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Genug Geld für neue Außenpolitik?

Bettina Marx11. September 2014

Für den Haushalt des Auswärtigen Amtes sind für das kommende Jahr 3,42 Milliarden Euro eingeplant. Viele im Bundestag bezweifeln, dass dieses Geld für die gestiegenen Anforderungen an die deutsche Außenpolitik ausreicht.

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Bundesaußenminster Frank Walter Steinmeier in der Haushaltsdebatte des Bundestages am 11.9.2014 - Foto: Michael Sohn (AP)
Bild: picture-alliance/AP Photo/M. Sohn

"Die Welt ist aus den Fugen geraten", sagte Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier in der Bundestagsdebatte zum Etat des Auswärtigen Amtes. Das sei der Eindruck, den die Bürger in Deutschland hätten angesichts der zahlreichen Krisen und Konflikte, die derzeit die Weltpolitik bestimmten.

Mit Blick auf die Ukraine versicherte Steinmeier, dass die Bundesregierung alles tue, um die europäische Friedensordnung zu erhalten. Russland habe mit der Annexion der Krim eklatant gegen das Völkerrecht verstoßen und damit für Europa den gefährlichsten Konflikt seit Jahrzehnten ausgelöst. "Es kann nicht sein, dass wir sieben Jahrzehnte nach Ende des Zweiten Weltkriegs in Europa wieder daran gehen, Grenzen zu korrigieren."

Vehement wies Steinmeier den Vorwurf zurück, die Bundesregierung betreibe eine "Appeasement-Politik" gegenüber Russland, sei also zu nachgiebig. "Keiner verurteilt den völkerrechtswidrigen Angriff Russlands auf die Krim und das Verhalten Russlands in der Ostukraine deutlicher als wir", sagte der Bundesaußenminister. Die Europäische Union und die NATO hätten sofort reagiert, den östlichen Mitgliedsstaaten ihre Solidarität zugesichert und sich für ökonomische Sanktionen gegen Russland ausgesprochen.

Dennoch setze er sich dafür ein, mit der Regierung in Moskau im Gespräch zu bleiben und die Verhandlungen nicht abreißen zu lassen. Darum habe sich die Bundesregierung auch für den Erhalt der NATO-Russland-Grundakte eingesetzt. Die Erfolge dieser Politik, einer Kombination aus Druck und Gesprächsbereitschaft, sollten nicht klein geredet werden. Immerhin sei es gelungen, den in Minsk ausgehandelten Waffenstillstand zu wahren. Nun müsse man zu politischen Lösungen kommen, die eine Verfassungsreform und Parlamentswahlen in der Ukraine mit einschließen müssten.

Die Rolle Deutschlands in der Welt

Redner aller Fraktionen nutzten die Bundestagsdebatte, um grundsätzlich Stellung zur deutschen Außen- und Sicherheitspolitik zu nehmen. Scharfe Kritik kam in diesem Zusammenhang von der Fraktion "Die Linke". Deren Redner Stefan Liebich forderte, die UNO deutlicher zu stützen. Nur sie habe die legitime Aufgabe, bei internationalen Konflikten einzugreifen.

Wolfgang Gehrcke - Foto: Metodi Popow (Imago)
Linken-Politiker Gehrcke: "Bundesregierung betreibt Großmachtpolitik"Bild: imago/Metodi Popow

Sein Fraktionskollege Wolfgang Gehrcke warf der Bundesregierung vor, Großmachtpolitik zu betreiben. Dies hätten Steinmeier und Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen bei der Münchner Sicherheitskonferenz Anfang des Jahres angekündigt. Er selbst lehne dies ab. Er plädiere für die Auflösung der NATO und setze sich stattdessen für ein kollektives Sicherheitssystem ein. "Wenn Deutschland einen Großmacht-Anspruch, einen Anspruch als Mittelmacht erhebt, war es immer schlecht für Deutschland und die Welt", so Gehrcke. Er wolle darum zurück zu einer "Politik der militärischen und der ökonomischen Zurückhaltung".

Der CDU-Außenpolitiker Andreas Schockenhoff wies den Vorwurf des Linken-Politikers zurück. Er lobte die Außenpolitik der Bundesregierung, die geleitet sei von einer "Kultur der Verantwortung". Deutschland stelle sich seiner internationalen Verantwortung und setze sich weltweit für Frieden ein, betonte er. Darum bemühe sich Deutschland auch, die von Russlands Präsident Wladimir Putin ausgelöste Krise um die Ukraine zu entschärfen und helfe mit bei der Suche nach einer Lösung im Nahostkonflikt.

Der CDU-Abgeordnete Andreas Schockenhoff im Bundestag - Foto: Imago
CDU-Außenexperte Schockenhoff: "Kultur der Verantwortung"Bild: imago

In Afrika leiste Deutschland darüber hinaus Ausbildungshilfe für die Sicherheitskräfte strauchelnder Staaten wie Mali, die Zentralafrikanische Republik und Somalia. Die Länder sollten damit in die Lage versetzt werden, für ihre eigene Sicherheit und Stabilität zu sorgen. "Eine Kultur des Heraushaltens können wir uns nicht leisten", sagte Schockenhoff. Deutschland müsse aufgrund seiner besonderen Rolle in Europa und in der NATO eine führende Aufgabe wahrnehmen.

Dazu gehörten auch Auslandseinsätze der Bundeswehr oder - wie im Fall der durch den islamischen Staat bedrohten Kurden - die Lieferung von Waffen. "Auch dies gehört zur Wahrnehmung außenpolitischer Verantwortung als größter, wirtschaftlich stärkster und politisch bedeutender Staat Europas." Der CDU-Abgeordnete unterstrich, dass die außenpolitischen Interessen der Bundesrepublik eng mit ihren wirtschaftspolitischen Interessen verknüpft seien. Dies müsse man klar aussprechen.

Mehr Geld für das Auswärtige Amt

Der SPD-Außenpolitiker Niels Annen forderte mehr Mittel für die humanitäre Hilfe, für die zivile Konfliktprävention und für die auswärtige Kulturpolitik als zentrales Instrument der deutschen Außenpolitik. Nur so könne die Bundesrepublik den gestiegenen Anforderungen an ihre Rolle in der Welt Rechnung tragen. Nur so könne sie ihrer im Grundgesetz verankerten Verpflichtung nachkommen, den Frieden in der Welt zu wahren. Auch Annens Parteikollege Frank Schwabe, menschenrechtspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, forderte mehr Geld für humanitäre Hilfe. Damit könnten Konflikte zwar nicht beseitigt, Not und Elend aber gelindert werden, sagte er.

Sudanesische Flüchtlinge in Äthopien - Foto: Coletta Wanjoyi (DW)
Flüchtlinge aus dem Südsudan: Absurde Mittelkürzung für humanitäre Hilfe?Bild: DW/C. Wanjoyi

Ähnlich argumentierte auch Frithjof Schmidt von den Grünen. Die Mittel des Auswärtigen Amtes für humanitäre Hilfe seien um 38 Prozent gekürzt worden. Dies sei in der derzeitigen internationalen Lage absurd: "Man fragt sich, wovon Sie denn eigentlich die versprochene humanitäre Hilfe finanzieren wollen."

Schmidt warf der Bundesregierung auch Versäumnisse im transatlantischen Verhältnis vor. So sei es ihr nicht gelungen, das angestrebte No-Spy-Abkommen mit den USA zu erreichen. Auch bei den Verhandlungen um ein Freihandelsabkommen vermisse er klare Aussagen aus Berlin. Dies sei ein eminent außenpolitisches Thema, zu dem Steinmeier Stellung beziehen müsse.