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Generalprobe nicht bestanden

(rle)7. Juni 2004

Mit einem völlig verpatzten letzten Testspiel hat die deutsche Fußball-Nationalmannschaft wieder große Zweifel an einer erfolgreichen Europameisterschaft geweckt.

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Die Deutschen am Boden, die Ungarn obenaufBild: AP

So hatten sich die 36.000 Zuschauer im Fritz-Walter-Stadion von Kaiserslautern das Spiel gegen die mit einer Not-Elf aufgelaufenen Ungarn sicher nicht vorgestellt. In der Neuauflage des WM-Finales von 1954, der mit Ottmar Walter, Horst Eckel und Hans Schäfer die drei noch lebenden "Helden von Bern" beiwohnten, wurde die deutsche Mannschaft von den unbekümmert aufspielenden Magyaren kalt erwischt.

Nach nur sieben Minuten setzte sich Sandor Torghelle im Strafraum gegen Christian Wörns durch und ließ Oliver Kahn keine Chance. Nach 31 Minuten lagen die Ungarn wie vor 50 Jahren im Wankdorf-Stadion sogar mit 2:0 vorne, als wiederum Torghelle die deutsche Abwehr alt aussehen ließ.

Ungarns Keeper schiebt ruhige Kugel

Auf der Gegenseite blieb Gabor Kiraly im Tor der Ungarn bis zur 25. Minute nahezu beschäftigungslos. Erst dann wurde der Keeper, der noch im letzten Jahr bei Hertha BSC zwischen den Pfosten stand, bei einem von Schneider abgefälschten Frings-Schuss erstmals eingreifen. Seine beste Szene hatte Kiraly, der zur kommenden Spielzeit nach England wechselt, Sekunden vor der Halbzeit, als er einen Rückzieher von Fredi Bobic reaktionsschnell über die Latte lenkte.

Nach der Pause erkämpften sich die Gastgeber deutliche Vorteile, ohne das Tor des fehlerfreien Kiraly ernsthaft in Gefahr zu bringen. Dagegen hätte Zoltan Gera (56.) einen ungarischen Konter beinahe mit dem 0:3 abgeschlossen.

Blaues Wunder von Kaiserslautern

Während die Mannen von Rudi Völler also ihr blaues Wunder erlebten, war zumindest ein Deutscher obenauf: Lothar Matthäus. Der Ex-Münchner, über dessen bevorstehenden Abschied als ungarischer Nationaltrainer spekuliert wird, war verständlicherweise zufrieden mit seiner Mannschaft: "Man kann nur stolz sein auf diese Spieler, die heute das Wunder von Kaiserslautern geschafft haben."

Das sahen die Deutschen natürlich etwas anders. Sie warnten davor, der verpatzten Generalprobe zuviel Bedeutung zu geben. "Es war eine unnötige Niederlage. Heute haben wir einen Denkzettel bekommen. Aber wir müssen jetzt nach vorne schauen. Alle Trainingsspiele zählen nicht mehr, wenn wir nächste Woche gegen Holland spielen", bilanzierte Teamchef Rudi Völler die enttäuschenden 90 Minuten. Und auch Oliver Kahn beschwichtigte: "Wir haben nicht das nötige Selbstvertrauen gezeigt. Man hat nicht gesehen, dass wir der Vize-Weltmeister sind. Aber man darf nicht den Fehler machen, dieses Spiel überzubewerten. Wir stehen kurz vor der EM, im Kopf sind wir schon beim Turnier."

Nach dem Spiel ist vor dem Spiel

Nach dem Kräfte zehrenden 13-tägigen Trainingslager im Schwarzwald fehlten der deutschen Mannschaft sichtlich die geistige und körperliche Frische, um die verfahrene Situation nach dem schnellen 0:2 noch in den Griff zu bekommen. Bevor die Spieler sich am Mittwoch (9.6.2004) zum Abflug nach Faro treffen, haben sie nun erst einmal Gelegenheit zu einem zweitägigen Heimaturlaub. Dort können sie ihre Wunden lecken und sich damit trösten, dass sie nicht das einzige Team mit verpatzter Generalprobe sind. Auch Rivale Niederlande hofft nach seiner 0:1 Niederlage gegen Irland vom Samstag jetzt auf die Premiere.

Deutschland: Kahn (Bayern München) 34 Jahre/68 Länderspiele - Friedrich (Hertha BSC Berlin) 24/19, Wörns (Borussia Dortmund) 32/55, Nowotny (Bayer Leverkusen) 30/42, Lahm (VfB Stuttgart) 20/5 - Schneider (Bayer Leverkusen) 30/36 oder Hinkel (VfB Stuttgart)
22/6, Hamann (FC Liverpool) 30/54, Ballack (Bayern München) 27/40, Frings (Borussia Dortmund) 27/28 - Kuranyi (VfB Stuttgart) 22/12, Klose (1. FC Kaiserslautern) 25/37 oder Brdaric (Hannover 96) 29/2

Ungarn: Kiraly - Szelesi, Gyepes, Juhasz, Bodor - Bodnar,
Polonkai, Toth, Huszti - Gera, Torghelle

Schiedsrichter: Steve Bennett (England)

Tore: 0:1 Torghelle (07.), 0:2 Torghelle (31.)

Zuschauer: 36.000