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Geheimhaltung und Arroganz

Ralf Hoogestraat19. April 2004

Der Watergate-Enthüller und US-Starjournalist Bob Woodward hat ein neues Buch über das Zentrum der politischen Macht in den USA vorgelegt. Es könnte den Präsidenten die Wiederwahl kosten, schreibt Ralf Hoogestraat.

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Untersuchungsausschüsse, die behaupten, dass die Anschläge auf New York und Washington vielleicht doch von der Bush-Regierung hätten verhindert werden können und Buchveröffentlichungen von ehemaligen Regierungsmitgliedern, die aus dem Innenleben seiner Regierung erzählen - das Leben war für US-Präsident Bush in den vergangenen Wochen gewiss nicht einfach. Aber erst was Watergate-Enthüller Bob Woodward in seinem neuen Buch "Plan of Attack" berichtet, könnte dafür sorgen, dass der "Mieter" im Weißen Haus sich in neun Monaten auf seine Ranch in Texas in die Frührente zurückziehen muss.

“If you break it, you own it.” Wenn du es kaputt machst, dann musst du auch dafür bezahlen, so will US-Außenminister Colin Powell seinen Boss, Präsident George Bush, noch einmal gewarnt haben, bevor auch er den Kriegsplänen gegen den Irak zustimmte.

Das ist nur eines von vielen Details im neuen Buch von Woodward. In “Plan of Attack” wird Fakt, was schon lange Gerücht war: Die Planung für den Irakkrieg begann am 21. November 2001, nur 72 Tage nach den Anschlägen des 11. Septembers, und sie begann unter strikter Geheimhaltung. Wie George Bush dem Reporter Woodward erzählte, fürchtete der Präsident eine internationale Welle der Kriegsangst und wilde Kriegsgerüchte in den USA.

Die Suche nach dem Kriegsgrund

Die Entscheidung für den Krieg war schon gefallen, als der deutsche Außenminister Fischer und sein französischer Kollege noch bei der UNO in New York versuchten, eine friedliche Lösung zu finden.

Der Umweg über die UNO fand jedoch nur statt, um Großbritanniens Premier Tony Blair zu helfen, vor seinem eigenen Parlament das Gesicht zu wahren.

“It is a slam dunk,” soll CIA-Direktor George Tenet auf Bushs Frage nach den Massenvernichtungswaffen geantwortet haben. "Wir haben so viele Informationen, das ist wie ein Elfmeter", würde man den Spruch ins Deutsche übertragen, einen Spruch den Tenet seitdem heftig bedauert. Denn auch die 250.000 US-Soldaten, die Washington als Waffeninspektoren der besonderen Art in den Irak schickte, konnten bislang keine Beweise für Saddams Chemie-, Bio- oder Atomwaffen finden.

Die Kriegsdampfwalze

Bob Woodward interviewte 75 Regierungsmitglieder und Berater, darunter auch Präsident George Bush und Verteidigungsminister Donald Rumsfeld. Und sein Buch zeigt ein völlig anderes Bild, als jenes, das die amerikanische Regierung bislang der weltweiten Öffentlichkeit vorspielte.

Der heftigste Kriegstreiber in der Bush-Regierung war Vize-Präsident Dick Cheney, der in dem Buch als Kriegs-Dampfwalze beschrieben wird.

Und Außenminister Colin Powell gibt sich als Mann der Weißen Weste, der immer wieder vor dem Krieg und seinen Folgen gewarnt haben will. Die meisten Informationen Woodwards stammen offenbar von Powell, und das hat auch bereits Konsequenzen für den Außenminister. Die "New York Times" berichtet, dass nach den Enthüllungen seine Position in der Bush-Regierung umstritten sei. Sollte Bush wieder gewählt werden, würde Powell wohl nicht Außenminister bleiben.

Aber Bushs Wiederwahl ist nach dem Woodward-Buch noch einmal schwieriger geworden. Die Arroganz der Macht von Bush und seinen Freunden wird sehr deutlich. Das kommt beim amerikanischer Wähler nach den blutigen Wochen im Irak immer weniger an.

Und der wahrscheinliche demokratische Präsidentschaftskandidat John Kerry freut sich über die Wahlkampfmunition, die ihm Bob Woodward frei Haus geliefert hat.