1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Gegen allmächtige Islamisten

Najima El Moussaoui30. November 2012

Die geplante neue Verfassung ist das Zünglein an der Waage der ägyptischen Revolution. Sie entscheidet darüber, ob der Umbruch in dem Land gelingt oder nicht. Der neue Verfassungsentwurf droht, das Land zu spalten.

https://p.dw.com/p/16tRu
Ein islamistisches Mitglied der Verfassungsgebenden Versammlung (Foto: rtr)
Bild: Reuters

"Nieder mit der Herrschaft der Muslimbrüder", riefen tausende Menschen, die sich nach dem Freitagsgebet in unterschiedlichen Vierteln Kairos versammelt hatten. Es sind vor allem liberale Muslime, linke Parteien und Christen, die den neuen Verfassungsentwurf ablehnen.

Insbesondere ein Artikel in dem neuen Verfassungsentwurf stößt auf Ablehnung: Die  Gelehrten der Al-Azhar-Moschee sollen künftig mehr Einfluss auf die Rechtsprechung haben, die Scharia soll die wichtigste Quelle für die Gesetzgebung sein. Vor allem Christen und auch Richter sind dagegen.

Nächtliche Marathonsitzung

In einer 19-stündigen Marathonsitzung hatte die Verfassungsgebende Versammlung in der Nacht zum Freitag den Entwurf für eine neue Verfassung verabschiedet. Die Mitglieder hätten über alle 234 Artikel einzeln abgestimmt, erklärte Kommissionspräsident Hossam al-Gherijani. "Dies ist eine revolutionäre Verfassung", sagte er. Das Votum sei einstimmig gewesen.

Allerdings sitzen in der Versammlung überwiegend Islamisten. Liberale Muslime und Vertreter der Christen hatten vor Wochen aus Protest die Versammlung verlassen. Sie werfen den Islamisten vor, ihre Werte mit aller Macht in der neuen Verfassung durchsetzen zu wollen.

Ein Ägypter zwischen tausenden Demonstranten halt ein Koranexemplar und ein Kreuz in die Luft (Foto: afp)
Die Kopten Ägyptens fürchten eine Übermacht der IslamistenBild: Gianluigi Guercia/AFP/Getty Images

Verfassungsentwurf im Eilverfahren

Ursprünglich wollte die Kommission erst Mitte Dezember über den Verfassungsentwurf abstimmen. Doch dann zogen die Islamisten die Abstimmung kurzfristig vor. Damit wollten sie verhindern, dass die Oppositionellen an Macht gewinnen. Die hatten seit Tagen erfolgreich zu Demonstrationen gegen Mursi aufgerufen.

Heftige Proteste

Die derzeitigen Proteste in Ägypten sind die heftigsten seit der Wahl von Präsident Mohammed Mursi im Juni dieses Jahres. Auslöser war eine Verfassungserklärung Mursis, mit der er seine Macht vergangene Woche auf Kosten der Justiz erweitert hatte. Daraufhin demonstrierten zehntausende Ägypter gegen den "Pharao Mursi". Zwei Menschen starben dabei.

 

Keine Ruhe in Ägypten

Volksabstimmung Mitte Dezember

Präsident Mursi hat den Verfassungsentwurf umgehend erhalten und muss ihn nun noch billigen. Etwa Mitte Dezember soll im nächsten Schritt das Volk darüber abstimmen. Um seinen Kritikern entgegenzukommen, hat der Präsident angekündigt, er werde seine erweiterten Machtbefugnisse wieder abgeben, sobald Ägypten eine neue Verfassung hat.

Laut dem neuen Verfassungsentwurf soll der Staatspräsident künftig vier Jahre regieren und nur einmal wiedergewählt werden dürfen. Mursis Vorgänger Husni Mubarak hatte 30 Jahre lang in Ägypten geherrscht, bevor ihn das Volk stürzte. 

Die Anhänger des Präsidenten haben für Samstag eine Pro-Mursi-Kundgebung angekündigt. Allerdings soll diese nicht auf dem Tahrir Platz stattfinden, um eine Konfrontation mit den anderen Demonstranten zu vermeiden.

nem/ml (dpa, rtr, afp)