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"Eine öffentliche Sammlung ist keine Geldanlage"

26. Februar 2016

Das Leverkusener Museum Morsbroich gilt in Deutschland als eines der bedeutendsten Museen für zeitgenössische Kunst. Jetzt steht es vor dem Aus - sehr zur Empörung von Gerhard Richter und weiteren Kulturschaffenden.

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Gerhard Richter: Einer der berühmtesten deutschen Maler zeitgenössischer Kunst, Foto: Uli Deck/dpa
Bild: picture-alliance/dpa/U. Deck

Die Stadt Leverkusen ist verschuldet und will sparen. Zum Leidwesen der Kultur. Wirtschaftsprüfer haben vorgeschlagen, das renommierte Museum Morsbroich zu schließen und dessen Sammlung von rund 400 Gemälden und Skulpturen sowie 5000 druckgrafischen Werken zu verkaufen. Dem Gutachten nach könnte die Stadt so jährlich rund 780.000 Euro einsparen. Von Kunstschaffenden und Museumsverbänden kommt - wie zu erwarten war - großer Widerstand gegen diese Pläne.

Jetzt hat sich auch der wohl bekannteste zeitgenössische deutsche Künstler Gerhard Richter (84) zu Wort gemeldet. In einem offenen Brief an Leverkusens Oberbürgermeister Uwe Richtrath (SPD) zeigte er sich empört und schrieb: "Eine öffentliche Sammlung ist keine Geldanlage, die je nach Kassenlage geplündert werden kann. Sie ist ein Stück Kunstgeschichte und repräsentiert das Gedächtnis ihrer Träger". Richter, dessen Werke teils in Millionenhöhe gehandelt werden, hatte 2009 selbst eine erfolgreiche Ausstellung in Morsbroich. In der Sammlung des Museums befinden sich zudem zwei wichtige Gemälde sowie Aquarelle, Zeichnungen und Druckgrafiken Richters. "Sie wurden von mir oder von anderen dem Museum überlassen, weil wir davon ausgegangen sind, dass auch in Leverkusen Museumsbesitz als Erbe und Gedächtnis einer Kommune geschützt ist.", so Richter.

Angst vor einem kulturellen Kahlschlag

Richter ist nicht der erste, der sich öffentlich gegen die Pläne einer Schließung ausgesprochen hat. Direktoren von 20 Museen in Nordrhein-Westfalen schrieben einen offenen Brief an Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD). Darin heißt es: "Diesen kulturellen Kosmos zu zerstören, käme einem Kahlschlag gleich, der verheerende Wirkungen (…) für die Museen im ganzen Land hätte." Auch Christina Kampmann (SPD), die erst seit wenigen Monaten als Kulturministerin Nordrhein-Westfalens im Amt ist, warnte vor einer Schließung des Museums. Das im Jahr 1951 eröffnete Museum Morsbroich ist nach eigenen Angaben das erste Museum in Nordrhein-Westfalen, das sich nach dem Zweiten Weltkrieg der zeitgenössischen Kunst widmete. Im Laufe der Jahre präsentierten hier zahlreiche international renommierte Künstler ihre Werke - beispielsweise Andy Warhol, Lucio Fontana und Robert Motherwell. Im Jahr 1974 erwarb die Stadt Leverkusen das zunächst nur angemietete Schloss.

Deutschland Schloss Morsbroich mit Stadtmuseum in Leverkusen, Foto: imago/Werner Otto
181,72 Euro Zuschuss benötigte eine Eintrittskarte ins Museum Morsbroich 2014.Bild: Imago/W. Otto

Wirtschaftlichkeit vs. Bildungsauftrag

Morsbroich ist nicht das einzige Museum, das diese Sorgen hat. Vor einigen Jahren wurde über die Schließung der Kunstmuseen in Bochum und Mülheim an der Ruhr debattiert. Ein Proteststurm verhinderte deren Aus. Auch das Deutsche Museum in Bonn steht auf der roten Liste der zu schließenden Museen.

Laut Eckhart Höhne, Präsident des Deutschen Museumsbundes, ist das Problem vor allem die rein wirtschaftliche Betrachtung: "Museen haben oft keine Chance, qualitativ zu argumentieren, weil Entscheidungen allein aufgrund wirtschaftlicher Überlegungen vorbereitet werden", sagte er gegenüber der Deutschen Presse-Agentur. Dabei hätten Museen eine wichtige Funktion für den Bildungsauftrag und den gesellschaftlichen Diskurs.

rk/nf (dpa, epd, kna)