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Wanted: Die Klimawende

29. November 2009

Es wird die größte internationale Konferenz, die es je gegeben hat. In Kopenhagen geht es um nichts Geringeres als ein neues Weltklima-Abkommen.

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Logo der UN-Klimakonferenz in Kopenhagen

Hinter den Kulissen wird eifrig gerungen. Seit Monaten verlaufen die Verhandlungen über ein Nachfolgeabkommen des Kyoto-Protokolls äußerst schleppend. Die EU-Staaten sind sich weitgehend einig über das Ziel dieses Abkommens. Die globale Erderwärmung soll um maximal zwei Grad Celsius bis zum Jahr 2050 steigen. Doch um dies zu erreichen, müssten die Emissionen der Treibhausgase sofort drastisch reduziert werden. Wer die Kosten dafür überbnehmen soll ist auch in Europa umstritten. Andere Staaten, wie die USA und China, haben sich lange gar nicht auf konkrete Zahlen festlegen wollen. Inzwischen haben sie zwar Verhandlungsbereitschaft signalisiert, was auf eine Einigung hoffen lässt. Doch über ein konkretes Abkommen wird in Kopenhagen sicher noch viel diskutiert werden.

Wie hoch dürfen Emissionen sein?

So wollen die USA ihren Kohlendioxidausstoß bis 2020 um 17 Prozent senken, aber nur im Vergleich zum Jahr 2005. EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso begrüßte zwar diese Ankündigung, erklärte aber auch, diese Emissionsverringerung könne "für einige enttäuschend" sein.

Radfahrer mit Mundschutz in Peking (Foto: AP/Eyepress)
China liegt derzeit mit rund fünf Milliarden Tonnen Kohlendioxid-Ausstoss pro Jahr noch hinter den USA mit rund sechs Milliarden TonnenBild: AP

Auch China hat inzwischen Zahlen genannt: Eine Senkung der Emissionen um 40 bis 45 Prozent bis 2020 hat das Land in Aussicht gestellt. Im Gegenzug erwartet es aber auch von anderen Ländern weitreichende Zugeständnisse.

Wie wichtig das Treffen ist - und wie weit eine Lösung noch entfernt zu sein scheint - zeigt sich auch daran, dass Staats- und Regierungschefs wie US-Präsident Barack Obama oder Bundeskanzlerin Angela Merkel ihr Kommen angekündigt haben. Allerdings werden sie wohl nicht zeitgleich in Kopenhagen sein. Obama hat bereits ausgeschlossen, an der Abschlussberatung teilzunehmen. Damit ist weiter unsicher, welche Rolle die USA in Sachen Klimaschutz spielen wollen.

Entwicklungsländer besonders betroffen

Der Ghanaer Francis Appiah (Foto: Peer Grimm dpa/lbn)
Der Ghanaer Francis Appiah mit dem "Deutschen Afrika-Preis 2007"Bild: picture-alliance/ dpa

Dabei erscheint das vielen Beobachtern eine entscheidende Frage zu sein. Ohne große Staaten wie die USA oder China mache ein Abkommen keinen Sinn, sagt Francis Appiah. Er ist Vorsitzender des African Peer Review Mechanism, APRM, ein Zusammenschluss von afrikanischen Staaten, die sich für ein modernes Afrika einsetzen. Demokratie, Einhaltung der Menschenrechte, aber auch Themen wie der Klimaschutz sollen ernst genommen und umgesetzt werden.

Die Mitglieder des APRM erleben hautnah, welche gravierenden Folgen der Klimawandel hat. "Die Menschen erinnern sich, dass es früher Wald gab, wo jetzt nur noch Gras wächst. Flüsse trocknen aus. Die Afrikaner begreifen, dass hier etwas Ungeheures passiert", sagt Appiah. Die Entwicklungsländer leiden unter der Entwicklung besonders, dabei haben sie an den Ursachen des Klimawandels den geringsten Anteil. Eine Ironie des Schicksals, meint Appiah. Und der beste Beweis dafür, dass ein Staat allein das Problem nicht lösen könne. Daher sei ein internationales Abkommen so wichtig.

Viel hängt von den USA ab

Appiah ist vorsichtig optimistisch, dass sich die USA aktiv für eine Lösung einsetzen werden. "Wenn man auch die Positionen von China, Brasilien, Indien und anderen im Kopf hat, wird klar, dass es sehr schwierig wird", sagt er. "Es steht aber auch fest, dass der Klimawandel alle Länder betrifft. Deshalb hoffe ich, dass die USA nun eine Führungsrolle beim Klimaschutz übernehmen werden."

Michael Otto, der Aufsichtsratsvorsitzende des weltgrößten Versandhauses und Gründer einer Initiative namens "2 Grad - Deutsche Unternehmer für Klimaschutz", betont zwar ebenfalls, dass viel von den USA abhänge. Aber er lobt auch die Anstrengungen anderer Staaten, zum Beispiel Chinas. Seiner Einschätzung nach wird "viel zu wenig gesehen, wie viel China heute schon tut und auch plant. Denn China hat inzwischen natürlich auch erkannt, dass sie im eigenen Land schon Veränderungen im Klima haben."

Max Schön, Vorsitzender des Club of Rome in Deutschland (Foto: dpa)
Max Schön, Vorsitzender des Club of Rome in DeutschlandBild: picture-alliance/ dpa

Eine Einigung in Kopenhagen erwartet Max Schön, Vorsitzender des Club of Rome in Deutschland. Aber "sehr ehrgeizig" werde diese wohl nicht ausfallen, meint Schön. Die USA werden aus seiner Sicht vermutlich nur zu geringen Zugeständnissen bereit sein. "Da muss man auch sehen, dass Amerika ein Staat ist, der historisch stark in der Erdölförderung war", so Schön. "Es gibt große Unternehmen, die ihr Geld in die ganze Infrastruktur, die dazu notwendig ist, gesteckt haben und die jetzt Angst haben, dass diese ganzen Investitionen entwertet werden."

Auch die Wirtschaft drängt auf eine Einigung

Michael Otto, Aufsichtsratsvorsitzender der Otto Group (Foto: AP)
Michael Otto, Aufsichtsratsvorsitzender der Otto GroupBild: dpa

Diese Sorge haben viele Unternehmen und Unternehmer bereits überwunden. Vom Einsatz neuer Technologien in Entwicklungs- und Schwellenländern profitieren auch deutsche Firmen. Vor allem deutsche Energieversorger sehen im Umweltschutz inzwischen einen Wachstumsmarkt. Aber auch andere Vertreter der Wirtschaft halten den Klimaschutz für unabdingbar.

Die Wirtschaft habe klar erkannt, wie wichtig der Klimaschutz sei, betont auch Michael Otto. Notwendig sei aber, dass klare Rahmenbedingungen geschaffen würden und die Frage der Finanzierung geklärt werde. "Und da ist es wichtig, dass wir einen internationalen Emissionshandel bekommen", sagt Otto, "wir haben ihn ja in Europa schon. Er müsste global ausgebaut werden, um letzten Endes Mittel für die Finanzierung zu erhalten."

Internationale Rahmenbedingungen zwingend notwendig

Jorma Ollila, Chairman von Royal Dutch Shell (Foto: dpa)
Jorma Ollila, Chairman von Royal Dutch ShellBild: picture-alliance / Sven Simon

Andere internationale Unternehmen sehen das ähnlich. Jorma Ollila, Vorsitzender des Verwaltungsrats von Royal Dutch Shell, hält klare Rahmenbedingungen für die Wirtschaft für unerlässlich. In den letzten Monaten habe es in dieser Richtung zu wenig Bewegung geben, meint er. "Es müssen Richtlinien in Kopenhagen entwickelt werden", mahnt Ollila, "und dann ein klarer Zeitplan, wie die Ziele erreicht werden sollen."

Eins scheint vor der UN-Konferenz klar zu sein: Umwelt- und Klimaschutz sind nicht nur politische Ziele, sondern liegen auch in der Verantwortung von Firmen und Privatpersonen. Ein internationales Abkommen mit klaren Rahmenbedingungen wird dennoch unabdingbare Voraussetzung sein, damit Unternehmen den Umwelt- und Klimaschutz auch umsetzen. Und so hängt viel ab vom Gelingen der UN-Konferenz in Kopenhagen.

Autorin: Julia Bernstorf
Redaktion: Henrik Böhme