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Gegen den Strom

Martin Schrader30. Juli 2002

Ob DAX, Dow Jones oder Nikkei, seit Anfang des Jahres geht es nur abwärts. Während die Depots internationaler Vermögensverwalter Milliarden-Verluste aufweisen, macht eine kleine bayerische Sparkasse kräftige Gewinne.

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Zuviel Hektik trübt den Blick für gute AktienanlagenBild: APTN

Goldman Sachs, Deutsche Bank, UBS - klingende Namen mit großem Renommee in der Finanzwelt. Anleger, die eine professionelle Vermögensverwaltung wünschten und über das notwendige Kleingeld verfügten, vertrauten bislang auf diese oder andere Großbanken mit ihrem weltweiten Netz von Analysten und Filialen.

Doch das könnte sich bald ändern, denn die Giganten haben ernsthafte Konkurrenz bekommen: Die Vereinigten Sparkassen Eschenbach in der Oberpfalz, Neustadt an der Waldnaab und Vohenstrauß steigerten den Wert ihres Aktienportfolios mit der Bezeichnung "Strategiedepot aktiv" seit Jahresbeginn um rund die Hälfte. Von solchen Erfolgsmeldungen wagen vermögende Kunden, die ihre Depots in Frankfurt, London oder der Schweiz verwalten lassen, derzeit wohl nicht einmal zu träumen.

Schlechter Rat

Zum Vergleich: Der Deutsche Aktienindex DAX, der die Wertentwicklung der 30 bedeutendsten deutschen Aktiengesellschaften spiegelt, verlor in der gleichen Zeit rund ein Drittel seines Wertes; der US-amerikanische Leitindex Dow Jones knickte um etwa ein Viertel ein. Ähnlich miserabel fiel die Performance einiger Musterdepots von Börsen-Fachleuten aus. Anleger, die im vergangenen halben Jahr der Aktienstrategie von Independent Research, einer Agentur für Unternehmens- und Wertpapieranalysen, gefolgt sind, mussten Verluste von 19 Prozent hinnehmen. Das Musterdepot der deutschen Finanzzeitschrift "Euro am Sonntag" brach sogar um rund ein Drittel ein.

Was macht den Erfolg der Oberpfälzer aus? Seine Strategie sei ganz einfach, betont Uwe Bergold, Verwalter des Erfolgsdepots: "Ich mache, was andere nicht machen." Nach Bergolds Auffassung folgen Investment-Profis in den großen Finanzzentren einem Herden-Trieb, niemand traue sich in Frankfurt und London abwegige Meinungen zu verfolgen. Dagegen geht der Finanzexperte aus Bayern seinen eigenen Weg. "Ich habe zum Beispiel den Fall des Neuen Marktes unter 1.000 Punkte angekündigt, als der Nemax noch bei 8.000 Zählern stand", sagt Bergold im Gespräch mit DW-WORLD. "Da lasse ich mich nicht beirren von anderen Meinungen", fügt er hinzu.

Irreführende Tipps

Überhaupt hält Bergold wenig von den Empfehlungen vieler professioneller Börsen-Strategen. Einige seiner Kollegen würden sogar bewusst irreführende Ratschläge geben. "Wir dürfen nicht vergessen: Da hängt eine Riesen-Industrie am Aktienmarkt", erklärt der 36-jährige studierte Betriebswirt. "Leiter führender Geldhäuser können deshalb nicht pauschal davor warnen, dass sie die nächsten zwei Jahre keine Chancen am Aktienmarkt sehen."

Vorwürfe kann man den zahlreichen Börsen-Gurus dabei nicht machen. Denn renditeträchtige Anlagen gibt es immer: Man muss sie nur finden. Bergold erzielte seine jüngsten Erfolge mit Investments in Edelmetalle. Aber auch mit Aktien von Gold- und Silberminenbetreibern wie Anglo American, osteuropäischen Energieversorgern wie Gazprom sowie ausgewählten asiatischen Titel machte er Gewinne: Die Anteilscheine des US-Minenbetreibers Anglo American verteuerten sich von Anfang Januar bis zum Juni um rund ein Drittel. Die Papiere des russischen Energiekonzerns Gazprom stiegen von rund 13 Euro je Aktie im Januar auf mehr als 21 Euro im Juni.

Goldene Zeiten

Auch für die nächsten Jahre setzt Bergold auf Edelmetalle und Aktien von Minenbetreibern als sichere Häfen. Besonders für Gold sieht er deutliches Aufwärtspotenzial. In fünf bis zehn Jahren könne der Preis für eine Unze Gold von derzeit rund 300 Dollar auf 3.000 Dollar steigen, prognostiziert der Experte.

Eine dauerhafte Erholung der Aktienmärkte ist Bergold zufolge nicht in Sicht. "Wir befinden uns in einer Jahrhundert-Baisse", warnt er. Die vielfach von Kollegen geäußerte Prognose einer bevorstehenden Bodenbildung der Aktienkurse sei falsch. Vielmehr werde der Abwärtstrend noch die nächsten fünf bis sechs Jahre andauern. "Wir werden sicherlich Erholungsphasen von fünf bis sechs Monaten sehen", sagt Bergold. "Dann werden die meisten denken: Das war's, jetzt ist die Baisse überwunden. Ich sehe das nicht so."

Düstere Prognosen

Er gehe dagegen davon aus, dass der DAX im kommenden Jahr auf 2.800 Punkte falle, sogar ein Sturz auf 2.000 Zähler sei möglich. Dagegen ist ein Index-Stand von 5.400 oder 6.000 Punkten - wie von vielen Experten für nächstes Jahr erwartet - nach Bergolds Auffassung in den nächsten zehn Jahren unrealistisch. Bei diesen Prognosen bleibt nur zu hoffen, dass auch der Börsenprofi aus der Oberpfalz einmal Unrecht haben wird.