1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Wikileaks

8. Dezember 2010

Der Konflikt um Wikileaks eskaliert. Einige Finanzdienstleister haben ihre Geschäftsbeziehungen zur Enthüllungsplattform abgebrochen. Jetzt schlagen Internet-Aktivisten zurück und blockieren Webseiten dieser Firmen.

https://p.dw.com/p/QTPN
Zwei Kreditkarten in einer Brieftasche (Foto: dpa)
Visa und Mastercard für alle - aber nicht für WikileaksBild: picture-alliance/dpa

Die Enthüllungsplattform Wikileaks finanziert sich ausschließlich durch Spenden. Doch an die kommt sie immer schwerer – weil Finanzdienstleister Zahlungen an Wikileaks nicht mehr abwickeln. "Visa Europe hat sich dazu entschlossen, die Akzeptanz von Visa-Kartenzahlungen auf der Wikileaks Webseite vorübergehend aufzuheben", so die Pressesprecherin von Visa Europe am Mittwoch (08.12.2010) gegenüber DW-WORLD.DE. Es gelte zunächst zu untersuchen, "ob Wikileaks gegen geltende Gesetze in den Märkten, in denen Visa operiert, oder gegen Regularien von Visa verstößt."

Zuvor hatte auch der Visa-Konkurrent Mastercard die Zahlungen an die Enthüllungsplattform gesperrt. "Mastercard arbeitet derzeit daran, die Akzeptanz bei Wikileaks auszusetzen, bis die Situation bei Wikileaks geklärt ist“, sagte der Pressesprecher von Mastercard Deutschland zu DW-WORLD.DE.

Auch PayPal blockiert

Julian Assange, Wikileaks-Gründer (Foto: dpa)
Verhaftet - und ein Konto weniger: Julian AssangeBild: Picture alliance/dpa

Einen Schritt weiter ging die Schweizer Bank Postfinance: Sie sperrte das Konto von Julian Assange, dem umstrittenen Gründer von Wikileaks. Angeblich habe er falsche Angaben zu seinem Wohnort gemacht, erklärten Vertreter der Bank der Nachrichtenagentur AFP. Dieser Schritt erhöht den Druck auf Wikileaks, denn Assange nutzte dieses Konto, um Spenden von Unterstützern zu sammeln. Auch das Internet-Bezahlsystem Paypal, ein weiteres wichtiges Spendeninstrument, blockierte das Konto von Wikileaks – offiziell wegen einer Verletzung der Nutzungsbedingungen. Der US-Internetgigant Amazon verbannte Wikileaks von seinen Servern, und auch die amerikanischen Unternehmen Tableau Software und Everydns.net kündigten die Zusammenarbeit.

Stecken die USA dahinter?

PayPal-logo (Foto: AP)
Keine Spenden mehr, auch nicht via PayPalBild: AP

Dieses Vorgehen wird freilich nicht von allen Seiten begrüßt: In Internet-Diskussionsforen wird den Firmen vorgeworfen, auf Druck der US-Regierung zu handeln. Nach der Veröffentlichung von vertraulichen Diplomatenberichten durch Wikileaks ist Washington besonders aufgebracht gegen die Enthüllungsplattform. Auch von deutschen Politikern kommt Kritik: Unternehmen würden zu Handlangern der US-Regierung, wenn sie Wikileaks die Zusammenarbeit kündigen, sagte der rechtspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Christian Ahrendt, der Nachrichtenagentur dapd.

Aktivisten schlagen zurück

Symbolbild Hacker (Quelle: www.BilderBox.com)
Die Internet-Gemeinde schlägt zurück: Hacker bei der ArbeitBild: BilderBox

Inzwischen reagieren Internet-Aktivisten auf ihre Weise: Sie blockierten die Website des Kreditkartenunternehmens Mastercard. Sowohl der internationale Webauftritt mastercard.com als auch die deutsche Website des Unternehmens waren am Mittwoch zunächst nicht mehr erreichbar. Zu dem Hacker-Angriff bekannte sich die "Anonymous"-Bewegung, die 2008 mit Protestaktionen gegen die Organisation Scientology bekannt wurde. Bereits am Vortag hatten Hacker und Sympathisanten aus dem Umkreis der Bewegung die Webseite des Finanzdienstleisters der Schweizer Post, Postfinance, angegriffen. Seit Mittwochabend (08.12.2010) war dann auch die Seite von Visa nicht mehr erreichbar.

Wikileaks macht weiter

Unterdessen veröffentlicht Wikileaks weitere Geheimdokumente. "Wir lassen uns nicht knebeln, weder durch juristische Mittel, noch durch die Unternehmen, die Zensur durchführen", schreibt Sprecher Kristinn Hrafnsson über den Kurznachrichtendienst Twitter. In sozialen Netzwerken wie Facebook rufen User zum Boykott gegen Mastercard, Visa oder Amazon auf. Wikileaks bittet weiterhin um Spenden - und empfiehlt im Notfall das Versenden von Schecks per Post.

Autorin: Alexandra Scherle (mit dpa, afp, dapd)
Redaktion: Henrik Böhme