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Generationswechsel bei der Linken

15. Mai 2010

Für die Linke ist es der tiefste Einschnitt seit der Gründung: Oskar Lafontaine hat sich als Vorsitzender verabschiedet, mit einer wie gewohnt angriffslustigen Rede. Die neuen Chefs heißen Gesine Lötzsch und Klaus Ernst.

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Oskar Lafontaine (Foto: apn)
Lafontaine verabschiedet sich - in gewohnter PoseBild: AP

Die Delegierten der Linken haben auf ihrem Parteitag in Rostock am Samstag (15.05.2010) eine neue Führung gewählt. Der bayerische Gewerkschafter Klaus Ernst wurde mit 74,9 Prozent der Stimmen zu einem der beiden Vorsitzenden gewählt, seine neue Co-Vorsitzende, die Ost-Berliner Haushaltsexpertin Gesine Lötzsch bekam 92,8 Prozent der Stimmen. Die beiden lösen Oskar Lafontaine und Lothar Bisky ab. Lafontaine wollte wegen seiner Krebserkrankung nicht mehr kandidieren, Bisky will sich künftig stärker seiner Arbeit im Europaparlament widmen.

Als Bundesgeschäftsführer stehen die Bundestagsabgeordneten Caren Lay und Werner Dreibus zur Wahl, die Dietmar Bartsch ablösen sollen, der nach Illoyalitätsvorwürfen nicht mehr kandidiert.

Der neue Parteichef sagte, er wolle den Kurs Lafontaines und Biskys fortsetzen. Die Kernpositionen der Linken würden bleiben: Abkehr von der Rente mit 67, gesetzlicher Mindestlohn, Abschaffung von Hartz IV und Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan.

Gesine Lötzsch und Klaus Ernst (Foto: apn)
Die beiden Neuen: Gesine Lötzsch und Klaus ErnstBild: AP

Flammende Abschiedsrede

Der 66 Jahre alte Lafontaine hat sich mit einer flammenden Rede nach drei Jahren aus dem Amt des Linke-Vorsitzenden verabschiedet. "Wir können zufrieden sein, dass wir mit Euch allen vieles erreicht haben", bilanzierte er vor den rund 550 Delegierten. Und blickte voller Stolz auf den Aufstieg der Linken zurück.

Lafontaine warb dafür, den Erfolgskurs der letzten Jahre "unbeirrbar" fortzusetzen. Die Linke sei "die Partei des demokratischen Sozialismus" eine "Bewegung der demokratischen Erneuerung" und "die einzige Antikriegspartei Deutschlands", rief er den Delegierten zu. Er wetterte gegen Hartz IV, forderte eine "würdige" Rente, Volksentscheide auf Bundesebene und den Generalstreik als politisches Kampfinstrument.

"Erfolgreichste Neugründung seit dem Krieg"

"Wir sind die erfolgreichste Gründung in der Bundesrepublik Deutschland nach dem Krieg", resümierte Lafontaine seine Zeit als Vorsitzender. Die Linke ist inzwischen in 13 von 16 Landtagen vertreten und die Mitgliederzahl hat sich in den vergangenen drei Jahren seit der Fusion der westdeutschen WASG und der ostdeutschen Linkspartei/PDS um 10.000 auf rund 78.000 erhöht. "Wir sind stärker als Grüne und CSU", sagte er mit Blick auf die Zusammensetzung des Bundestags.

Lothar Bisky (l.) und Oskar Lafontaine (Foto: apn)
Die beiden Alten: Lothar Bisky (l.) und Oskar LafontaineBild: AP

Auch Lothar Bisky hielt seine letzte Parteitagsrede als Co-Vorsitzender und warb für die neuen Führungsstrukturen. Die geplante Doppelspitze mit einem Mann aus dem Westen und einer Frau aus dem Osten könne "manche Entwicklungswidersprüche" in der Partei doppelt gut bearbeiten, sagte er.

Bisky betonte, dass er nach seinem Ausscheiden aus der Parteispitze auf der europäischen Ebene aktiv bleiben werde. Er ist Vorsitzender der Europäischen Linken und Fraktionschef im Europaparlament. "Wir wollen zeigen, dass wir in jedem Jahr erfolgreich gegen Armut und gegen Ausgrenzung kämpfen – und dafür brauchen wir auch eine Parteientwicklung der deutschen Linken, die vom dritten Gang mal in den vierten umschaltet."

Der Parteitag stand auch im Zeichen einer möglichen Regierungsbeteiligung der Linken in Nordrhein-Westfalen. In der kommenden Woche sollen in Düsseldorf erste Sondierungsgespräche über ein rot-rot-grünes Bündnis geführt werden.

Linke wollen in NRW regieren

Der neue Parteichef Klaus Ernst sagte, seine Partei sei bereit zu einer Koalition mit SPD und Grünen. "Wenn die Inhalte stimmen, dann wollen wir regieren", betonte er. "Die SPD muss sich entscheiden." Oskar Lafontaine bekräftigte in seiner Rede: "Wir sind bereit, eine rot-rot-grüne Regierung mitzutragen, wenn der Sozialabbau verbindlich im Bundesrat gestoppt wird."

Autor: Manfred Götzke (dpa, afp, apn)

Redaktion: Michael Wehling