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Geliebter Gegner - Chinesen und die USA

17. Januar 2011

Chinas Staatspräsident Hu Jintao reist in die USA, um nach einem Jahr der Turbulenzen die bilateralen Beziehungen wieder in ruhigere Bahnen zu lenken. Wie stehen die Chinesen heute zu Amerika?

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Hu Jintao und Barack Obama beim Atomgipfel im Frühjahr 2010 in Washington (Foto: AP)
Sie kennen sich bereits: Hu Jintao und Barack Obama beim Atomgipfel im Frühjahr 2010 in WashingtonBild: AP

Die chinesische Zeitung "Global Times" hat Ende 2010 eine Umfrage zum Thema "Wie die Chinesen die Welt sehen" veröffentlicht. Ergebnis: Noch immer stehen die USA bei vielen Bürgern im Reich der Mitte ganz oben auf der Beliebtheitsskala. Aber der Anteil der Amerika-Fans ist im Vergleich zu 2008 stark gesunken, von mehr als 20 Prozent auf 7,5 Prozent.

Diese Entwicklung ist für Professor Shi Yinhong von der Pekinger Renmin University nicht überraschend. Mit dem zunehmenden Selbstvertrauen der Chinesen wachse auch ihre Distanz zu Amerika, meint er: "Die meisten Chinesen stehen der amerikanischen Außenpolitik eher kritisch gegenüber. Dies gilt insbesondere für Washingtons China-Politik. Wenn man sieht, was im vergangenen Jahr zwischen den beiden Ländern passiert ist, ist es nicht schwer, diese wachsende Abneigung zu verstehen."

Strittige Punkte gibt es genug

Frau legt Blumen für Google nieder vor der Pekinger Zentrale des US-Konzerns (Foto: picture alliance / dpa)
Nachdem Google angekündigt hatte, sich aus China zurückzuziehen, legten Anhänger in Peking symbolisch Blumen niederBild: picture alliance/dpa

Der amerikanische Waffenverkauf an Taiwan, der Währungsstreit zwischen China und den USA, der Rückzug des US-Unternehmens Google aus China, Militärmanöver vor der chinesischen Küste - Zündstoff für Konflikte gab es reichlich im vergangenen Jahr. Und in einer streng kontrollierten Medienlandschaft wie der chinesischen lässt sich die Wahrnehmung des Bürgers hervorragend im Sinne des Regimes beeinflussen. "Die meisten informieren sich nur aus chinesischen Medien. Da kann man nicht erwarten, dass sie sich eine differenzierte Meinung bilden", erklärt der Politologe Shi.

Laut Umfrage glauben inzwischen immer mehr Chinesen, dass die USA China "systematisch klein halten" wollen. Doch solche Umfragen seien nicht immer repräsentativ, kritisiert der junge chinesische Blogger Jason Ng. Da die Zeitung "Global Times" eindeutig anti-westlich ausgerichtet ist, zweifelt er daran, dass die USA in China immer unbeliebter werden.

Traumland für Start-ups und Kreative

Doch das in China vorherrschende Amerika-Bild umfasst nicht nur die Beziehungen zwischen den Regierungen. Für die meisten Chinesen sind die USA immer noch das Sinnbild für Fortschritt und Wohlstand. Daher sind sie auch für die jungen Chinesen, die im Ausland studieren wollen, das Ziel Nummer eins.

Die amerikanische und die chinesische Flagge vor blauem Himmel (Montage: DW)
Bild: AP/Montage DW

Seit Jahrzehnten ist die Nachfrage nach Englisch-Sprachkursen groß. Eine ganze Branche verdient kräftig daran. Xu Yifan arbeitet in Shanghai als Englischlehrer. Sein Arbeitgeber ist einer der größten Anbieter, der sich auf die Vorbereitung der Aufnahme-Sprachprüfungen für US-Hochschulen spezialisiert hat. Die Sprachschule ist in über 60 Städten vertreten und registriert nach eigenen Angaben 300.000 Kursteilnehmer im Jahr. Die Kurse sind immer voll.

Auf der Überholspur an den USA vorbei?

Wie fast alle seine Kommilitonen in demselben Kurs will auch der 21jährige Qi Yongcheng in den USA einen Mastertitel erwerben. Für ihn sind die USA eine Technologie-Macht: "Von dort kommt die zukunftsweisende Technologie", meint er. "Außerdem bieten die Hochschulpolitik der USA und ein umfangreiches Stipendien-System mehr Möglichkeiten für ausländische Studenten als das in anderen Ländern der Fall ist."

Der Student Qi sieht einen wesentlichen Vorteil des amerikanischen Systems darin, dass es dort "demokratischer zugeht". Und die verbreitete Ansicht, dass China vielleicht in ein paar Jahrzehnten die USA wirtschaftlich überholen wird, scheint für ihn noch nicht so realistisch. Denn nur als verlängerte Werkbank der Welt könne China sich nicht langfristig behaupten. Für Qi steht fest: Ohne Innovation und Hightech wird China den Gipfel nicht erklimmen können.

Autorin: Cao Haiye
Redaktion: Ana Lehmann / Mechthild Brockamp