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General-Probe

15. Februar 2010

Er steht im Zentrum der aktuellen Afghanistan-Offensive: NATO-Oberbefehlshaber Stanley McChrystal. Der Viersterne-General ist kampferprobt - und bleibt ein Mann voller Geheimnisse.

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General Stanley McChrystal (Foto: ap)
Afghanistans Oberbefehlshaber Stanley McChrystalBild: picture-alliance/dpa

Das meiste, was Stanley McChrystal in seiner mehr als 30-jährigen Karriere getan hat, gilt als geheim. Umso schwieriger ist es, sich einen Eindruck von dem Mann zu verschaffen, der die aktuellen Geschehnisse in Afghanistan an vorderster Front mitbestimmt.

Stanley McChrystal ist seit einem halben Jahr der NATO-Oberbefehlshaber für Afghanistan und hat in dieser Zeit andauernd für Schlagzeilen gesorgt: Eine neue Afghanistan-Strategie müsse her, anders als alles vorher dagewesene. Mehr Truppen an den Hindukusch, auch aus Deutschland. Ausmerzen der Taliban. Und dann irgendwann geordneter, aber nicht übereilter Rückzug. Das sind die Schlagworte, die im Zusammenhang mit Stanley McChrystal immer wieder fallen.

Kampferprobter Vorzeige-Soldat

Obama und McChrystal (Foto: ap)
Obama berät sich regelmäßig mit McChrystalBild: AP

"Schlangenfresser", wird er bewundernd von seinen Kameraden genannt - in Anspielung auf das Elite-Training, das McChrystal absolviert hat. Er schläft nur vier Stunden pro Nacht. Er isst nur einmal am Tag, nämlich abends - um nicht träge zu werden. Er gibt sich knallhart. McChrystal ist für viele US-Amerikaner das Sinnbild eines kampferprobten Vorzeige-Soldaten. Der Viersterne-General mit dem kantigen Gesicht gilt als zäh, ein echter Workaholic, der gerne nachts arbeitet. Ein Mann voller Geheimnisse, das einzige, was man aus seinem Privatleben weiß: Stanley McChrystal läuft Marathon und liebt Hörbücher, die er bei jeder Gelegenheit auf seinem ipod hört.

Geht der Plan auf?

MyChrystal vor Plan (Foto: ap)
Der Herr der Strategie-Pläne - wie verworren sie auch wirken mögen: Stanley McChrystalBild: AP

Die aktuelle und bisher größte NATO-Offensive gegen die Taliban ist für den General ein großer Moment: Jetzt zeigt sich, ob seine Afghanistan-Strategie aufgeht. "Das Problem mit neuen Augen betrachten", mit diesem Wunsch von US-Verteidigungsminister Robert Gates hatte McChrystal im Juni 2009 seinen Dienst als Oberbefehlshaber für Afghanistan angetreten. Sofort setze er sich für eine massive Truppen-Aufstockung in Afghanistan ein, erhielt mit fast 30.000 zusätzlichen Soldaten von US-Präsident Barack Obama die Rückendeckung für seine Pläne. Seinen Appellen zu mehr Truppen folgte die Welt - auch Deutschland stockt das Kontingent in Afghanistan auf. Jetzt zeigt sich, ob dieser Plan aufgeht.

Kind einer Militärfamilie

Erfahrung hat McChrystal, keine Frage. Er kommt aus einer waschechten US-Militärfamilie. Der Vater diente als General im Pentagon, ebenso der Großvater. Alle seine Geschwister sind im Militär aktiv. McChrystal lernte in den bekanntesten Militärakademien des Landes. Er diente sich hoch, jahrzehntelang, vom zweiten Leutnant bis zum General. Zwischen 2003 und 2008 war er Kommandeur der "Joint Special Operations", leitete alle Spezialoperationen im Irak. Seine Truppen fanden Saddam Hussein und töteten den Anführer von El Kaida im Irak, Abu Mussab al-Sarkawi.

"Chaos-istan"?

Verteidigungsminister zu Guttenberg bei McChrystal (Foto: ap)
Politische Autorität: Verteidigungsminister zu Guttenberg bei McChrystalBild: AP

Nach dem Irak liegt jetzt die ganze Verantwortung für Afghanistan in McChrystals Händen - er selbst warnte mehrmals vor einem Scheitern, sprach von "Chaos-istan". Der Erfolg seiner militärischen Mission ist für McChrystal eng an das Wohl der Bevölkerung geknüpft: "Wenn man mich fragt, welchen Ansatz wir in Afghanistan verfolgen wollen, dann sage ich: Demut". Sein primäres Ziel sei, Zivilisten zu schützen.

Dementsprechend reagierte McChrystal auch auf die jüngsten Opferzahlen bei der NATO-Großoffensive: Er bedauere den Tod von zwölf Zivilisten außerordentlich, sagte er. Ähnliche Opfer sollen in Zukunft vermieden werden. "Das afghanische Volk steht im Mittelpunkt unserer Mission, es verkörpert selbst die Mission", so die deutliche Ansage McChrystals. Nun ginge es vor allem darum, die Bürger vor jeglicher Form von Gewalt zu schützen.

Schutz von Zivilisten

Opfer in Krankenhaus (Foto: ap)
Zivile Opfer sollen vermieden werden - aber geht das?Bild: dpa

Und McChrystal geht sogar noch weiter. So sei der Erfolg des Einsatzes nicht daran zu messen, wie viele Taliban getötet, sondern daran, wie viele Zivilpersonen beschützt würden. Allerdings ließ der General keinen Zweifel daran, dass für ihn die Militäroperation erst dann geglückt sei, wenn die internationalen Truppen es geschafft hätten, El Kaida in Afghanistan und im Nachbarland Pakistan "komplett zu eliminieren". Die Taliban zu besiegen, ohne Zivilisten zu schädigen: Diesen Spagat zu überwinden, dürfte in Afghanistan die größte Herausforderung für General McChrystal sein.

Autorin: Anna Kuhn-Osius (dpa/ap/rtr/afp)

Redaktion: Thomas Kohlmann