1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Generation Kohl tritt ab

Monika Lohmüller

Mit dem Ende der Legislaturperiode tritt auch eine Politikergeneration ab. Bekannte Gesichter wie Helmut Kohl und Klaus Kinkel, aber auch zahlreiche "Hinterbänkler", werden dem nächsten Bundestag nicht mehr angehören.

https://p.dw.com/p/2ca3
Nicht mehr im nächsten Bundestag: Alt-Kanzler KohlBild: AP

Über 160 Abgeordnete werden dem neu gewählten Bundestag nach dem 22. September nicht mehr angehören. Das ist - bevor der Wähler sich entscheidet - bereits entschieden. Die meisten Politiker ziehen sich aus Altersgründen zurück, manche von ihnen haben über 30 Jahre lang im politischen Geschäft mitgemischt. Beispielsweise Theo Waigel: der CSU-Politiker war zuletzt Bundesfinanzminister im Kabinett von Alt-Bundeskanzler Helmut Kohl.

Auch seine CDU-Kollegin Rita Süssmuth, bis zur rot-grünen Regierungsübernahme war sie Bundestagspräsidentin, wird nicht mehr kandidieren - genauso wie Norbert Blüm. Der Christdemokrat ist bislang der "amtsälteste" Minister. 16 Jahre lang leitete der in Hessen geborene Blüm in der Kohl-Ära das Arbeits- und Sozialministerium. 30 Jahre lang saß er im Parlament. Nun geht Blüm, der unter anderem Kinderbücher schreibt, mit etwas Wehmut: "Doch, natürlich, das wäre ja etwas seltsam. Ich habe ja die dreißig Jahre nicht zu annulieren. Das war eine starke Zeit, wie bei jedem Abschied: Ein lachendes und ein weinendes Auge."

Symbolfigur Helmut Kohl

Ein Blick auf die lange Liste der Namen, die künftig nicht mehr im Bundestagshandbuch zu finden sind, zeigt, dass eine ganze Generation abtritt. Allen voran Alt-Bundeskanzler Helmut Kohl. Er zog immer noch die Blicke auf sich, auch wenn er nach der Regierungsübernahme Gerhard Schröders weiter hinten auf den Abgeordnetenbänken saß: die massige Gestalt, zurückgelehnt, die Hände vor dem Bauch gefaltet, Bonbons lutschend - war immer noch ein beliebtes Motiv der Fotografen.

Als politisches "Urgestein" ist auch der SPD-Poltiker Hans Urbaniak zu bezeichnen. Er ist einer von 78 Sozialdemokraten, die ausscheiden. Der 73jährige ist ein verdienter "Hinterbänkler", er kommt aus dem Bergbau und hat in den 32 Jahren seiner Parlamentsarbeit viele Höhepunkte miterlebt. "Es gibt natürlich eine Sternstunde. Denn ich habe ja das erste konstruktive Misstrauensvotum mitgemacht", betont Urbaniak. "Das ist gegen Willy Brandt gerichtet gewesen, 1972 im April. Und dieses Misstrauen ist ja gescheitert, das die Konservativen so massiv vorbereitet haben.

Seltene Freundschaften

Sechs Jahre dauerte die politische Karriere der Grünen-Abgeordneten Andrea Fischer im Bundestag. Die 42jährige hatte zuletzt im Kabinett von Kanzler Schröder den schweren Job der Bundesgesundheitsministerin übernommen. Im "Haifischbecken Gesundheitswesen" verfing sie sich und trat nach zwei Jahren zurück. Freundschaften nimmt Andrea Fischer wenige mit. "Nicht viele, aber ein paar", sagt sie und fügt hinzu: "Freundschaft ist selten in der Politik. Aber es gibt ein paar Menschen, die habe ich erst kennengelernt über die Politik. Und da bin ich sehr zuversichtlich, dass ich die in ein paar Jahren noch kennen werde, und dass wir noch befreundet sein werden."

Prominentester Aussteiger bei den Freien Demokraten ist wohl Ex-Aussenminister Klaus Kinkel. Er war erfolgreicher Präsident des Bundesnachrichtendienstes, leitete das Bundesjustizministerium und hatte dann eine etwas glücklose Zeit als liberaler Parteichef. Allerdings ein ohnehin nicht leichter Job. Kinkel hat seinen Abschied schon sehr früh angekündigt: Nach der Kohl-Ära noch vier Jahre, dann ist Schluss, hatte er kund getan. "Ich wollte selber entscheiden, wann ich gehe und hatte das Gefühl, dass jetzt der richtige Zeitpunkt ist, Jüngeren Platz zu machen, sich selber zurückzunehmen und ich wurde - kein Geheimnis - von meiner Frau massiv gedrängt, die jahrelang zurückstecken musste und jetzt gesagt hat, nun ist Schluss."

Jüngere Abgeordnete rücken nach

Der Aderlass in jeder im Bundestag vertretenen Partei ist groß. Es gehen nicht nur die Vorzeigepolitiker - die Prominenz - es gehen auch viele fachkundige Hinterbänkler. Doch der Wechsel hat auch Vorteile. Der nächste deutsche Bundestag wird ein jüngeres Gesicht bekommen.