatte, dass sich die ARD insgesamt als "Pool" bewirbt. Doch seine Bewerbung war trotzdem im Loskorb geblieben - und wurde auch gezogen. Der WDR-Mitarbeiter will nun auf seinen Platz verzichten.

Da man Unterlagen und Loskörbe unverändert aufbewahrt habe, könne die Nachverlosung dieses einen Sitzplatzes noch diese Woche durch den zuständigen Notar durchgeführt werden, erläuterte Titz das weitere Prozedere. Es gehe um einen Platz für deutschsprachige Medien mit Sitz im Inland.

Noch einmal wird das Verfassungsgericht angerufen

Die umstrittene Platzvergabe beschäftigt zudem ein weiteres Mal das Bundesverfassungsgericht. In Karlsruhe ging nämlich die Verfassungsbeschwerde des freien Journalisten Martin Lejeune ein. Er hatte seine Reservierung aus dem ersten Akkreditierungsverfahren bei der Neuverlosung der Plätze am Montag verloren. Lejeune rügt unter anderem, dass "den im vorigen Vergabeverfahren erfolgreichen Journalisten der Platz nicht einfach wieder weggenommen werden" dürfe. Außerdem seien freie Journalisten und Blogger nicht ausreichend berücksichtigt worden. Die Zeitungsgruppe "Die Welt" und das Wochenblatt "Zeit" wollen vorerst auf eine Klage verzichten, um den Prozessbeginn am 6. Mai nicht zu gefährden.

Journalist Martin Lejeune, Portraitfoto (Quelle: privat)
Freier Journalist Lejeune will seinen Presseplatz beim NSU-Verfahren zurückBild: privat

Andere überregionale Zeitungen prüfen noch, ob sie den Klageweg beschreiten wollen. Einige Redaktionen zeigten sich solidarisch mit den zu kurz gekommenen Kollegen und verzichteten auf ihre zugelosten Plätze, teilten sich ihren Platz mit anderen oder schlossen sich einem "Pool" für die Berichterstattung an...

Doch Video-Übertragung ?

Das Verfassungsgericht hatte die Möglichkeit eröffnet, dass das Oberlandesgericht die Presseplätze komplett neu vergibt. Im ersten Anlauf waren keine türkischen Medien zum Zug gekommen, obwohl acht von zehn Mordopfern des rechtsextremistischen Terrorzelle aus der Türkei stammten.

Nach dem ganzen Hin und Her wird auch immer wieder der Ruf laut, doch eine Videoübertragung der Verhandlungen zuzulassen. So meinte der frühere Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Hans-Jürgen Papier, es bestehe dazu kein rechtlicher Zwang, es wäre aber "eine Frage der pragmatischen Klugheit".

SC/pg (dpa, ARD, epd, afp)